Rz. 94

Seit dem 1.1.2008 unterliegen auch Personenbeförderungen "mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art" dem ermäßigten Steuersatz.[1] Die Gesetzesänderung ging auf die Stellungnahme des Bundesrats zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein JStG 2008 zurück.[2] Als Begründung hatte der Bundesrat insbesondere ausgeführt, im Hinblick auf die soziale Bedeutung der Personenbeförderung mit Bergbahnen und sonstigen Aufstiegshilfen in den Gebirgsregionen sei eine sachgerechte Gleichbehandlung zur Personenbeförderung im öffentlichen Nahverkehr notwendig, zumal alternative Aufstiegsmöglichkeiten durch Individual-Verkehre ausschieden. Die Besteuerung mit dem Regelsteuersatz i. H. v. 19 % führe bei den betroffenen Betrieben der Fremdenverkehrswirtschaft zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen gegenüber entsprechenden Betrieben im benachbarten Ausland. Diesen sei es möglich, wesentlich niedrigere Beförderungspreise anzubieten, weil dort ein ermäßigter Steuersatz gelte, der regelmäßig erheblich niedriger sei als der deutsche Regelsteuersatz.

 

Rz. 95

Zu den Drahtseilbahnen gehören Standseilbahnen und andere Anlagen, deren Fahrzeuge von Rädern oder anderen Einrichtungen getragen und durch ein oder mehrere Seile bewegt werden, Seilschwebebahnen, deren Fahrzeuge von einem oder mehreren Seilen getragen und/oder bewegt werden (einschließlich Kabinenbahnen und Sesselbahnen) und Schleppaufzüge, bei denen mit geeigneten Geräten ausgerüstete Benutzer durch ein Seil fortbewegt werden.[3]

 

Rz. 96

Die Steuerermäßigung betrifft Personenbeförderungen mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art. Steuerbegünstigt sind demnach insbesondere Beförderungen mit Drahtseilbahnen, Zahnradbahnen, Seilschwebebahnen, Sesselliften und Schleppliften (auch für Wintersportzwecke – wenn es sich insoweit um selbstständige Leistungen handelt, Rz. 97). Steuerermäßigt ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift (insbesondere auch im Hinblick auf die Wendung "Aufstiegshilfen jeder Art") m. E. auch der kostenpflichtige Betrieb von Aufzügen in Hochhäusern oder Fernsehtürmen für touristische Zwecke (aber auch immer nur unter der Voraussetzung, dass der Betrieb eines Aufzugs in einem solchen Fall eine Hauptleistung darstellt und nicht in einer einheitlichen (Dienst-)Leistung "Gestattung des Besuchs eines Fernsehtums" o. Ä. enthalten ist. Ob auch der Betrieb touristischer Bergbahnen – abwärts – in Bergwerke steuerermäßigt ist, wäre nach dem reinen Wortlaut der Vorschrift wohl zu bezweifeln. Aus Gründen der Neutralität der Mehrwertsteuer (es handelt sich um mit dem Betrieb von Bergbahnen im weitesten Sinne vergleichbare Umsätze) ist m. E. hier die Steuerermäßigung aber ebenfalls zu gewähren.

 

Rz. 97

Der Verkauf von Eintrittsberechtigungen für Skisporthallen sowie von sog. Skipässen, welche jeweils auch das Recht zur Benutzung der dort vorhandenen Aufstiegshilfen beinhalten, fällt m. E. nicht unter die Steuerermäßigung. Denn der Preis, den Wintersportler durch Erwerb einer Eintrittskarte bzw. eines "Skipasses" für die Benutzung lokaler Skisportanlagen entrichten, ist Entgelt für eine einheitliche Leistung, die jedenfalls keine Personenbeförderungsleistung i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG darstellt und damit grundsätzlich dem allgemeinen Steuersatz unterliegt. Die Leistung des Anlagenbetreibers umfasst – neben dem Betrieb der Aufstiegshilfen – die Errichtung bzw. Herrichtung und Unterhaltung der Skisportanlagen – ggf. einschließlich deren Beschneiung –, die Gewährleistung der Sicherheit der Sportler (z. B. Lawinensperrung oder -sprengung) einschließlich der Organisation medizinischer Hilfeleistungen sowie ggf. der Bergung aus Lebensgefahr, die Bereitstellung von Sanitäreinrichtungen und Angebote zur kulinarischen Versorgung. Zwar beinhaltet dieses Leistungspaket regelmäßig auch das Recht zur Benutzung der vorhandenen Aufstiegshilfen, dieses Leistungselement prägt m. E. die gesamte Leistung jedoch nicht dahin gehend, dass die übrigen Leistungselemente als üblicherweise im Gefolge einer Personenbeförderungsleistung auftretende Nebenleistungen, welche das Schicksal der Hauptleistung teilen, anzusehen sind. Aus der Sicht des Leistungsempfängers dürfte regelmäßig das Recht zur Ausübung seines Sports im Vordergrund stehen, wobei die Inanspruchnahme der Aufstiegshilfen lediglich eines von mehreren Mitteln zum Zweck der Sportausübung darstellt, ohne selbst Hauptzweck zu sein. Hiervon unberührt bleibt die Anwendung der Steuerermäßigung auf Beförderungsleistungen mit Seilbahnen, Kabinenbahnen, Sesselliften oder ähnlichen Aufstiegshilfen, deren Hauptzweck in der Personenbeförderung besteht. Der BFH hat die Würdigung der Vorinstanz, wonach die mittels Skilift vorgenommene Beförderungsleistung in einer Skihalle ausschließlich Mittel zum Zweck der für die Nutzer im Vordergrund stehenden Möglichkeit der Skiabfahrt sei und die Liftnutzung bei natürlicher Betrachtung hinter dem Ganzen zurücktrete, nicht beanstandet.[4] D...

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