Rz. 63

Umsätze aus Auftritten als Solist mit selbst gestaltetem Programm (z. B. Auftritte von Kabarettisten, Sprachimitatoren usw.) unterlagen nach altem Recht dann der Steuerermäßigung für die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten, wenn der Leistungsaustausch zwischen dem Solisten und dem Publikum stattfindet.[1]

 

Rz. 64

Das BMF[2] hat auf das EuGH-Urteil v. 23.10.2003[3] reagiert und geregelt, dass in allen offenen Steuerfällen § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG auf die Leistungen der dort aufgeführten Einrichtungen sowie für die entsprechenden Leistungen der ausübenden Künstler anwendbar ist. Die Verwaltungsregelung war durch die Neufassung des Gesetzes[4] ohne eine Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereichs abgelöst worden. Die Gewährung der Steuerermäßigung kann nach der EuGH-Rechtsprechung nicht davon abhängig gemacht werden, in welcher Erscheinungsform die Leistungen, die nach Anhang H der 6. EG-Richtlinie (jetzt Anhang III MwStSystRL) ermäßigt besteuert werden können und nach den nationalen Regeln ermäßigt zu besteuern sind, erbracht werden. Der Begriff des ausübenden Künstlers in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG wurde vor dem 16.12.2004 vom Gesetz nicht verwendet. Er stammt aus Anhang H Nr. 9 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Anhang III Nr. 9 MwStSystRL) .[5] Es kommt danach nicht darauf an, wie viele Künstler auftreten. Sowohl der Solist als auch eine Gruppe von Künstlern sind als ausübende Künstler anzusehen und fallen mit ihren Umsätzen, die Theatervorführungen und Konzerten vergleichbar sind, unter die Vorschrift. Deshalb sind Darbietungen ausübender Einzelkünstler grundsätzlich ebenfalls ermäßigt zu besteuern. So fällt z. B. auch ein selbstständiger Musiker (sog. Alleinunterhalter), der für verschiedene Veranstaltungen, wie z. B. Schützenball, Feuerwehrfest, Kameradschaftsabend der Feuerwehr, runde Geburtstage und Silvesterpartys, engagiert wird, mit seinen Leistungen als Konzerten vergleichbare Darbietungen eines ausübenden Künstlers unter die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG.[6]

 
Praxis-Beispiel

Ein als Solist auftretender Unterhaltungskünstler erbringt im Jahr 2020 im Rahmen von Konzerten Gesangs- und Instrumentaldarbietungen. Mit der Saalanmietung, Organisation, Werbung, Plakatierung, dem Kartenverkauf und ähnlichen Leistungen im Zusammenhang mit diesen Konzertveranstaltungen beauftragt er andere Unternehmer (z. B. eine Konzertagentur), die eindeutig nach außen hin in seinem Namen und für seine Rechnung auftreten. Die Einnahmen werden von diesen Unternehmern nach den Veranstaltungen mit dem Solisten abgerechnet. Als Veranstalter tritt nur der Solokünstler in Erscheinung.

Die Leistungen des Solokünstlers unterliegen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a 2. Hs. UStG. Dieser hat die Konzerte selbst veranstaltet, da er gegenüber den Konzertbesuchern als Veranstalter aufgetreten ist und Ort und Zeit seiner Darbietungen selbst bestimmt hat. Die mit der Organisation beauftragten anderen Unternehmer werden lediglich als selbstständige Vertreter oder Subunternehmer tätig. Der Solokünstler hat die organisatorischen Maßnahmen im eigenen Namen und für eigene Rechnung getroffen. Er wurde nicht von den Konzertagenturen verpflichtet, sondern hat diese vielmehr selbst mit der Organisation beauftragt.

 

Rz. 65

Der "ausübende Künstler" ist auch in § 73 UrhG[7] definiert. Ausübender Künstler ist danach, wer ein Werk oder eine Ausdrucksform der Volkskunst aufführt, singt, spielt oder auf eine andere Weise darbietet oder an einer solchen Darbietung künstlerisch mitwirkt. Dies spielt eine Rolle bei den unter die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG fallenden Urheberrechten. Abschn. 12.7 Abs. 19 UStAE zählt dazu insbesondere Schauspieler, Sänger, Musiker, Tänzer, Dirigenten, Kapellmeister, Regisseure und Spielleiter sowie Bühnen- und Kostümbildner. Ausübende Künstler sind danach z. B. auch Tonmeister, die bei Aufführungen elektronischer Musik mitwirken. Im Einzelfall kann danach auch der Beleuchter ein ausübender Künstler sein. Die Steuerermäßigung kommt in Betracht insbesondere für selbstständige Chorsänger, Instrumentalsolisten, sonstige Einzelmusiker (Sänger, Gitarristen usw.). Leistungen von Solisten unterliegen aber – wie auch Leistungen von Ensembles – nicht in jedem Fall dem ermäßigten Steuersatz. Zur Besteuerung von Musikern und Sängern umfassend vgl. auch OFD Karlsruhe.[8]

 

Rz. 66

Nach der EuGH-Rechtsprechung bzw. nach der gesetzlichen Neuregelung[9] stellt sich die Frage der Anwendbarkeit der Steuerermäßigung einem erweiterten Kreis von Berufsgruppen, die typischerweise als Solisten tätig sind. Die Frage, ob z. B. Dirigenten, Regisseure, Zauberkünstler, Bauchredner, Jongleure oder Discjockeys/Videojockeys als Künstler auch als Begünstigte i. S. v. § 12 Abs. Nr. 7 Buchst. a UStG anzusehen sind, ist m. E. zu verneinen, da deren Leistungen (Darbietungen) mit den Leistungen von Orchestern, Kammermusikensembles, Theatern und Chören i. d. R. nicht vergl...

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