Rz. 93

Zu den Werken, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG geschützt sind, gehören die Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und die Entwürfe solcher Werke. Bei Werken der bildenden Künste muss es sich um eine eigenpersönliche geistige Schöpfung handeln, die mit den Darlegungsmitteln der Kunst durch formgebende Tätigkeit hervorgebracht wurde. Hierzu gehören die Werke der Bildhauerei, der Malerei und der Grafik. Zu den Werken der Bildhauerei gehören Statuen, Plastiken, modellierte, geschnitzte sowie durch Glasbläserei hergestellte Arbeiten, Bildfenster, ferner Denkmäler und Brunnen. Zu den Werken der Malerei und Grafik gehören insbesondere Gemälde, Fresken, Aquarelle, Collagen, Zeichnungen, Holzschnitte, Lithografien, Radierungen, Stiche, Bilderrätsel, besondere Schrift- und Bildgestaltungen in Firmen- und Warenzeichen, Post- und Werbekarten und mit Mitteln der Malerei gestaltete Werbeanzeigen, -plakate und -prospekte.[1]

 

Rz. 94

Werke der Baukunst sind außer Gebäuden auch Brücken; ferner gehören raumgestaltende Leistungen hierher (Gestaltung von Innenräumen, Gärten, Plätzen, Bühnen und Stadtbildern). Die Verfolgung eines künstlerischen Zwecks ist nicht erforderlich. Die meisten Zweckbauten (Verwaltungs- und Verkehrsbauten, gewerbliche Gebäude und Wohnbauten) erreichen die erforderliche Individualität schon deshalb nicht, weil hier der vorbekannte Formenschatz besonders groß und die Abhebung davon durch eine eigenpersönliche Leistung[2] besonders schwierig ist.[3]

 

Rz. 95

Die Werke der angewandten Kunst schließen das Kunstgewerbe, die Gebrauchsgrafik u. ä. Bereiche ein. Hier ist jedoch mit Rücksicht auf § 2 Abs. 2 UrhG ebenfalls streng zu prüfen, ob eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt.[4] Geschützt sind die Entwürfe für alle in § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG bezeichneten Werkarten, nicht nur Entwürfe für Werke der Baukunst. Werke der Gebrauchsgrafiker und Grafik-Designer können deshalb auch urheberrechtlichen Schutz genießen.[5] Nach der Rechtsprechung des BGH[6] sind – unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung – an den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musikalischen Schaffens. Es genügt daher, dass sie eine Gestaltungshöhe erreichen, die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer "künstlerischen" Leistung zu sprechen. Es ist dagegen nicht erforderlich, dass sie die Durchschnittsgestaltung deutlich überragen. In Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH ist nach neuer Verwaltungsauffassung für die Frage der Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf die Leistungen der Gebrauchsgrafiker und der Grafik-Designer aus Vereinfachungsgründen auf die jeweils zugrunde liegende zivilrechtliche Vereinbarung abzustellen, sofern dies nicht zu offensichtlich unzutreffenden steuerlichen Ergebnissen führt. Gehen daher die Vertragspartner ausweislich der zwischen ihnen geschlossenen Vereinbarung einvernehmlich von der Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte an einem Muster oder einem Entwurf aus, kommt der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung. Liegt der Vereinbarung umgekehrt die Annahme zugrunde, eine Übertragung von Urheberrechten finde nicht statt, ist der Umsatz dem Regelsteuersatz zu unterwerfen. Dies gilt jeweils auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger.[7]

 

Rz. 96

Mit der vertraglichen Vereinbarung über die Vervielfältigung und Verbreitung von Werken der bildenden Künste – z. B. in Büchern und Zeitschriften, auf Kalendern, Postkarten und Kunstblättern sowie mit Diapositiven – werden urheberrechtliche Nutzungsrechte eingeräumt. Der Grafiker, der einem Galeristen oder Verleger das Recht überträgt, Originalgrafiken zu drucken und zu vertreiben, erbringt eine begünstigte Leistung. Das Gleiche gilt z. B. für die Einräumung des Rechts zur Herstellung und zum Vertrieb künstlerischer Siebdrucke – sog. Serigrafien –, die vom Künstler signiert und nummeriert werden. Urheberrechtlichen Schutz genießen auch die Werke der Karikaturisten, Cartoonisten und Pressezeichner.[8]

 

Rz. 97

Das Folgerecht, das bei der Weiterveräußerung eines Originals der bildenden Künste entsteht[9], zählt nicht zu den urheberrechtlichen Nutzungs- und Verwertungsrechten. Im Rahmen des urheberrechtlichen Folgerechts werden Zahlungen anlässlich des Verkaufs des Originals eines Werks der bildenden Künste an den Urheber oder an dessen Rechtsnachfolger abgeführt, wenn der Verkauf von einer anderen Person als dem Urheber selbst unter Einschaltung bestimmter Vermittler vorgenommen wird. Diese Zahlungen[10] basieren jedoch nicht auf einer vertraglichen Vereinbarung, sondern sind gesetzlich vorgeschrieben. Im Gegensatz zu den Nutzungs- und Verwertungsrechten, bei denen der Zahlungsanspruch des Künstlers aus ei...

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