Rz. 41

Echte Schadensersatzleistungen sind kein Entgelt für eine Lieferung oder sonstige Leistung. Soweit Schadensersatz geleistet wird, fehlt ein Leistungsaustausch; denn Schadensersatz wird nicht geleistet im Hinblick auf eine Lieferung oder sonstige Leistung, sondern weil der Schädiger nach Vertrag oder Gesetz für einen Schaden einzustehen hat. Es ist daher im Einzelfall immer genau zu ermitteln, ob ein echter Schadensersatz oder ein unechter Schadensersatz, also ein Entgelt gegeben ist.[1] Diese Unterscheidung zwischen echtem und unechtem Schadensersatz zieht sich wie ein roter Faden durch die BFH-Rechtsprechung.[2]. Eine abschließende Rspr. mit herausgearbeiteten Abgrenzungskriterien existiert allerdings bisher nicht.[3] Allerdings hat der BFH mehrfach Einzelkriterien für die Entscheidung zusammengestellt und dann auf den jeweiligen Einzelfall angewendet.[4] Die Abgrenzung zwischen echtem und unechtem Schadensersatz ist in jedem Fall ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerlichen Maßstäben zu beurteilen.[5]

Schadensersatzzahlungen oder Entschädigungen sind dann kein Entgelt, wenn sie nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung getätigt werden, sondern weil der Zahlende kraft Gesetzes oder Vertrags für einen Schaden einzustehen hat. Ist die Zahlung einer "Entschädigung" allerdings derart mit einer zu erbringenden Leistung verknüpft, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung richtet, ist für die Abgrenzung das zugrunde liegende Rechtsgeschäft maßgebend.[6] Bei gegenseitigen Verträgen als Grundlage der Entschädigungsfolge sollen nach Auffassung des BFH[7] die Voraussetzungen eines Leistungsaustausches regelmäßig erfüllt sein.

 

Rz. 42

Besonders im Zusammenhang mit Lieferungen und sonstigen Leistungen, die gegen Entgelt erbracht werden, tauchen Schadensersatzansprüche auf, die nur schwer abgrenzbar sind. Bei der Abgrenzung ist im Übrigen bedeutungslos, ob die Parteien die Bezeichnung Schadensersatz verwenden oder nicht.[8] Maßgebend ist es auch nicht, ob zivilrechtlich eine objektive oder subjektive Unmöglichkeit der ursprünglich geschuldeten Leistung anzunehmen ist.[9] Allerdings sind derzeit zur Frage der Behandlung der während der Corona-Pandemie weiterbezahlten Mitgliedsbeiträge in Fitnessstudios und deren umsatzsteuerrechtlicher Behandlung Revisionsverfahren beim BFH[10] anhängig. Zumindest das FG Hamburg[11] hatte teilweise eine Steuerbarkeit der in der Zeit des "Lockdown" weiterbezahlten Mitgliedsbeiträge wegen Unmöglichkeit nach § 275 BGB verneint. Erfüllt ein Geschäftspartner seine Verpflichtung aus einem Vertrag nicht und kann der andere Geschäftspartner nach dem Vertrag Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, ist dieser kein Entgelt für eine Leistung.[12] Allerdings ist eine auf Nichterfüllung gestützte Schadensersatzforderung, soweit mit ihr als Schaden die infolge des Schadensersatzverlangens untergegangene Vergütungsforderung für tatsächlich erbrachte Leistungen verfolgt wird, umsatzsteuerrechtlich der auf die steuerbare Leistung zu stützenden Vergütungsforderung gleich zu erachten und stellt damit regelmäßig selbst einen steuerbaren Umsatz dar.[13] Das ist aber nicht der Fall bei Zahlung eines im Leasingvertrag vereinbarten nachträglichen Minderwertausgleichs für den Fall eines durch nicht vertragsmäßige Nutzung verursachten Schadens am Leasingfahrzeug.[14] Das kann ebenso bei einer außerordentlichen Kündigung eines Leasingvertrags wegen Verschuldens des Leasingnehmers anders sein, sodass die Entschädigungsleistungen kein Entgelt in einem Leistungsaustausch sind, sondern Schadensersatz.[15] Umsatzsteuerlich macht es also keinen Unterschied, ob der Besteller eines Werks, das sich als mangelhaft erweist, das Werk behält und statt der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung gem. § 634 (früher § 635) BGB verlangt.[16] Allerdings hat der BFH in dem entgeltlichen Verzicht auf die Ausübung einer auf bestimmte Dauer angelegten Beratertätigkeit eines Rechtsanwalts eine sonstige Leistung gesehen.[17] Die Voraussetzungen eines entgeltlichen Leistungsaustausches sind dann gegeben, wenn ein Steuerpflichtiger auf eine ihm gesetzlich oder vertraglich zustehende Position gegen Entgelt ("Aufgabe eines Rechts gegen Zahlung") verzichtet.[18]

Eine Entschädigung, die der Leistende einer Dauerleistung (z. B. Vermieter) aufgrund einer Vereinbarung an den Leistungsempfänger für die vorzeitige Beendigung des Dauervertragsverhältnisses leistet, ist ein Leistungsentgelt.[19] Dementsprechend erfasst der Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze sowohl die Erfüllungsleistungen als auch die Abfindung für die Aufgabe von Rechten aus dem Mietvertrag.[20] Der BFH[21] hat zu dieser Rechtsfrage festgestellt, dass die Voraussetzungen für einen entgeltlichen Leistungsaustausch vorliegen, wenn ein Vermieter bei vorzeitiger Auflösung eines langfristigen Mietvertrags im Interesse des Mieters auf seine ihm zustehende vertragliche Rechtsposition gegen Zahlung einer Abfindung ...

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