Rz. 55

Voraussetzung für die Steuerermäßigung ist, dass für die einheitliche Gesamtleistung als Entgelt eine Kurtaxe aufgrund einer besonderen gesetzlichen Regelung oder nach einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung erhoben wird. Es ist also unbeachtlich, ob die Kurtaxe als sog. Zwangskurtaxe oder als sog. Entgeltkurtaxe erhoben wird. Das Entgelt braucht nicht ausdrücklich als Kurtaxe bezeichnet zu werden. Kurtaxen sind z. B. auch die Kurbeiträge in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz und die Kurabgaben in Bayern und Schleswig-Holstein. Nicht begünstigt sind Einzelleistungen, wie z. B. die Gebrauchsüberlassung einzelner Kureinrichtungen oder -anlagen und die Veranstaltung von Konzerten, Theatervorführungen oder Festen, für die neben der Kurtaxe ein besonderes Entgelt zu zahlen ist.[1]

 

Rz. 56

Unter die Steuerermäßigung fällt unter den Voraussetzungen von § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG auch eine Kurförderungsabgabe.[2] Die Finanzverwaltung sieht diese Kurförderungsabgaben jedoch als nicht umsatzsteuerbar an, da es sich nicht um Entgelte für Leistungen der Gemeinden handele.[3] Voraussetzung der Steuerermäßigung ist allerdings, dass die Kurtaxe tatsächlich ein Entgelt für die von dem Bad bzw. der Kommune bereitgestellten Leistungen darstellt. Dies wird von der Rechtsprechung[4] und der Verwaltung[5] nicht ernstlich in Zweifel gezogen.

 

Rz. 57

Fremdenverkehrsabgaben (z. B. "Gästeabgabe") durch Gemeinden, die als Fremdenverkehrsgemeinden anerkannt sind, sollen nicht unter die Steuerbegünstigung fallen, da diese wegen des auf Kurtaxe beschränkten Wortlauts und des Gesetzeszwecks der Verringerung des Aufwands der Krankenkassen nicht gegeben ist.[6]

Nach der Verwaltungsauffassung kann eine Gemeinde im Rahmen eines BgA "Kurbetrieb/Fremdenverkehr" keine Vorsteuern aus Herstellung und Unterhalt von Einrichtungen (wie bspw. Strandpromenade, Seebrücke, öffentliche Toilette, Strandzugang oder Rettungsturm am Stand) geltend machen, die zwar durch die Gemeinde als Teil der öffentlichen Kureinrichtungen/des Fremdenverkehrs vorgehalten werden, jedoch nach den landesrechtlichen Regelungen (Straßen- und Wegerecht) durch öffentlich-rechtliche Widmung als dem Gemeingebrauch zugänglich anzusehen bzw. einer solchen Widmung zuzuführen sind oder sich der Gemeingebrauch aus anderen gesetzlichen Regelungen (Naturschutzgesetzen) ergibt, selbst wenn die Gemeinde vom Kurgast auf der Grundlage einer Satzung einen allgemeinen Kurabgabebeitrag erhebt. Die Nutzung der Einrichtungen durch den Kurgast erfolgt hier nicht im Rahmen einer über den Gemeingebrauch hinausgehenden Sondernutzung.

 

Rz. 58

Mit Vorabentscheidungsersuchen v. 15.12.2021[7] hat der BFH dem EuGH Fragen zur Unternehmereigenschaft, Steuerbarkeit und Vorsteuerabzug bei Kureinrichtungen vorgelegt. Konkret geht es darum, ob eine Gemeinde, die aufgrund einer kommunalen Satzung von Besuchern, die sich in der Gemeinde aufhalten (Kurgäste), für die Bereitstellung von Kureinrichtungen (z. B. Kurpark, Kurhaus, Wege) eine "Kurtaxe" (in Höhe eines bestimmten Betrages pro Aufenthaltstag) erhebt, mit der Bereitstellung der Kureinrichtungen an die Kurgäste gegen Kurtaxe auch dann eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. d. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL ausübt, wenn die Kureinrichtungen ohnehin für jedermann (und daher z. B. auch für nicht kurtaxepflichtige Einwohner oder andere nicht kurtaxepflichtige Personen) frei zugänglich sind.

[2] BFH v. 15.10.1962, I 53/61, Haufe-Index 410619, BStBl III 1962, 542, Fremdenverkehrsbeitrag.
[3] BMF v. 22.9.1971, IV A 2 – S 7106 – 14/71, UR 1971, 317; OFD Koblenz v. 4.2.1972, S 7106 A – St 413, UR 1972, 308.
[4] FG Münster v. 26.1.1972, V 1009/71, EFG 1972, 360.
[5] OFD Koblenz v. 4.2.1972, S 7106 A – St 413, UR 1972, 308.

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