Rz. 4

Die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG ist im Gesamtzusammenhang mit der Besteuerung der Land- und Forstwirtschaft zu betrachten. Die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs bewirkten Umsätze werden gem. § 24 UStG grundsätzlich nach Durchschnittssätzen besteuert. Bei Einführung der MwSt im Jahr 1968 betrug der Pauschalsatz für landwirtschaftliche Umsätze 5 %. Im Interesse einer gleichmäßigen umsatzsteuerlichen Belastung aller land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse und der Vermeidung von Wettbewerbsstörungen zwischen Pauschallandwirten und anderen Unternehmern unterliegen die Lieferungen dieser Erzeugnisse im Fall der Regelbesteuerung (z. B. die Lieferungen durch Händler oder regelversteuernde Landwirte) dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Dieser betrug bei Einführung der MwSt ebenfalls 5 %. Aus den gleichen Gründen bezieht § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG bestimmte sonstige Leistungen in die Steuerermäßigung ein, die typischerweise in landwirtschaftlichen Betrieben vorkommen. Zwar sind die Durchschnittssätze nach § 24 Abs. 1 UStG für landwirtschaftliche Umsätze und der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 UStG seit Einführung der MwSt nicht mehr völlig identisch. So liegt z. B. der Durchschnittssatz für sonstige Leistungen[1] seit dem 1.1.2023 bei 9,0 %[2], während der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 UStG seit dem 1.7.1983 7 % beträgt. Durch solch vergleichsweise noch geringe Steuersatzunterschiede wird die Wettbewerbsneutralität zwischen Pauschallandwirten und anderen Unternehmern jedoch nicht nennenswert beeinträchtigt.

 

Rz. 5

Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines UStG v. 30.10.1963[3] sah in einem § 11 Abs. 2 Nr. 2 UStG den ermäßigten Steuersatz nur für "die Aufzucht und das Halten von Vieh für andere" vor. Dieser Tatbestand war aus der früheren Befreiungsvorschrift des § 4 Ziff. 19 UStG 1951 übernommen worden, die jedoch nicht den Zusatz "für andere" enthielt. Mit dem erweiterten Tatbestand sollte die sog. Pensionsviehhaltung begünstigt werden.[4] Im Gegensatz zu der früheren Befreiungsvorschrift ist § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG jedoch nicht mehr an die Voraussetzung geknüpft, dass das Vieh innerhalb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs aufgezogen oder gehalten werden muss. Im Laufe der parlamentarischen Beratung wurde der Zusatz "für andere" gestrichen, um zu erreichen, dass auch Züchterprämien zweifelsfrei unter die Steuerbegünstigung fallen. Außerdem wurden zwei weitere Tatbestände, nämlich die "Anzucht von Pflanzen" und "die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere" in die Steuerermäßigung einbezogen. Die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG ist seit dem 1.1.1968 unverändert geblieben.

[2] Art. 12 Nr. 3 des Gesetzes v. 24.10.2022, BGBl I 2022, 1838; davor war die Pauschale mWv 1.1.2022 von 10,7 % auf 9,5 % abgesenkt worden. Nach dem vom BMF am 17.7.2023 veröffentlichten Referentenentwurf eines Wachstumschancengesetzes soll nach Art. 26 Nr. 6 dieses Gesetzentwurfs der Durchschnittssatz gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und S. 3 UStG zum 1.1.2024 erneut, und zwar von 9,0 % auf 8,4 % gesenkt werden.
[3] BT-Drs. IV/1590.
[4] Vgl. Begründung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines UStG v. 30.10.1963, BT-Drs. IV/1590 – zu § 11.

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