Rz. 38

Ebenso wie die Einbeziehung der wichtigsten Waren des Buchhandels und des graphischen Gewerbes hat die Einbeziehung der Kunstgegenstände und Sammlungsstücke in den ermäßigten Steuersatz kulturpolitische Gründe. Auch sie sollte Mehrbelastungen im Bereich des Kunsthandels, die eine Verlagerung der Geschäfte in das Ausland hätten befürchten lassen, vermeiden. Darüber hinaus sollten durch diese Steuerermäßigung gleiche Wettbewerbsverhältnisse zwischen dem Kunsthandel und den Künstlern geschaffen werden, die bis zum 31.12.1981 für die Lieferung von Kunstgegenständen im Rahmen ihrer freiberuflichen Tätigkeit den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG a. F. in Anspruch nehmen konnten.

Die Steuerermäßigungen für Kunstgegenstände und Sammlungsstücke sind mWv 1.1.2014 aufgrund zwingender Anpassung des UStG an Unionsrecht aufgrund Änderungen des § 12 Abs. 2 UStG durch Gesetz v. 26.6.2013[1] eingeschränkt worden. Die unionsrechtlich zulässigen verbleibenden Steuerermäßigungen für Kunstgegenstände und Sammlungsstücke ergeben sich mWv 1.1.2014 aus § 12 Abs. 2 Nr. 12 und 13 UStG (Rz. 11, Rz. 647, Rz. 761, Rz. 791). Allerdings will sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für die umfassende ermäßigte Umsatzbesteuerung im Handel mit Kunstgegenständen einsetzen, um so in Deutschland die Rückkehr zum ermäßigten Steuersatz zu ermöglichen.[2]

Aus einer aufgrund der EU-Richtlinie vom 5.4.2022[3] möglichen anderweitigen ermäßigten Besteuerung von Kunstgegenständen und Sammlungsstücken hat die Bundesregierung bislang allerdings noch keine Konsequenzen gezogen. Laut Frage 16b einer Kleinen Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion an die Bundesregierung mit dem Titel "Neue Handlungsspielräume bei Umsatzsteuersätzen" (§ 12 UStG Rz. 106m) sollte sich die Bundesregierung unter anderem dazu äußern, ob sie sich auf europäischer Ebene aktiv für die umfassende ermäßigte Umsatzbesteuerung im Kunsthandel einsetze und wenn ja, in welcher Form. Die Bundesregierung antwortete, sie habe sich in den Verhandlungen zur EU-Richtlinie v. 5.4.2022 (a. a. O.) erfolgreich dafür eingesetzt, dass ab 1.1.2025 im gewerblichen Kunsthandel der ermäßigte USt-Satz anwendbar sei. Eine Entscheidung der Bundesregierung für eine entsprechende Gesetzesinitiative erfolge zu gegebener Zeit.[4]

 

Rz. 39

Ab 1.1.1995 können Wiederverkäufer von Kunstgegenständen und Sammlungsstücken (z. B. Kunst- oder Antiquitätenhändler, Galeristen usw.) von der sog. Differenzbesteuerung Gebrauch machen.[5] In diesem Fall ist der allgemeine Steuersatz anzuwenden (§ 12 Abs. 1 UStG Rz. 6). Die Steuerermäßigungen für Kunstgegenstände und Sammlungsstücke (Nr. 49 Buchst. f, 53 und 54 der Anlage 2 des UStG) waren ab diesem Zeitpunkt unionsrechtlich nicht mehr zulässig. Gleichwohl wurden diese Steuerermäßigungen aber zunächst beibehalten. Erst mWv 1.1.2014 ist die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Kunstgegenstände und Sammlungsstücke aufgrund Gesetz v. 26.6.2013[6] nur noch unter den unionsrechtlich zulässigen Voraussetzungen möglich (§ 12 UStG Rz. 111).

[1] Art. 10 Nr. 5 des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes v. 26.6.2013, BGBl I 2013, 1809, BStBl I 2013, 802.
[2] Antwort der Bundesregierung v. 2.4.2019 zu der Frage 10 einer Kleinen Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion, BT-Drs. 19/8886, 4.
[3] Richtlinie (EU) 2022/542 des Rates v. 5.4.2022 zur Änderung der Richtlinien 2006/112/EG und (EU) 2020/285 in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze. ABl EU 2022 Nr. L 107, 1.
[4] Antwort der Bundesregierung v. 15.7.2022 auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, BT-Drs. 20/2833; siehe hierzu Widmann, UR 2022, 681.
[5] § 25a UStG in der ab 1.1.1995 geltenden Fassung.
[6] Art. 10 Nr. 5 des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes v. 26.6.2013, BGBl I 2013, 1809, BStBl I 2013, 802.

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