2.1.1 Vorbemerkung

 

Rz. 25

§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG regelt den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Soll-Besteuerung). Bei dieser Besteuerungsart, die im UStG die Regel ist (§ 16 Abs. 1 S. 1 UStG), entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen grundsätzlich mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Die Entstehung der Steuer knüpft selbst dann an den Abschluss des Leistungsvorgangs an, wenn der Unternehmer noch nicht mit dem Leistungsempfänger abgerechnet hat oder das Entgelt erst zu einem späteren Zeitpunkt vereinnahmt oder die endgültige Höhe des Entgelts noch nicht feststeht (z. B. bei Bauleistungen). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bildet die Istversteuerung von Anzahlungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 UStG.

 

Rz. 26

In der Praxis ist es häufig schwierig, die entstandene Steuer auch im Voranmeldungszeitraum der Leistungsbewirkung zu erfassen und anzumelden, da das Datum der Rechnungserstellung regelmäßig nach dem Zeitpunkt der Leistungsbewirkung und somit oftmals in einem anderen Voranmeldungszeitraum liegen dürfte. Der Gesetzgeber ging offenbar davon aus, dass zum Zeitpunkt der Leistungsbewirkung auch die Entgeltvereinbarung erfolgt. Dies dürfte jedoch allenfalls bei Bargeschäften der Fall sein; normalerweise wird im Geschäftsleben das endgültige Entgelt erst mit der Rechnungserteilung ermittelt.[1] Den Belangen der Wirtschaft haben Gesetz- und Verordnungsgeber weitgehend dadurch Rechnung getragen, dass sie die Möglichkeit für den Unternehmer geschaffen haben, auf Antrag die Voranmeldungen und die Entrichtung der Vorauszahlungen um einen Monat hinauszuschieben.[2] Dem Vorschlag Nieskens[3], die Steuer de lege ferenda erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entstehen zu lassen, in dem die Rechnung ausgestellt wird, kann nicht gefolgt werden, da dann der Unternehmer den Entstehungszeitpunkt nach Belieben manipulieren könnte.

 

Rz. 27

Maßgeblicher Abschnitt für die Entstehung der Steuer ist der Voranmeldungszeitraum, also regelmäßig das Kalendervierteljahr (§ 18 Abs. 2 S. 1 UStG). Der Kalendermonat ist nur dann Voranmeldungszeitraum, wenn die Steuer für das vorangegangene Kj. mehr als 7.500 EUR beträgt sowie bei neu gegründeten Unternehmen im Erstjahr und im Folgejahr (§ 18 Abs. 2 S. 2 u. 4 UStG). Bei sog. Jahressteuerzahlern[4] entsteht die Steuer mangels eines Voranmeldungszeitraums mit Ablauf des Kalenderjahrs (§ 18 Abs. 2 S. 3 UStG). Die vereinzelt vertretene Ansicht, wonach maßgebender Voranmeldungszeitraum für das Entstehen der Steuer aus Gründen der Rechtssicherheit stets der Kalendermonat sei[5], lässt sich mit dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 UStG nicht vereinbaren.

[1] Zu den praktischen Schwierigkeiten bei der Entstehung der Umsatzsteuerschuld vgl. Horn, BB 1969, 1210.
[2] Sog. Dauerfristverlängerung, § 18 Abs. 6 UStG i. V. m. §§ 4648 UStDV.
[3] Nieskens, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 13 UStG Rz. 103.
[4] Steuer für das vorangegangene Kj. beträgt nicht mehr als 1.000 EUR.
[5] So Stadie, Das Recht des Vorsteuerabzugs, 268; Hofmann, UStKongr.-Ber. 1982/83, 189/202.

2.1.2 Ausführung der Leistung

2.1.2.1 Lieferungen

 

Rz. 28

Da § 13 UStG nichts dazu sagt, wann eine Leistung ausgeführt ist, muss insoweit auf die Bestimmungen des § 3 UStG zurückgegriffen werden. Eine Lieferung ist danach ausgeführt, sobald dem Abnehmer die Verfügungsmacht über den zu liefernden Gegenstand verschafft worden ist (§ 3 Abs. 1 und 7 UStG; vgl. dazu im Einzelnen § 3 Abs. 1 UStG). Beim Beförderungs- und Versendungsgeschäft gilt die Lieferung gem. § 3 Abs. 6 UStG mit dem Beginn der Beförderung bzw. mit der Übergabe des Gegenstands an den Spediteur, Frachtführer oder Verfrachter als ausgeführt.[1] Beim Reihengeschäft vollziehen sich alle Lieferungen im Reihengeschäft zeitlich unabhängig voneinander. Die warenbewegte Lieferung wird gem. § 3 Abs. 6 S. 1 UStG dort ausgeführt, wo die Beförderung bzw. Versendung begonnen hat. Die "ruhenden Lieferungen", die der warenbewegten Lieferung vorangehen, werden ebenfalls am Beginn der Beförderung bzw. Versendung ausgeführt. Die der warenbewegten Lieferung nachfolgenden "ruhenden Lieferungen" werden am Ort der Beendigung der Beförderung bzw. Versendung ausgeführt. Der Lieferzeitpunkt folgt nach h. M. der Ortsbestimmung.[2] Bei der Werklieferung (§ 3 Abs. 4 UStG) wird die Lieferung i. d. R. in dem Zeitpunkt ausgeführt, in dem der Abnehmer die Verfügungsmacht über das gesamte fertige Werk erlangt (§ 3 Abs. 4 UStG; zu den Besonderheiten in der Bauwirtschaft vgl. Rz. 40ff.).

 

Rz. 29

Bei der Verkaufskommission vollzieht sich die Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär gleichzeitig mit der Lieferung des Kommissionärs an den Abnehmer.[3] Bei der Einkaufskommission erfolgt die Lieferung des Dritten an den Einkaufskommissionär nur dann zeitgleich mit der Lieferung des Kommissionärs an den Kommittenten, wenn dieser bereits vor Versendung der Ware an ihn die Verfügungsmacht darüber erlangt hat (z. B. durch Einigung und vorweggenommenes Besitzkonstitut) oder ...

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