Rz. 34

Der Heilbäderbegriff wird in Abschn. 12.11 Abs. 3 UStAE erläutert. Hier muss nach der Rechtslage bis 30.6.2015 und der Rechtslage ab 1.7.2015 unterschieden werden.

 

Rz. 35

Nach Abschn. 12.11 Abs. 3 UStAE in der bis 30.6.2015 geltenden Fassung fielen unter die begünstigten Heilbäder

  • Heilbäder aus anerkannten, natürlichen Heilquellen (Mineralquellen, Thermalquellen, Gasquellen) und Peloidbäder (Heilmoore, Fango, Schlick, Lehm, Sand). Sie werden abgegeben als Wannenbäder, Packungen, Teilbäder und Duschen – z. B. Wechselduschen, Nasen-, Rachen- und Vaginalduschen –, als Inhalationen – Raum- und Einzelinhalationen –, als Trinkkuren und in Bewegungsbädern;
  • Heilbäder nach Kneippscher Therapie – z. B. Arm- und Fußbäder, Güsse, Abwaschungen, Wickel und Abbürstungen – und Heilmittel des Meeres, zu denen warme und kalte Meerwasserbäder, Meerwassertrinkkuren, Inhalationen und Meerwasserbewegungsbäder zählen;
  • medizinische Zusatzbäder, Saunabäder, Dampf- und Heißluftraumbäder, Lichtbäder – z. B. Infra- oder Ultrarot, Glühlicht und UV-Licht-, Physio- und Elektrotherapie – z. B. Hauffesche Arm- und Fußbäder, Überwärmungsbad, Heilmassage, Heilgymnastik und Stangerbad –, Unterwasserdruckstrahl-Massagen, Darmbäder sowie die Behandlung in pneumatischen und Klima-Kammern.
 

Rz. 36

Der Begriff des Heilbads war nach der bis 30.6.2015 geltenden Verwaltungsauffassung eher weit auszulegen, da es bei der Verabreichung von Heilbädern, die ihrer Art nach allgemeinen Heilzwecken dienen, z. B. von Saunabädern, nicht erforderlich sei, dass im Einzelfall ein bestimmter Heilungszweck nachgewiesen wird. Insbesondere bedürfe es nicht einer ärztlichen Verordnung des Heilbads.[1]

 

Rz. 37

Nach der ab 1.7.2015 geltenden Verwaltungsauffassung[2] ist für die Frage, ob die Verabreichung eines Heilbads nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG begünstigt ist, die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-Richtlinie/HeilM-RL in der jeweils geltenden Fassung) i. V. m. dem sog. Heilmittelkatalog maßgeblich.[3] Entscheidend ist, dass die Verabreichung des Heilbads nach diesen Vorschriften als Heilmittel verordnungsfähig ist, unabhängig davon, ob eine ärztliche Verordnung tatsächlich vorliegt. Als verordnungsfähig anerkannt sind danach bspw. Peloidbäder und -packungen, Inhalationen, Elektrotherapie, Heilmassage, Heilgymnastik und Unterwasserdruckstrahl-Massagen. Für diese Maßnahmen kommt eine Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG in Betracht, sofern sie im Einzelfall nicht nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei sind.

Allerdings soll auch bei einem Heilbad i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG die allgemeine Eignung der Leistung zur Gesundheitsförderung für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des therapeutischen Zwecks der Leistung nicht ausreichen. Der Nachweis des erforderlichen Therapiezwecks der jeweiligen Leistung werde nicht allein dadurch geführt, dass die Leistung im Einzelfall abstrakt nach § 92 Abs. 6 (Nr. 1) SGB V i. V. m. § 4 der Heilmittel-Richtlinie[4] i. V. m. dem Heilmittelkatalog verordnungsfähig ist.[5]

 

Rz. 38

Die Verwaltung folgt damit seit dem 1.7.2015 der Rechtsauffassung des BFH, was die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung für Heilbäder betrifft.[6] Der BFH hatte entschieden[7], dass die Verabreichung eines Heilbads i. S. v. § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG der Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung und damit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen muss. In dem Beschluss v. 24.4.2008[8] führte der BFH aus, dass der ermäßigte Steuersatz nur dann zu gewähren sei, wenn der Saunabesuch ärztlich verordnet worden ist. Der BFH stellte klar, dass Saunabäder als Behandlung von chronischen Hautkrankheiten und Gelenk- oder Muskelrheumatismus, bei Gicht und bei chronischen Metallvergiftungen angebracht seien und daher bei einer entsprechenden ärztlichen Verordnung auch der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung komme. Dagegen wurde es nach alter Verwaltungsauffassung für ausreichend erachtet, dass die verabreichten Heilbäder ihrer Art nach allgemeinen Heilzwecken dienen. Der Nachweis eines bestimmten Heilzwecks war im Einzelfall nicht erforderlich, insbesondere bedurfte es nicht einer ärztlichen Verordnung. Damit konnte für die Verabreichung von Saunabädern regelmäßig die Vergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 9 S. 1 UStG in Anspruch genommen werden. Saunabäder waren nach der alten Verwaltungsauffassung nicht nur steuerbegünstigt, wenn sie zu Heilzwecken verabreicht werden. Die Verwaltung stützte sich hier wohl auf das Urteil des BFH v. 28.1.1999[9], wonach zu den in § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG bezeichneten Heilbetrieben auch Saunabäder gehören, die ihrer Art nach allgemeinen Heilzwecken dienen. Seit dem 1.7.2015 sind Saunaleistungen mit dem Regelsteuersatz zu besteuern[10], während die unmittelbar mit dem Betrieb eines Schwimmbads verbundenen Umsätze nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG ermäßigt zu besteuern sind. Werden in einem Schwimmbad oder einer ähnlichen Einrichtung neben d...

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