Rz. 13

Unter Aufzucht von Vieh ist das Aufziehen/Großziehen von Jungtieren, die sich in fremdem Besitz befinden, zu verstehen. Unter Halten von Vieh versteht man grundsätzlich die Betreuung/Obhut von Tieren, die sich in fremdem Besitz befinden. Dies umfasst im Wesentlichen die Unterbringung (Unterstellung), Fütterung und Pflege der Tiere als einheitliche Pensionsviehhaltung. Die Merkmale der Unterbringung und Fütterung müssen der Leistung das Gepräge geben. Bestimmen dagegen Pflegemaßnahmen den wesentlichen Leistungsinhalt (z. B. Reinigung oder tierärztliche Versorgung), scheidet die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG aus. Fehlt eines dieser Merkmale, ist von einer regelbesteuerten Leistung auszugehen.

Liegen neben dem bedarfsgerechten Mischen des Flüssigfutters über eine einheitliche Futtermittelzentrale (computergesteuerte Fütterungsanlage) weitere Dienstleistungen wie die automatische Prüfung, ob die Tröge leer sind, die automatische Wiederbefüllung der Tröge, die automatische Überwachung des Fressverhaltens der Tiere sowie die automatische Fütterung vor, handelt es sich bei den Flüssigfutterleistungen nicht um Lieferungen, sondern dem Regelsteuersatz unterliegende Futtermanagementleistungen. Futtermanagementleistungen fallen nicht unter die Steuerermäßigungsregelung zur Aufzucht und zum Halten von Vieh nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG. Die Fütterung allein stellt nur einen Teilbereich der Aufzucht und des Haltens dar.[1]

 

Rz. 14

Typische Beispiele für die Aufzucht von Vieh sind die Aufzucht von Kälbern, die einem anderen Landwirt gehören, zu Kühen, die Aufzucht von Ferkeln zu Schweinen oder von Küken zu Legehennen (Aufzucht von Junghennen, vom Eintagsküken bis zur Legereife). Das Aufziehen der Tiere des eigenen landwirtschaftlichen Unternehmens ist ein nicht steuerbarer Innenumsatz, dem beim Verkauf der Tiere eine entgeltliche Lieferung folgt. Im Rahmen der Geflügelvermehrung (Elterntierhaltung) kann beim Vermehrungsunternehmer eine nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG begünstigte Leistung vorliegen, falls die Leistung als sonstige Leistung zu qualifizieren ist.[2]

Hinsichtlich der Leistungen eines Lohnunternehmers gilt diesbezüglich Folgendes: Verpflichtet sich ein Unternehmer (U1), sich um die "Pflege von Tieren" zu kümmern, die einem anderen Unternehmer (U2) gehören und in dessen Stallungen untergebracht sind, ist Gegenstand des Leistungsaustauschs der Einsatz der Arbeitskraft des U1. In Fällen, in denen der leistende Unternehmer die Tiere nicht in seinem eigenen Betrieb mästet, sondern lediglich seine Arbeitskraft einbringt, kommt die Steuerermäßigung gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG nicht in Betracht. Gleiches gilt, wenn U1 einen Stall errichtet und diesen an U2 (der z. B. eine Freiland-Legehennenhaltung betreibt) verpachtet. Zusätzlich zum Pachtvertrag wird i. R. eines gesonderten Dienstvertrags vereinbart, dass U1 die Erledigung der täglich im Betrieb der Freiland-Legehennenhaltung anfallenden gewöhnlichen Tätigkeiten übernimmt und hierfür einen monatlichen Pauschalbetrag erhält. U1 verpflichtet sich nach dem Dienstvertrag, die Tiere des U2 zu halten, zu hüten und alle hiermit im Zusammenhang stehenden Arbeiten zu erledigen, ohne dabei die Gefahr des zufälligen Untergangs der Tiere zu übernehmen. Auch in diesem Fall sind die Tiere nicht im eigenen Betrieb des U1 untergebracht. Da dieser lediglich seine Arbeitskraft einbringt, unterliegen die aufgrund des gesondert vereinbarten Dienstleistungsvertrags erbrachten Leistungen dem allgemeinen Steuersatz.[3]

 

Rz. 15

Nach Auffassung des BFH zu § 1 Nr. 1, § 4 Nr. 19 UStG 1951 ist eine Züchterprämie nach der Rennordnung kein Entgelt und damit nicht umsatzsteuerbar. Der Unternehmer, der Pferderennen mit eigenen Pferden beschickt und Rennpreise sowie Züchterprämien für die Siege seiner eigenen Tiere erhält, hat mit der Aufzucht somit keine Tätigkeit i. S. v. § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG entfaltet, wenn er Züchter und zugleich der Halter des siegreichen Pferds ist.

 

Rz. 16

Bei den übrigen Züchterprämien in der Tierzucht (z. B. in der Rinder- und Schweinezucht) ist eine einheitliche Beurteilung wegen der unterschiedlichen Verhältnisse nicht möglich. Hier muss im Einzelfall entschieden werden, ob die Züchterprämien umsatzsteuerrechtlich Leistungsentgelte sind oder nicht. Ist ein Leistungsaustausch zu bejahen, ist die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG anwendbar. Nach der – m. E. unzutreffenden – Auffassung der Verwaltung fallen solche Züchterprämien als Entgelte für unmittelbar der Förderung der Tierzucht dienende Leistungen unter § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG.[4]

Vorteile in Form von Subventionen, Beihilfen, Förderprämien, Geldpreisen und dergleichen, die ein Unternehmer als Anerkennung oder zur Förderung seiner im allgemeinen Interesse liegenden Tätigkeiten ohne Bindung an bestimmte Umsätze erhält, sind kein Entgelt.[5]

[1] Münster v. 25.2.2021, 5 K 3446/18 U, Haufe-Index 14441114, EFG 2021, 886; Rev. eingel., Az. des BFH: XI R 9/21.
[2] Matheja, INF 1970, 133.
[3] Vgl. FM Sachsen...

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