Rz. 535

Bei den bisherigen Steuersatzerhöhungen (zum 1.7.1968, 1.1.1978, 1.7.1979, 1.7.1983, 1.1.1993, 1.4.1998 und 1.1.2007), bei der Steuersatzsenkung im zweiten Halbjahr 2020 und der Wiedergeltung der bisherigen Steuersätze von 19 % bzw. 7 % ab dem 1.1.2021 sind für die Unternehmer der Versorgungswirtschaft zur Erleichterung ihrer Abrechnungen jeweils Übergangsregelungen getroffen worden, die auch für die Lieferungen von Wasser gelten.

 

Rz. 536

Unter die Steuerermäßigung fallen auch die Lieferungen von Warmwasser (Heißwasser). Das gilt auch für die Lieferungen von heißem Wasser aus einem Heißgetränkeautomaten, wenn dieser entweder mit Leitungswasser befüllt wird oder selbst an die Wasserleitung angeschlossen ist.[1] Diese Regelung führt zu einem unbefriedigenden Ergebnis, weil Abnehmer, die bezogenes Kaltwasser selbst aufheizen (z. B. mit Elektrizität, die dem allgemeinen Steuersatz unterliegt), eine höhere Umsatzsteuerbelastung zu tragen haben als diejenigen Abnehmer, die unmittelbar warmes Wasser beziehen. Dieses Ergebnis wird allerdings in Kauf genommen werden können, da sich eine gleichmäßige umsatzsteuerliche Belastung durch die Versagung der Steuerermäßigung für Warmwasser ebenfalls nicht erreichen ließe.

 

Rz. 537

Der ermäßigte Steuersatz gilt jedoch nicht für Wärmelieferungen, bei denen dem Abnehmer eine Verfügungsmacht über den Wärmeträger (Heißwasser oder Wasserdampf) nicht verschafft wird (z. B. Wärmelieferungen durch Fernheizwerke an private Haushalte). In solchen Fällen ist nicht das Heißwasser oder der Wasserdampf Liefergegenstand, sondern die Wärme, die ebenso wie andere Energiearten (z. B. Elektrizität oder Gas) dem allgemeinen Steuersatz unterliegt. Die Lieferung von Erdgas und Fernwärme unterliegt allerdings in der Zeit vom 1.10.2022 bis 31.3.2024 nach § 28 Abs. 5 und 6 UStG dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.[2]

 

Rz. 538

Die Lieferungen einschließlich der unentgeltlichen Wertabgaben und ab 1.1.1993 der innergemeinschaftliche Erwerb von Wasser werden ohne Rücksicht darauf ermäßigt besteuert, wer sie bewirkt. Öffentliche Wasserwerke gehören zu den Betrieben gewerblicher Art i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG. Ihre Umsätze unterliegen als Wettbewerbsleistungen i. S. d. § 2b UStG (§ 2 Abs. 3 UStG a. F.) der USt. Dagegen sind Abwasserentsorgungsbetriebe in aller Regel hoheitlich tätig und unterliegen deshalb nicht der USt.[3]

 

Rz. 539

Die Steuerermäßigung kann nur für Lieferungen (sowie für den Eigenverbrauch bzw. die unentgeltlichen Wertabgaben, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb) von Wasser in Anspruch genommen werden, nicht dagegen für sonstige Leistungen, die z. B. vorliegen, wenn Gebrauchswasser zu Kühlzwecken abgegeben wird, ohne dass dem Abnehmer die Verfügungsmacht über das Wasser verschafft wird.

 

Rz. 540

Nach allgemeinen umsatzsteuerlichen Grundsätzen unterliegen auch unselbstständige Nebenleistungen, die mit der Lieferung (einschließlich der unentgeltlichen Wertabgaben) von Wasser unmittelbar verbunden sind, dem ermäßigten Steuersatz (Rz. 111ff.).

Als unselbstständige Nebenleistung zur Wasserlieferung ist beispielsweise das Vermieten von Wassermessgeräten (sog. Wasseruhren) anzusehen, und zwar ohne Rücksicht auf die Berechnung des hierfür zu zahlenden Entgelts. Dies gilt unabhängig davon, ob für die Vermietung ein gesondertes Entgelt berechnet wird oder sich der Wasserbezugspreis erhöht. Deshalb unterliegt auch die neben den Wasserbezugsgebühren besonders berechnete Zählermiete dem ermäßigten Steuersatz. Das Gleiche gilt für die Vermietung von Standrohren.[4]

[1] OFD Hannover v. 20.6.2007, S 7222 – 27 – StO, UR 2007, 755, StEd 2007, 492.
[2] Art. 1 des Gesetzes zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz v. 19.10.2022, BGBl I 2022, 1743; siehe hierzu Rondorf, NWB 45/2022, 3154.

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