Rz. 668

Ausgenommen von der Steuerermäßigung sind Erzeugnisse, für die aufgrund des § 15 Abs. 6 des JugendschutzgesetzesJuSchG[1] eine Hinweispflicht auf Vertriebsbeschränkungen besteht (vgl. einleitender Satzteil der Nr. 49 der Anlage 2 des UStG). Maßgebend ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Einleitungssatzes der Vorschrift die jeweils geltende Fassung des Jugendschutzgesetzes. Es handelt sich somit um eine sog. gleitende Verweisung. Ab dem 1.1.2004 sind darüber hinaus Erzeugnisse von der Steuerermäßigung ausgenommen, die als jugendgefährdende Trägermedien den Beschränkungen des § 15 Abs. 1 bis 3 JuSchG unterliegen. Dieser weitere Ausschluss von der Steuerermäßigung beruht auf Art. 5 Nr. 36 Buchst. b des Steueränderungsgesetzes 2003 v. 15.12.2003[2] und gilt seit dem 1.1.2004. Das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (JgefSchrG) wurde zum 1.4.2003 durch das JuSchG[3] abgelöst. Die Vorschriften zur Kennzeichnung jugendgefährdender Trägermedien sind ab diesem Zeitpunkt in § 15 JuSchG übernommen worden (Rz. 645).

 

Rz. 669

Jugendgefährdende Schriften sind Schriften, die geeignet sind, Kinder oder Jugendliche sittlich zu gefährden. Dazu zählen vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende sowie den Krieg verherrlichende Schriften. Den Schriften stehen Ton- und Bildträger, Abbildungen und andere Darstellungen gleich (Trägermedien). § 15 Abs. 6 JuSchG lautet: "Soweit die Lieferung erfolgen darf, haben Gewerbetreibende vor Abgabe an den Handel die Händler auf die Vertriebsbeschränkungen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 6[4] hinzuweisen." Diese Hinweispflicht erstreckt sich auf alle jugendgefährdenden Schriften, d. h. auch auf die offensichtlich schwer jugendgefährdenden Schriften i. S. d. § 15 Abs. 2 JuSchG, die bis zum 31.12.1993 begünstigt waren, solange sie nicht indiziert waren. Die Hinweispflicht gilt jedoch nicht für die in § 18 Abs. 3 JuSchG aufgeführten Medien (Schriften), die frei vertrieben werden dürfen. Dazu gehören z. B. Schriften, die der Kunst, der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre dienen. Für diese Schriften bleibt die Steuerermäßigung auch ab 1.1.1994 erhalten.

 

Rz. 670

Vertriebsbeschränkungen nach dem JuSchG gelten sowohl für Schriften, die in eine Liste aufgenommen und deren Aufnahme in die Liste im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden ist[5], als auch für Schriften, die so eindeutig jugendgefährdend sind, dass sie kraft Gesetzes als indiziert gelten und aus diesem Grund i. d. R. nicht in die Liste aufgenommen werden.[6] Damit dürften z. B. sämtliche pornographischen Text- oder Bildbände, die z. B. in Sexshops angeboten oder von Versandhäusern verschickt werden, dem allgemeinen Steuersatz unterliegen. Dagegen unterliegen die meisten Illustrierten, auch wenn es sich um sog. Sex-Zeitschriften handelt, keinerlei Vertriebsbeschränkungen. Solche von Kiosken oder im Zeitschriftenhandel angebotenen Illustrierten fallen somit unter die Steuerermäßigung (Rz. 705). Wenn Vertriebsbeschränkungen zu beachten sind, müssen sowohl Verleger, Zwischenhändler und Importeure dieser Schriften hierauf hinweisen. Es genügt für den Ausschluss der Steuerermäßigung, dass eine Hinweispflicht besteht. Liefert ein Unternehmer derartige Schriften ohne den gesetzlich geforderten Hinweis, bleiben die Schriften gleichwohl von der Steuerermäßigung ausgenommen.

 

Rz. 671

Die Tragweite der Hinweispflicht nach § 15 Abs. 6 JuSchG[7] ist allerdings nicht ganz eindeutig. Aus der Einschränkung "soweit die Lieferung erfolgen darf" müsste wohl gefolgert werden, dass sich die Hinweispflicht nicht auf unerlaubte Lieferungen jugendgefährdender Schriften erstreckt und dass derartige Lieferungen weiterhin dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Ein solches sinnwidriges Ergebnis entspräche jedoch kaum dem Willen des Gesetzgebers, alle jugendgefährdenden Schriften mit dem Normalsatz zu besteuern, wie dies in der amtlichen Begründung der damaligen Gesetzesänderung[8] zum Ausdruck kommt.[9]

 

Rz. 672

Nach § 15 Abs. 2 JuSchG[10] unterliegen Schriften, die Kinder oder Jugendliche offensichtlich schwer gefährden, den Beschränkungen des § 15 Abs. 1 JuSchG[11], ohne dass es einer Aufnahme in die Liste und einer Bekanntmachung bedarf. Zu diesen offensichtlich schwer jugendgefährdenden Schriften gehören Trägermedien (Schriften), die einen der in § 86, § 130, § 131, § 184a oder § 184b StGB bezeichneten Inhalt haben. Das sind Schriften, die zum Rassenhass aufstacheln oder die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt.[12] Außerdem gehören dazu pornographische Schriften, Schriften, die den Krieg verherrlichen und sonstige Schriften, die offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu ...

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