Entgeltliche Überlassung

 

Rz. 511

Die Überlassung von Personenkraftwagen an das Personal für dessen privaten Bedarf ist nach der Auffassung der Finanzverwaltung[1] regelmäßig als entgeltliche Leistung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG anzusehen.[2] Der Arbeitnehmer soll üblicherweise auch dann einen Teil seiner Arbeitsleistung für die Überlassung des Pkw erbringen, wenn es keine arbeitsvertragliche Regelung oder auch nur mündliche Absprache hierfür gibt.[3] Nur ausnahmsweise, insbesondere bei seltenen, gelegentlichen Gebrauchsüberlassungen soll Unentgeltlichkeit bestehen können.

 

Rz. 512

Das Finanzgericht des Saarlands[4] hatte allerdings Zweifel, ob die Überlassung eines Fahrzeugs an einen Arbeitnehmer eine entgeltliche Leistung ist und hatte deshalb den EuGH angerufen. Der EuGH[5] hat in seiner Entscheidung festgestellt, dass bei der Überlassung des Fahrzeugs an das Personal nicht generell von einer langfristigen Vermietung eines Beförderungsmittels ausgegangen werden kann. Wird ein Fahrzeug ohne eine Zusatzvereinbarung überlassen, aus der sich eine unmittelbare oder mittelbare Gegenleistung ergibt, liegt keine (entgeltliche) Vermietung vor, die Überlassung vollzieht sich dann im Rahmen einer unentgeltlichen Leistung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG. Liegt eine Zusatzvereinbarung zwischen dem Unternehmer und seinem Personal vor (z. B. über einen Gehaltsverzicht, Gehaltsumwandlung oder eine Zahlung einer Benutzungsgebühr), ist von einem entgeltlichen Umsatz auszugehen. Grundsätzlich ist die geleistete Arbeitskraft nicht generell als "Gegenleistung" anzusehen. Der im Ertragsteuerrecht verwendete Begriff des "geldwerten Vorteils" führt umsatzsteuerrechtlich nicht automatisch zu einem entgeltlichen Vorgang. Eine "Vermietung" i. S. d. Umsatzsteuerrechts kann nach eindeutiger Aussage des EuGH nur dann vorliegen, wenn ein tatsächlich entgeltlicher Umsatz vorliegt, eine "unentgeltliche Vermietung" ist nicht möglich.

Nachdem das FG des Saarlands[6] daraufhin festgestellt hatte, dass in der Arbeitsleistung des Personals kein Entgelt für die Fahrzeugüberlassung zu sehen ist, hatte der BFH[7] in der Revisionsentscheidung das Urteil des FG des Saarlands aufgehoben und in der Überlassung des Fahrzeugs an das Personal (in dem vorliegenden Fall) doch eine Leistung gegen Entgelt gesehen (als tauschähnlichen Umsatz i. S. d. § 3 Abs. 12 S. 2 UStG).

 

Rz. 513

Wird ein Fahrzeug dem Personal aufgrund einer individuellen arbeitsvertraglichen Regelung auch zur privaten Nutzung überlassen, ist nach der Entscheidung des BFH ein entgeltlicher Leistungsaustausch (tauschähnlicher Umsatz) gegeben. Die Gegenleistung muss nicht in der tatsächlichen Zahlung in Geld bestehen, es kann auch eine Gegenleistung im Rahmen einer Sachleistung vorliegen. Wenn die Überlassung danach entgeltlich ist, bestimmt sich der Ort der sonstigen Leistung bei der Überlassung an das Personal (= "Nichtunternehmer") nach § 3a Abs. 3 Nr. 2 S. 3 UStG nach dem Ort, an dem der Leistungsempfänger ansässig ist. Die Bemessungsgrundlage richtet sich nach § 10 Abs. 2 S. 2 UStG nach dem Wert der Gegenleistung. Grundsätzlich wäre die Bemessungsgrundlage nach den entstandenen Kosten zu ermitteln.[8] Auf die Vorsteuerabzugsberechtigung kommt es nicht an, sodass auch Kosten mit einzubeziehen sind, die den Vorsteuerabzug nicht zugelassen haben (z. B. Kfz-Steuer, Versicherung); die Anschaffungskosten sind über den ertragsteuerlichen Abschreibungszeitraum zu verteilen[9]. Im Rahmen einer erleichterten Ermittlung der Bemessungsgrundlage wird es aber vom BFH[10] auch nicht beanstandet, wenn die Bemessungsgrundlage ausgehend von den lohnsteuerrechtlichen Werten ermittelt wird ("1 %-Regelung")[11]; vgl. dazu auch Rz. 514.

 

Rz. 514

Die Finanzverwaltung war auch schon vor der Entscheidung von EuGH und BFH regelmäßig von einer entgeltlichen Überlassung in der Form eines tauschähnlichen Umsatzes (§ 3 Abs. 12 S. 2 UStG) ausgegangen. Das Entgelt, also die Bemessungsgrundlage der sonstigen Leistung, ist nach § 10 Abs. 2 S. 2 der Wert der Gegenleistung. Das ist der Wert der nicht durch den Barlohn abgegoltenen Arbeitsleistung. Da dieser Wert kaum zu errechnen ist, muss er geschätzt werden. Nach dem BMF[12] ist der Wert anhand der Gesamtkosten des Arbeitgebers für die Überlassung des Fahrzeugs zu schätzen. Ein Ausscheiden von Kosten, bei denen ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist, hat allerdings zu unterbleiben, da die entgeltliche sonstige Leistung nicht unter Art. 26 Abs. 1 MwStSystRL, sondern unter Art. 24 Abs. 1 MwStSystRL fällt. Der so geschätzte Wert soll ein Netto-Wert sein. Bei einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über ein höheres Entgelt ist dieses anzusetzen.

Es kann danach aber auch aus Vereinfachungsgründen von den lohnsteuerlichen Werten anstelle von den Kosten ausgegangen werden. Wird der lohnsteuerliche Wert der entgeltlichen Fahrzeugüberlassung für Privatfahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem vom Listenpreis abgeleiteten Pauschalwert angesetz...

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