Rz. 181

Von Zweckbetrieben ausgeführte Leistungen, mit deren Ausführung selbst nicht steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht werden, unterliegen nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn der Zweckbetrieb insgesamt nicht in erster Linie der Erzielung von zusätzlichen Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden.

 

Rz. 182

Ein Zweckbetrieb dient in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen, wenn mehr als 50 % seiner gesamten steuerpflichtigen Umsätze durch derartige (zusätzliche und wettbewerbsrelevante) Leistungen erzielt werden. Leistungen sind dann nicht wettbewerbsrelevant, wenn sie auch bei allen anderen Unternehmern dem ermäßigten Steuersatz unterliegen (z. B. die Lieferungen von Speisen oder seit dem 1.1.2010 Beherbergungsleistungen). Aus Vereinfachungsgründen kann davon ausgegangen werden, dass ein Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dient, wenn der Gesamtumsatz i. S. d. § 19 Abs. 3 UStG des Zweckbetriebs die Grenze von 35.000 EUR gem. § 64 Abs. 3 AO insgesamt nicht übersteigt. Da sich bei Leistungen gegenüber in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmen kein Wettbewerbsvorteil ergibt, wird es von der Verwaltung nicht beanstandet, wenn diese Umsätze bei der betragsmäßigen Prüfung unberücksichtigt bleiben.

 

Rz. 183

Zu den von Zweckbetrieben ausgeführten Leistungen, mit deren Ausführung selbst nicht steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht werden, können grundsätzlich (soweit dadurch nicht von vornherein die Zweckbetriebseigenschaft ausgeschlossen wird, wie z. B. bei kulturellen Veranstaltungen) Beherbergungs- und Beköstigungsleistungen gehören.[1]

 

Rz. 184

Bei den Werkstätten für behinderte Menschen[2] umfasst der Zweckbetrieb auch den eigentlichen Werkstattbereich. In diesem Bereich werden i. d. R. keine nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfreien Umsätze ausgeführt. Die den Behindertenwerkstätten in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge, die auf Leistungen entfallen, die andere Unternehmer für den Werkstattbetrieb ausgeführt haben, können nach § 15 Abs. 1 UStG in vollem Umfang als Vorsteuern abgezogen werden. Eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge in einen abziehbaren und einen nichtabziehbaren Teil entfällt. Das gilt insbesondere auch insoweit, als Investitionen für den Werkstattbereich – z. B. Neubau oder Umbau, Anschaffung von Einrichtungsgegenständen oder Maschinen – vorgenommen werden.[3] Zu den Zweckbetrieben gehören auch die von den Trägern der Behindertenwerkstätten betriebenen Kantinen, weil die besondere Situation der Behinderten auch während der Mahlzeiten eine Betreuung erfordert.[4] Bei Werkstätten für behinderte Menschen gehören sowohl der Verkauf von Waren, die in einer Werkstätte für behinderte Menschen selbst hergestellt worden sind, als auch die Umsätze von Handelsbetrieben, die nach § 225 SGB IX als zusätzlicher Arbeitsbereich, zusätzlicher Betriebsteil oder zusätzliche Betriebsstätte einer Werkstatt für behinderte Menschen anerkannt sind, sowie sonstige Leistungen, sofern sie in die Anerkennung nach § 225 SGB IX einbezogen sind, zum Zweckbetrieb.[5] Dieser mit BMF-Schreiben[6] vertretenen Auffassung liegt ein neues Bild einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) zugrunde. Werkstätten für behinderte Menschen sind Einrichtungen zur Eingliederung behinderter Menschen in das Arbeitsleben und zur Teilhabe am Arbeitsleben.[7] Der Begriff der Werkstatt ist nicht ausschließlich auf eine Funktion als Produktionsbetrieb beschränkt, also nicht auf eine Einrichtung, in deren teilstationären Bereich, also dem eigentlichen Einrichtungsbereich, Menschen mit Behinderungen Produkte herstellen. An die Werkstätten ist in § 5 der Werkstättenverordnung die fachliche Anforderung gestellt, dass sie über ein möglichst breites Angebot an Arbeitsplätzen verfügen müssen, um Art und Schwere der Behinderung, der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit, Entwicklungsmöglichkeit sowie Eignung und Neigung der behinderten Menschen soweit wie möglich Rechnung zu tragen. Die Arbeitsplätze sollen in ihrer Ausstattung soweit wie möglich denjenigen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entsprechen. Werkstätten für behinderte Menschen können folglich auch Verpackungs- und Montagearbeiten ausführen, Handelsumsätze tätigen und Dienstleistungsangebote wie Garten- und Außenanlagepflege vorhalten sowie Märkte und Gastronomiebetriebe führen. Ihr Charakter als Werkstatt für behinderte Menschen ändert sich dadurch nicht. Der Verkauf anderer Waren als der o. g. Waren ist ein gesonderter steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb des Trägers der Werkstatt. Läden oder Verkaufsstellen von Werkstätten für behinderte Menschen sind grundsätzlich als Zweckbetriebe zu behandeln, wenn dort Produkte verkauft werden, die von der – den Laden oder die Verkaufsstelle betreibenden – Werkstatt für behinderte Menschen oder einer anderen Werkstatt für behinderte Menschen i. S....

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