Rz. 583

Zur Anwendung des zutreffenden Steuersatzes bei der Futtermittelherstellung durch sog. Mahl- und Mischdienste vertritt die Verwaltung folgende Auffassung[1]:

Zitat

In der Regel übergibt der Landwirt dem Unternehmer Getreide, das dieser dann mahlt und aus dem er dann – ggf. unter Beifügung von selbst beschafften Stoffen (z. B. Ergänzungsfuttermittel, Soja- oder Rapsöl) – ein Mischfuttermittel für den Landwirt herstellt.

Es ist zunächst zu klären, ob es sich bei der Leistung des Unternehmers um eine einheitliche Leistung handelt, die ggf. aus Liefer- und Dienstleistungselementen besteht, oder ob mehrere getrennt zu beurteilende Einzelleistungen erbracht werden. Hierbei ist nach den allgemeinen Grundsätzen zu verfahren[2] Liegt eine einheitliche Leistung vor und besteht diese sowohl aus Liefer- als auch aus Dienstleistungselementen, ist zu klären, ob es sich um eine Werklieferung oder eine Werkleistung handelt.

Für die Herstellung von Futtermitteln kommt grundsätzlich die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. der Anlage 2 des UStG in Betracht. Sonstige Leistungen einschließlich Werkleistungen sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht begünstigt.[3] Hingegen kann der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 37 der Anlage 2 des UStG zur Anwendung kommen, wenn die Leistung des Unternehmers in einer Lieferung oder Werklieferung besteht.

Eine nicht begünstigte Werklieferung liegt vor, wenn der Unternehmer für das Werk keinerlei selbst beschaffte Stoffe oder nur Stoffe, die als Zutaten oder sonstige Nebensachen anzusehen sind, verwendet.[4] Wie der BFH den Begriff der "Zutaten und sonstigen Nebenstoffe" definiert, führt er in seinem Urteil v. 9.6.2005[5] zur orthopädischen Zurichtung von Konfektionsschuhen näher aus. Unter Zutaten und sonstigen Nebenstoffen i. S. d. § 3 Abs. 4 S. 1 UStG sind demnach Lieferungen zu verstehen, die bei einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers nicht das Wesen des Umsatzes bestimmen.[6] Es ist also im Einzelfall zu betrachten, ob die Lieferelemente (z. B. Beigabe von Öl oder sonstigen Ergänzungsfuttermitteln) oder die Dienstleistungselemente (Mahlen bzw. Mischen) das Wesen der Leistung bestimmen.[7]

Nur wenn nach diesen Grundsätzen bei einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers die Leistung des Mahl- und Mischdienstes als Lieferung zu qualifizieren ist, kann eine Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 37 der Anlage 2 des UStG in Betracht kommen. Dies gilt, wenn das fertige Werk – ohne das vom Auftraggeber bereitgestellte Material – ein Gegenstand der Anlage 2 des UStG ist. Bei Werklieferungen von Futtermitteln kommt der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 37 der Anlage 2 des UStG insbesondere dann zur Anwendung, wenn es sich bei dem Mischfutter, dem beigestelltes Getreide beigemischt wird, schon vor dieser Beimischung um eine "Zubereitung von der zur Fütterung verwendeten Art" (Position 2309 des Zolltarifs) handelt. Voraussetzung ist aber, dass es sich nach den oben genannten Grundsätzen tatsächlich um eine Werklieferung handelt.

Zur Prüfungsreihenfolge bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung vgl. auch Rz. 44!

Das FG Baden-Württemberg hat entschieden, dass Mahl- und Mischdienste, die ein Unternehmer auf dem Hof von Landwirten mit einer mobilen Mühle zur Herstellung von Futter mit den von den Landwirten zur Verfügung gestellten Rohstoffen erbringt, als sonstige Leistungen dem allgemeinen Steuersatz unterliegen.[8]

Dagegen kommt nach einer Entscheidung des FG München der ermäßigte Steuersatz für die Gesamtleistung des Mahl- und Mischdienstes (in Form einer einheitlichen Werklieferung) zur Anwendung, wenn das Lieferelement der einheitlichen Leistung das Dienstleistungselement übersteigt. Dies sei dann der Fall, wenn bei der Mahl- und Mischtätigkeit wesensbestimmende Futtermittelzusätze beigefügt worden sind.[9]

Das FG Nürnberg hingegen hat bei einem Mahl- und Mischdienst zwei getrennte Leistungen gesehen. Wenn ein Unternehmer von Bauern bereitgestelltes Getreide mahle und mische und dabei nach Wunsch des Kunden von ihm selbst beschafftes Futteröl zur Nährstoffanreicherung und/oder Mineralfutter dazu gebe, würde der Mahl- und Mischdienst keine einheitliche Leistung, sondern zwei getrennte Leistungen erbringen. Von diesen Leistungen würde die Lieferung von Futteröl und/oder Mineralfutter dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.[10]

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