Rz. 4

§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG findet in dieser Form im maßgeblichen Unionsrecht keine Entsprechung[1], denn eine umfassende Begünstigung der urheberrechtlichen Leistungen ist im einschlägigen Unionsrecht nicht vorgesehen. Art. 98 MwStSystRL bestimmt (abgesehen von der mWv 6.4.2022 bestehenden Möglichkeit nach Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL zur Einführung eines super ermäßigten Satzes von unter 5 % oder des sog. Nullsatzes), dass die Mitgliedstaaten neben dem Normalsatz einen oder zwei ermäßigte Sätze anwenden können. Diese ermäßigten Sätze werden als ein Prozentsatz der Besteuerungsgrundlage festgelegt, der nicht niedriger als 5 % sein darf[2], und sind nur auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang III MwStSystRL genannten Kategorien anwendbar. Art. 98 Abs. 4 i. V. m. Anhang III MwStSystRL regelt Folgendes: Bei der Anwendung der ermäßigten Steuersätze auf Kategorien von Gegenständen können die Mitgliedstaaten die betreffenden Kategorien anhand der Kombinierten Nomenklatur (bzw. der statistischen Güterklassifikation in Verbindung mit den Wirtschaftszweigen) genau abgrenzen. Kategorie 9 von Anhang III MwStSystRL listet auf: Dienstleistungen (in Anhang H Nr. 8 der 6. EG-Richtlinie insoweit noch "Werke bzw. Darbietungen") von Schriftstellern, Komponisten und ausübenden Künstlern sowie diesen geschuldete urheberrechtliche Vergütungen (in Anhang H Nr. 8 der 6. EG-Richtlinie insoweit noch "sowie deren Urheberrechte"). D. h., Urheberrechte sind zwar genannt, jedoch nur insoweit, als sie sich auf Werke bzw. Darbietungen von Schriftstellern, Komponisten und ausübenden Künstlern beziehen. Nach Art. 98 Abs. 3 MwStSystRL sind die ermäßigten Steuersätze wiederum (mit Ausnahme der in Anhang III Nrn. 6, 7, 8 und 13 MwStSystRL aufgeführten Dienstleistungen) nicht auf elektronisch erbrachte Dienstleistungen anwendbar.[3] Dementsprechend ist § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG einschränkend auszulegen.[4] Zwar ist der Wortlaut von Kategorie 9 des Anhangs III MwStSystRL im Vergleich zur Vorgängervorschrift (Kategorie 8 von Anhang H der 6. EG-Richtlinie) sprachlich verändert. Damit sollte nach der Protokollerklärung des Rates und der Kommission zu der vom Rat am 28.11.2006 verabschiedeten MwStSystRL jedoch keine materiell-rechtliche Änderung verbunden sein. Die Änderungen der Struktur und des Wortlauts sollten nur dazu dienen, den Text der Richtlinie klarer und verständlicher zu gestalten und zielten nicht darauf ab, die geltende rechtliche Situation zu verändern. Auf jeden Fall können nach der unionsrechtlichen Bestimmung keine urheberrechtlichen Leistungen steuerermäßigt sein, die nicht auf Dienstleistungen von Schriftstellern, Komponisten und ausübenden Künstlern zurückgehen, wie regelmäßig z. B. Umsätze von Fotografen. In diesen Fällen können die betroffenen Unternehmer nur die weitergehende Formulierung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG für ihre Umsätze in Anspruch nehmen. Dies kommt jedoch nicht für die Gesamtheit der Umsätze in Betracht, sondern nur soweit sie Rechte, die sich aus dem UrhG ergeben, tatsächlich im Einzelnen wahrnehmen und ihren Kunden insoweit Rechte einräumen oder übertragen. Begünstigt ist nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG nur die sonstige Leistung der Rechteverwertung (bei Fotografen z. B. Bildjournalist, Modefotograf, Werbung, wobei das Bild selbst unwesentlicher Bestandteil der Leistung sein muss). Steht bei Fotografen die Überlassung des Bilds selbst im Vordergrund (Substanzwert des Bilds) und ist die geistige Leistung (Urheberrecht) nur unwesentlicher Bestandteil, liegt insgesamt eine Lieferung zum Normalsteuersatz vor.[5]

 

Rz. 5

Gegen die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Übertragung von Nutzungs- und Urheberrechten an Computerprogrammen bestehen keine unionsrechtlichen Bedenken, weil die Verfasser der Programme unter den Begriff des "Schriftstellers" gem. Anhang III Nr. 9 MwStSystRL subsumiert werden können.[6] Gleiches dürfte für sog. Songschreiber gelten, die nur den Text eines Liedes kreieren, nicht aber die Musik dazu. Art. 98 Anhang III Nr. 9 MwStSystRL begünstigt die Tätigkeit eines "ausübenden Künstlers" auch bei einer geschlossenen Veranstaltung.[7]

 

Rz. 5a

Der EuGH[8] hat in einem polnischen Verfahren entschieden, dass Gebühren für Geräte und unbespielte Datenträger zur Aufzeichnung von Werken zum privaten Eigengebrauch, die durch Einrichtungen zur gemeinsamen Verwaltung von den Herstellern und Importeuren von Tonbandgeräten und anderen ähnlichen Geräten sowie unbespielten Datenträgern erhoben werden, kein steuerbares Leistungsentgelt sind. Der EuGH begründet dies damit, dass Abgaben wie die im Ausgangsverfahren dazu dienen, den gerechten Ausgleich zugunsten der Inhaber von Vervielfältigungsrechten zu finanzieren. Der gerechte Ausgleich stelle aber nicht den unmittelbaren Gegenwert irgendeiner Dienstleistung dar, denn er stehe in Zusammenhang mit dem Schaden, der sich für die Rechtsinhaber aus der ohne ihre Genehmigung erfolgten Vervielfältigung i...

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