Rz. 143

Nach Auffassung des BFH[1] ist für die Frage, ob und zu welchem Zeitpunkt die USt auf das zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens halbfertige Bauwerk entsteht und welcher insolvenzrechtlichen Behandlung sie unterliegt, das Verhalten des Insolvenzverwalters maßgebend. Dabei hat der Insolvenzverwalter gem. § 103 Abs. 1 InsO ein Wahlrecht, entweder den Vertrag zu erfüllen oder die Erfüllung abzulehnen.[2]

 

Rz. 144

Der Insolvenzverwalter erfüllt den Werkvertrag und verlangt vom Auftraggeber die entsprechende Gegenleistung.

In diesem Fall ist der den Umsatzsteueranspruch begründende Tatbestand erst mit der Ausführung der Werklieferung durch den Insolvenzverwalter, d. h. mit Übergabe und Abnahme des fertigen Werks, verwirklicht. Die Umsatzsteuerschuld entsteht hier aufgrund der unternehmerischen Handlung des Insolvenzverwalters als Masseverbindlichkeit gem. § 55 Abs. 1 InsO.[3] Im Hinblick darauf, dass nach Entscheidung des BFH v. 2.2.1978[4] die vom Insolvenzverwalter nach Insolvenzeröffnung fortgeführte Werklieferung als ein einheitliches Ganzes angesehen wird, erscheint eine Aufspaltung in zwei Werklieferungen, um die anteilig auf den nach Insolvenzeröffnung zu Ende geführten Leistungsteil entfallende USt als Masseverbindlichkeiten i. S. v. § 55 Abs. 1 InsO beschränken zu können[5], nicht möglich, es sei denn, es sind Teilleistungen i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 2 u. 3 UStG gesondert vereinbart worden.[6] Der Insolvenzverwalter kann die Behandlung der gesamten USt als Masseverbindlichkeit vermeiden, indem er die Erfüllung des Vertrags ablehnt und dann mit dem Besteller einen neuen Vertrag abschließt.[7]

 

Rz. 145

Der Insolvenzverwalter lehnt die Erfüllung des Vertrags ausdrücklich ab.

In diesem Fall ist neu bestimmter Gegenstand der Werklieferung das nicht fertiggestellte Bauwerk. Diese Lieferung ist im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bewirkt, sodass die aus der Lieferung resultierende USt als Insolvenzforderung gem. § 38 InsO beim Insolvenzverwalter anzumelden ist. Die Schuld entsteht hier mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.[8]

[1] BFH v. 2.2.1978, V R 128/76, BStBl II 1978, 483, UR 1978, 170 m. Anm. Weiß.
[4] BFH v. 2.2.1978, V R 128/76, BStBl II 1978, 483, UR 1978, 170 m. Anm. Weiß.
[5] So Knobbe-Keuk, BB 1977, 757.
[7] Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz 229ff.
[8] BFH v. 2.2.1978, a. a. O., Abschn. 3.9 i. V. m. Abschn. 13.2 Nr. 1 S. 8 UStAE.

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