2.2.1 Inhalt und Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 97

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG entsteht bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind. Das bedeutet, dass es auf den Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes oder der Rechnungsstellung nicht ankommt, sondern allein auf den Zeitpunkt eines Zahlungseingangs.

Die Regelung ist von Art. 66 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL gedeckt.

 

Rz. 98

Auch Teilzahlungen, Anzahlungen, Vorauszahlungen usw. unterliegen bei Ist-Besteuerung (ohne Rücksicht auf ihre Höhe und auf eine Rechnungsausstellung) im Voranmeldungszeitraum ihrer Vereinnahmung der Besteuerung. Insoweit überschneidet sich die Vorschrift mit der Istversteuerung von Anzahlungen usw. (Rz. 85). Vereinnahmt der Unternehmer Beträge, ohne dass eine konkrete Leistungsvereinbarung besteht, so handelt es sich i. d. R. nicht um Entgelte im umsatzsteuerlichen Sinn (Rz. 89).

 

Rz. 99

Die Ist-Besteuerung (Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten) bildet im System der USt die Ausnahme. Sie darf grundsätzlich nur in den in § 20 Abs. 1 UStG genannten Fällen und nur nach Genehmigung eines entsprechenden Antrags durch das FA erfolgen. Ist- und Soll-Besteuerung unterscheiden sich lediglich hinsichtlich des Zeitpunkts der Entstehung der Steuer. Was die Höhe der Steuerschuld angeht, so bestehen grundsätzlich im Ergebnis keine Unterschiede zwischen den beiden Besteuerungsarten. Letztlich sind auch bei der Soll-Besteuerung nur die tatsächlich vereinnahmten Entgelte zu versteuern. Hinsichtlich des Vorsteuerabzugs bleibt es auch bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten beim Soll-Prinzip.[1]

 

Rz. 100

Bei einer Änderung des Steuersatzes zwischen Vereinnahmung des Entgelts und Leistungsausführung ist gem. § 27 Abs. 1 S. 2 UStG der Zeitpunkt der Leistungsausführung maßgeblich. Die Besteuerung wird in diesen Fällen in Höhe der Steuersatzdifferenz im Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung nachgeholt.

 

Rz. 101

Beim Wechsel des Besteuerungsverfahrens (von der Ist- zur Soll-Besteuerung oder umgekehrt) bleiben die im Zeitpunkt der Leistungsausführung geltenden Voraussetzungen für die Entstehung der Steuer maßgebend.[2] Demnach verbleibt es für Umsätze, die in einem Besteuerungszeitraum ausgeführt wurden, in dem die Ist-Versteuerung erlaubt war, bei dieser Besteuerung, auch wenn später ein Wechsel zur Soll-Besteuerung stattfindet. Im Fall eines bereits sollversteuerten Umsatzes bleibt der Zeitpunkt des Entstehens der Steuer auch bei einem späteren Wechsel zur Ist-Versteuerung unverändert, selbst wenn das Entgelt zu diesem Zeitpunkt noch nicht vereinnahmt worden ist (Abschn. 13.6 Abs. 3 UStAE).

2.2.2 Vereinnahmung des Entgelts

 

Rz. 102

Im Umsatzsteuerrecht richtet sich die Vereinnahmung nach Grundsätzen, die z. T. vergleichbar sind mit den einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen zum Zufluss von Einnahmen i. S. v. § 11 Abs. 2 EStG. Eine Vereinnahmung des Entgelts liegt vor, wenn dem Unternehmer das Entgelt in der Weise zugeflossen ist, dass er wirtschaftlich darüber verfügen kann. Es ist nicht erforderlich, dass der Zufluss endgültigen Charakter hat. Eine Vereinnahmung liegt vielmehr auch dann vor, wenn nicht feststeht, ob das Entgelt später ganz oder z. T. zurückgewährt werden muss. Das folgt aus der Existenz des § 17 UStG.[1]

 

Rz. 103

Regelmäßig ist das Entgelt vereinnahmt, wenn es dem Empfänger bei Barzahlung persönlich oder an einen von ihm hierzu Beauftragten ausgehändigt ist. Bei Überweisung auf ein Bank- oder Postgirokonto kommt es auf den Zeitpunkt der Gutschriften an.[2] Dass der Unternehmer über den gutgeschriebenen Betrag frei verfügen kann, ist dabei nicht zwingend erforderlich. So stehen öffentlich-rechtliche Verfügungsbeschränkungen (z. B. Devisenvorschriften) oder Bestimmungen, die eine Verwendung nur für bestimmte Zwecke oder für einen bestimmten Zeitraum zulassen, einer Vereinnahmung nicht entgegen.[3]

 

Rz. 104

Auch bei Gutschriften auf ein Konto des Empfängers unter Vereinbarung einer Sperrklausel liegt regelmäßig eine Vereinnahmung vor, da sich der Unternehmer in seiner Verfügung über den eingezahlten Betrag selbst beschränkt.[4] Erfolgt die Sperrung hingegen auf Veranlassung des Zahlenden, so hat die Gutschrift mehr den Charakter einer Hinterlegung, sodass erst mit der Aufhebung des Sperrvermerks eine Vereinnahmung durch den Empfänger erfolgt.

 

Rz. 105

Im echten Kontokorrentverkehr galt nach früherer Ansicht das Leistungsentgelt bereits mit der Einstellung in das Kontokorrent als vereinnahmt.[5] Die gutgeschriebenen Beträge wurden danach also nicht erst mit der Saldierung vereinnahmt, sondern bereits mit der Verbuchung in der laufenden Rechnung. In Anpassung an die handelsrechtliche Betrachtungsweise in § 355 HGB sieht die Verwaltung ab 1996 das Entgelt beim Kontokorrentverkehr erst mit der Anerkennung des Saldos am Ende eines Abrechnungszeitraums als verei...

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