Rz. 1

Im Abschn. 3 des UStG "Bemessungsgrundlagen" stellt § 11 UStG eine Sonderregelung für die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) dar, nämlich für die Bemessung der EUSt bei der Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet im Inland, die in § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG einen eigenen selbstständigen Steuertatbestand darstellt. Die Bemessungsgrundlage für die übrigen steuerbaren Umsätze, nämlich der Lieferung und sonstigen Leistung sowie des innergemeinschaftlichen Erwerbs, ist in § 10 UStG geregelt. Die Sonderregelung des § 11 UStG für die einfuhrsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage entspricht der Sonderstellung der EUSt innerhalb des UStG, insbesondere §§ 5 und 21 UStG.

 

Rz. 2

Die EUSt, die im Gegensatz zu den übrigen Umsatzsteuertatbeständen Verbrauchsteuer (§ 21 Abs. 1 UStG) und Einfuhrabgabe (§ 1 Abs. 1 S. 3 Zollverwaltungsgesetz – ZVG –) ist, wird anlässlich der Überführung von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet in den freien Verkehr des Inlands erhoben und knüpft hinsichtlich ihrer Entstehung an den tatsächlichen Vorgang der Einfuhr im Inland an (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG Rz. 1b, 51ff.).[1] Im Gegensatz zur inländischen USt ist sie vom Einführer, nicht vom Unternehmer i. S. v. § 2 UStG zu entrichten. Der EUSt unterliegen nicht sonstige Leistungen, auch wenn sie mit den eingeführten Gegenständen verbunden sind (z. B. Miete), jedoch die mit den Leistungen verbundenen Gegenstände, ohne Rücksicht auf die Gründe, die zu deren Einfuhr führen (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG Rz. 56ff.; § 11 UStG Rz. 20ff.). Der Tatbestand der EUSt ist auch erfüllt, wenn die Gegenstände aufgrund einer unentgeltlichen Lieferung oder sonstigen Leistung (z. B. unentgeltliche Ersatzteillieferung, Überlassung) oder ohne Lieferung oder sonstige Leistung (z. B. Rückwaren, Schenkung) eingeführt werden.

 

Rz. 3

Sinn und Zweck der EUSt ist es, eingeführte Gegenstände umsatzsteuerlich mit den inländischen Gegenständen, die mit der inländischen USt belastet sind, gleichzustellen; daher die frühere Bezeichnung "Ausgleichsteuer" in § 1 Nr. 3 UStG 1951. Um den Steuerausgleich zu erzielen, ist es erforderlich, die Bemessungsgrundlage für die EUSt-Erhebung hinsichtlich ihrer steuerlichen Auswirkung der inländischen USt gleichzustellen. Dies entspricht dem Grundsatz des Diskriminierungsverbots, nämlich der Inländerbehandlung nach Art. III des GATT und Art. 110 AEU (Vertrag über die Arbeitsweise der EU, ABl Nr. L 115/47 v. 9.5.2008), wonach eingeführte Waren weder unmittelbar noch mittelbar höhere inländische Abgaben tragen dürfen als inländische Waren und umgekehrt. Eine gleichmäßige Bemessungsgrundlage, verbunden mit den entsprechenden Vorschriften über den Steuersatz und die Steuerbefreiungen, gewährleistet, dass eingeführte und inländische Gegenstände umsatzsteuerlich gleich hoch belastet sind und damit Wettbewerbsvorteile oder -nachteile aufgrund der Umsatzbesteuerung vermieden werden (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG Rz. 15ff.). Protektionistische Absichten und Wirkungen, wie sie den Zöllen eigen sind, widersprechen Sinn und Zweck des umsatzsteuerlichen Grenzausgleichs (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG Rz. 10ff).[2]

 

Rz. 4

Bei der Einführung der Umsatzbesteuerung der Einfuhr durch die damalige Umsatzausgleichsteuer (ASt) aufgrund der Neufassung des UStG v. 30.1.1932 (RGBl I 1932, 39) war Bemessungsgrundlage der ASt der Erwerbspreis des Einführers (§ 6 Abs. 1 UStG 1932; § 8 AStO v. 30.1.1932, RGBl I 1932, 49). Der Erwerbspreis entsprach dem Entgelt nach § 10 Abs. 1 UStG und umfasste alles, was der Einführer aufwenden musste, um die eingeführte Ware zu erhalten. Zum Erwerbspreis waren – soweit noch nicht in ihm enthalten – hinzuzurechnen die bis zur Einfuhr entstandenen Beförderungs-, Versicherungs- und Verpackungskosten sowie die Kosten für die Vermittlung der Lieferung und der Beförderung. War ein Erwerbspreis nicht vorhanden (Miete, unentgeltliche Lieferung), wurde als Bemessungsgrundlage der ASt der eingeführten Waren der Preis zugrunde gelegt, den ein Wiederverkäufer am Ort und zzt. der Steuerschuldentstehung für den Erwerb ähnlicher Waren aufwenden musste. Dies war der sog. Großhandelspreis; dabei spielte es keine Rolle, ob der Einführer tatsächlich die Handelsstufe eines Großhändlers einnahm oder ob er gar nur Verbraucher war.

 

Rz. 5

Auf Vorschriften über Zölle konnte bei der Einführung der ASt nicht zurückgegriffen werden, weil der Wertzoll erst durch das Zolltarifgesetz v. 16.8.1951 (BGBl 1951, 527) eingeführt wurde. Zwar gab es auch schon im Zollgesetz 1939, das das Vereinszollgesetz ablöste, Wertzölle. Da aber nur wenige Zolltarifpositionen auf den Wert der Waren abhoben, wurde insoweit der Wertbegriff des UStG 1932 und der AStO 1932 in das ZG 1939 übernommen. Entsprechend lehnte sich § 53 ZG 1939 an die Bemessungsgrundlage der ASt in § 4 AStO 1939 an. Die umsatzsteuerlichen Bewertungsvorschriften waren – im Gegensatz zu heute – maßgebend für die Zollvorschriften über den Zollwert.[3]

 

Rz. 6

Aus Zweckmäßigkeits- und Vereinfachungsgründen galten fortan für ASt und Zoll die gleichen B...

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