Rz. 551

Unter Nr. 35 der Anlage 2 des UStG fallen nur Milchmischgetränke aus Position 2202 des Zolltarifs, die mengenmäßig zu mindestens 75 % aus Milch oder Milcherzeugnissen bestehen, z. B. Milchgetränke mit Zusatz von Kakao (Kakaomilch) oder Fruchtsäften (Fruchttrunk), mit oder ohne Zusatz von Kohlensäure. Der Anteil von 75 % an Milch oder Milcherzeugnissen bezieht sich auf Masseanteile. Somit werden sowohl Erzeugnisse erfasst, die einen Masseanteil, als auch solche, die einen Volumenanteil von mindestens 75 % an Milch oder Milcherzeugnissen aufweisen.

In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion aus dem Jahr 2018 begründete die Bundesregierung die unterschiedliche Besteuerung von Milch und Milcherzeugnissen (7 %) einerseits sowie von Milchmischgetränken, die zu mehr als einem Viertel aus Fruchtsaft bestehen, und pflanzlichen Milchersatzprodukten wie Sojamilch (19 %) andererseits (vgl. Rz. 203).

 

Rz. 552

Hierzu gehören nicht

  1. andere nichtalkoholische Getränke der Position 2202 des Zolltarifs (z. B. Limonaden und Babykost-Getränke);
  2. Milchgetränke mit Zusatz von Alkohol (Position 2206 des Zolltarifs), und zwar auch dann, wenn der Alkohol lediglich eine Geschmackszugabe darstellt und mengenmäßig nicht ins Gewicht fällt. Somit sind Milchmischgetränke mit Zusatz von Alkohol (z. B. Irish Coffee) nicht begünstigt, gleichgültig wie hoch der Milchanteil ist;
  3. Getränke, die aus Soja, Reis oder Hafer hergestellt sind und als Milchersatz dienen. Nach Auffassung des FG Köln[1] ist der ermäßigte Steuersatz dagegen auch auf pflanzliche Milchersatzprodukte anzuwenden. Unter den Begriff "Milch" könne nicht nur Milch tierischen Ursprungs, sondern auch Milch pflanzlichen Ursprungs subsumiert werden. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG sei insoweit unter Berücksichtigung des Regelungsgehalts des Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i. V. m. Anhang H der 6. EG-Richtlinie dahin gehend auszulegen, dass auch pflanzliche Milchersatzprodukte vom Anwendungsbereich des ermäßigten Steuersatzes erfasst würden. Dagegen hat der BFH im Revisionsverfahren entschieden, dass sog. Milchersatzprodukte pflanzlichen Ursprungs keine Milch oder Milchmischgetränke i. S. d. Nr. 4 oder Nr. 35 der Anlage bzw. Anlage 2 des UStG sind.[2] Die Verwaltung wendet dieses BFH-Urteil ohne Übergangsregelung in allen noch offenen Fällen an.[3] Friedrich meint in seiner Urteilsanmerkung[4], die Entscheidung sei im Ergebnis zwar vertretbar, allerdings könne die Begründung des BFH teilweise nicht überzeugen. Der BFH hatte seine Entscheidung u. a. damit begründet, dass Expositionen (hier: aus Kap. 4 des Zolltarifs) grundsätzlich umsatzsteuerlich auszulegen seien. Falls die Anlage 2 des UStG aber Begriffe der Kombinierten Nomenklatur verwende, seien diese nach den Regeln der Kombinierten Nomenklatur auszulegen, weil es lediglich eine Frage der Gesetzestechnik ohne inhaltliche Auswirkung sei, ob das Gesetz ausdrücklich auf Unterpositionen der Kombinierten Nomenklatur verweise oder eine Exposition Warenbereiche aus der Position herausnehme. "Milch" und "Erzeugnisse" würden in Kap. 4 bzw. Position 2202 der Kombinierten Nomenklatur verwendet und seien daher zolltariflich auszulegen. Hierzu vertritt Friedrich eine andere Auffassung (Rz. 104).
 

Rz. 553

Als Milch oder Milcherzeugnisse gelten Vollmilch, Magermilch, Buttermilch, Molke, saure Milch, Kefir, Joghurt und andere durch ähnliche Verfahren fermentierte Milch.[5] Zu Position 2202 des Zolltarifs gehören jedoch nur Getränke, d. h. unmittelbar trinkbare Zubereitungen, auch gezuckert, mit Zusatz von Aromen (z. B. Vanille- oder Fruchtessenzen) oder fein zerkleinerten Früchten (z. B. Erdbeeren, Himbeeren, Mandeln).

 

Rz. 554

Ein trinkfertiges kakaohaltiges Getränk, das zu 14,5 % aus Kakao, 36,7 % Magermilchpulver, 45 % Zucker und einem Rest aus verschiedenen Zutaten besteht, ist der Position 2202 des Zolltarifs zuzuweisen. Da das mit dem Pulver durch Zusatz von Wasser hergestellte Milchmischgetränk, das als Kakaogetränk aus Automaten geliefert wird, weniger als 75 % Milch enthält, fällt es nicht unter Nr. 35 der Anlage 2 des UStG.[6] Das gilt auch dann, wenn sich der Automatenbenutzer das Getränk aus Kakaopulver mit heißem Wasser selbst herzustellen hat. Gegenstand der Lieferung ist auch in einem solchen Fall bei wirtschaftlicher Betrachtung das – nicht begünstigte – fertige Kakaogetränk.[7]

Die Abgabe von Kaffee zum Mitnehmen ("coffee-to-go") unterliegt als Getränkelieferung (Position 2202 des Zolltarifs) grundsätzlich dem allgemeinen Steuersatz. Werden jedoch Milchmischgetränke mit einem Milchanteil von mindestens 75 % abgegeben, ist der ermäßigte Steuersatz nach Nr. 35 der Anlage 2 des UStG anzuwenden. Dies kommt z. B. bei der Abgabe von Latte Macchiato oder von Milchkaffee (Café au Lait) in Betracht[8], aber auch bei der Abgabe von Cappuccino.

[3] OFD Rheinland v. 16.11.2007, Kurzinformation USt Nr. 16/2006, UR 2007, 203...

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