Rz. 528

Nach § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 UStG findet die Mindestbemessungsgrundlage Anwendung, wenn eine Körperschaft oder Personenvereinigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1Nr. 5 KStG, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder, Teilhaber oder diesen nahestehende Personen eine verbilligte Leistung ausführt. Damit müssen sowohl auf der Seite des leistenden Unternehmers als auch auf der Seite des Leistungsempfängers die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 UStG gegeben sein. Die Aufzählung der leistenden Körperschaften und Personenvereinigungen entspricht vom Inhalt her den bis zum 31.3.1999 in § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG a. F. aufgeführten Körperschaften und Vereinigungen[1] sowie auch dem sich aus Art. 80 MwStSystRL ableitbaren Anwendungsrahmen.

 

Rz. 528a

Leistungsempfänger der Leistung der Körperschaft bzw. der Personenvereinigung muss ein Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglied oder Teilhaber sein, das bedeutet, dass der Leistungsempfänger auf rechtlicher Ebene in einem eigentümerähnlichen Verhältnis stehen muss. Nicht erforderlich ist es nach dem Gesetzeswortlaut, dass es sich bei dem Anteilseigner, Gesellschafter usw. um eine Person mit Einfluss auf die Körperschaft oder Personenvereinigung handeln muss. Es ist also ausreichend, dass überhaupt ein solches Rechtsverhältnis besteht. Fraglich kann sein, ob es dem Regelungszweck des § 10 Abs. 5 UStG entspricht – hier insbesondere der Vermeidung von Steuerhinterziehung bzw. Steuerumgehung – wenn unterschiedslos alle Anteilseigner und Gesellschafter unabhängig ihres Einflusses auf die Gesellschaft der Mindestbemessungsgrundlage unterworfen werden sollen. Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung setzt immer auch planmäßiges, zielgerichtetes Verhalten voraus. Bei Leistungen gegenüber einem Minderheitsgesellschafter, der über keinen Einfluss auf die Geschäfte der Gesellschaft verfügt, wird kaum ein Interesse bestehen, diesem einen derartigen Vorteil zuzuwenden. Insoweit wird es sich bei dieser Frage auch eher um ein theoretisches, als den um ein praktisches Problem handeln, da in den Fällen der Leistung gegenüber einem Minderheitsgesellschafter dieser wahrscheinlich ein marktübliches Entgelt aufwenden muss, sodass in diesem Fall die Mindestbemessungsgrundlage grundsätzlich nicht zur Anwendung kommen kann.

 

Rz. 529

Bei der Frage, ob eine Mindestbemessungsgrundlage anzusetzen ist, muss zuvor besonders sorgfältig geprüft werden, ob es sich überhaupt um einen Leistungsaustausch aus dem unternehmerischen Bereich der Vereinigung usw. handelt. Das gilt z. B. für die GmbH, deren Mehrheitsgesellschafter eine Kommune oder eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft ist, wenn die GmbH Erschließungsleistungen an die Kommune erbringt und von dieser Zuschüsse mit Entgeltscharakter erhält.[2]

Das gilt insbesondere für Vereine, die entweder nicht Unternehmer sind oder die sowohl einen nichtunternehmerischen als auch einen unternehmerischen Bereich haben.[3] Ob eine Leistung des Vereins aus dem unternehmerischen Bereich kommt, ist zwar auch zu prüfen, wenn kein Entgelt berechnet wird. Ausnahmsweise kann also vom Verein gegenüber seinem Mitglied eine unentgeltliche oder aber durch einen Teil des Mitgliedsbeitrags abgedeckte entgeltliche Leistung erbracht werden.[4] Der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung haben allerdings die Rechtsprechung des EuGH und des BFH[5] bisher nicht aufgegriffen oder durch Regelungen umgesetzt, sondern halten an ihrer jahrzehntelangen Auffassung fest, dass grundsätzlich Mitgliedsbeiträge keine Entgelte in einem Leistungsaustausch sind.[6] Soweit dem Mitglied durch diesen (Mitglieds-)Beitrag ein verbrauchsfähiger Vorteil gewährt wird, muss aber nach unionsrechtlichen Grundsätzen von einem entgeltlichen und steuerbaren Umsatz ausgegangen werden. Bei Zuschüssen etwa aus öffentlich-rechtlichen Kassen ist zudem ein zusätzliches Entgelt eines Dritten gem. § 10 Abs. 1 UStG[7] anzunehmen. Zu beachten ist im Zusammenhang mit Zahlungen an einen Sportverein, dass nach der Rechtsprechung des EuGH[8] eine unmittelbare Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL nicht möglich ist, da die Regelung nicht unbedingt und hinreichend genau ist, sodass Zahlungen an Sportvereine, die über die bisher als nicht steuerbare Mitgliedsbeiträge hinausgehenden Beträge mit Ausnahme der in § 4 Nr. 22 UStG erfassten Umsätze steuerpflichtig sind. Damit kann es auch zur Berücksichtigung der Mindestbemessungsgrundlage kommen. Zum tatsächlichen Ansatz der Mindestbemessungsgrundlage bei Vereinen vgl. Rz. 539k u. 539l.

[1] § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG (sog. Gesellschafterverbrauch) wurde im Rahmen der Reform der Eigenverbrauchsbesteuerung zum 1.4.1999 aufgehoben.
[3] So die bisher h. M.; vgl. dazu BFH v. 20.12.1984, V R 25/76, BStBl II 1985, 176 mit Darstellung der unterschiedlichen Auffassungen; anders aber auch EuGH v. 21.3.2002, C-174/00, Kennemer Golf & Country Club; ...

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