Rz. 101

MWv 1.1.2012 hatte § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG wieder die Fassung erhalten, die die Vorschrift bereits zum 1.1.1980 hatte. Steuerermäßigt ist seither auch der Linienverkehr mit Schiffen unter der Bedingung, dass die Beförderung innerhalb einer Gemeinde oder bis zu einer Beförderungsstrecke von 50 km durchgeführt wird.

 

Rz. 102

Für den Linienverkehr mit Schiffen sollen nach Abschn. 12.13 Abs. 10a UStAE die Regelungen über den genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen[1] entsprechend gelten. Danach ist Linienverkehr eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können. Linienverkehr setzt nicht voraus, dass ein Fahrplan mit bestimmten Abfahrts- und Ankunftszeiten besteht oder Zwischenhaltestellen eingerichtet sind. Personenbeförderungen im Linienverkehr mit Schiffen sind nur dann begünstigt, wenn der Linienverkehr genehmigt ist. Für die Personenbeförderung mit Binnenschiffen existiert keine dem PBefG entsprechende Norm des Bundesrechts. Neben schifffahrts- und strompolizeilichen Genehmigungsverfahren für die Fahrgastschifffahrt u. a. nach Maßgabe der Binnenschiffsuntersuchungsordnung und des Bundeswasserstraßengesetzes (z. B. Anforderungen an Fahrgastschiffe und deren Besatzungen bzw. die Anlegestellen der Fahrgastschifffahrt) sieht § 9.01 der Binnenschifffahrtsstraßenordnung auch eine im Wesentlichen schifffahrtspolizeilich ausgerichtete Anzeigepflicht für die Fahrpläne der Fahrgastschifffahrt vor. Die zuständigen Dienststellen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (i. d. R. die Wasser- und Schifffahrtsämter) können im Zuge dieses Verfahrens Fahrplanänderungen zur Vermeidung von Verkehrsstörungen verlangen. Eine analoge Regelung trifft auch § 39 der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung (SeeSchStrO). Nach Absatz 1 dieser Vorschrift dürfen Fahrgastschiffe und Fähren die Fahrgastbeförderung nur von Anlegestellen aus durchführen, die nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 des Bundeswasserstraßengesetzes genehmigt oder rechtmäßig vorhanden sind. Das sog. "Fährregal" ist unabhängig vom Gewässer Ländersache. Einen landesrechtlichen Genehmigungstatbestand für den Schiffslinienverkehr sieht allein das Bundesland Hansestadt Hamburg in § 15 des Hamburgischen Hafen- und Schifffahrtsgesetzes vor. Im Übrigen Bundesgebiet bestehen – soweit bisher ersichtlich – keine vergleichbaren landesrechtlichen Regelungen.[2] Eine nach den Wassergesetzen der Länder erteilte Genehmigung für die Schifffahrt auf nicht allgemein für die Schifffahrt zugelassenen Gewässern[3] dürfte keine Genehmigung des Linienverkehrs i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG darstellen. Diese Genehmigungen beziehen sich lediglich auf die Schifffahrt an sich, nicht jedoch auf den Linienverkehr. Über die Genehmigung des Linienverkehrs muss grundsätzlich eine entsprechende Genehmigungsurkunde oder eine einstweilige Erlaubnis der zuständigen Genehmigungsbehörde vorliegen. Soweit die verkehrsrechtlichen Bestimmungen des Bundes und der Länder kein Genehmigungsverfahren vorsehen, soll von einer stillschweigenden Genehmigung des Linienverkehrs auszugehen sein.[4]

Linienverkehr i. S. v. § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG ist eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können. Ob eine allgemeine Betriebs- und Beförderungspflicht nach §§ 21, 22 PBefG besteht, ist unerheblich. Insoweit ist lediglich darauf abzustellen, dass die für einen Linienverkehr erforderliche Regelmäßigkeit und Fahrgastfreiheit auch die wesentlichen Elemente der Beförderungspflicht nach § 22 PBefG umfasst. Wasserrechtliche Genehmigungen (im Streitfall für den nichtliniengebundenen Personenverkehr (Gelegenheitsverkehr) von Schiffen) sind für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung des Schiffsbetriebs, insbesondere die Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG, nicht bindend.[5]

Der BFH orientiert sich bei der Auslegung des Begriffs des Linienverkehrs mit Schiffen an der Regelung zum Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen in § 42 S. 1 PBefG. Die für einen Linienverkehr erforderliche Regelmäßigkeit und Fahrgastfreiheit beinhaltet auch die wesentlichen Elemente der Beförderungspflicht nach § 22 PBefG, sodass für die Steuerermäßigung des Linienverkehrs mit Schiffen keine weiteren Pflichten gelten müssen.[6]

In Hessen ist – wie in den meisten Bundesländern – zur Durchführung eines Linienverkehrs mit Schiffen keine Genehmigung erforderlich. In diesem Fall kann bei der Auslegung des Begriffs des "genehmigten" Linienverkehrs von einer stillschweigenden Genehmigung ausgegangen werden. Auf Bundesebene wurde entschieden, dass Rundfahrten mit Schiffen ohne Zwischenhalte stets dem Regelsteuersatz unterliegen. Begünstigt ist nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG nur der Linienverkehr mit Schiffen. Linienverkehr bedient ein öffentliches Verkehrsinteresse.[7] Zwar ist es nicht erforderlich, dass Zwischenhaltestellen einge...

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