Rz. 336

Realisiert ein Unternehmer einen steuerbaren innergemeinschaftlichen Erwerb[1], der auch keiner Steuerbefreiung nach § 4b UStG unterliegt, sind die Verbrauchsteuern, die nicht bereits im Entgelt enthalten sind und die vom Erwerber geschuldet oder entrichtet werden, zusätzlich zum Entgelt in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, § 10 Abs. 1 S. 3 UStG[2]. Grundlage hierfür sind Art. 83 und Art. 84 MwStSystRL. Die Verbrauchsteuern gehören zu dem, was der Erwerber für den Erwerb insgesamt aufwendet, und sollen daher auch der USt im Bestimmungsland unterworfen werden. Unter diese Regelung fallen alle Verbrauchsteuern, also nicht nur diejenigen, deren Waren in § 1a Abs. 5 UStG aufgeführt sind, also nicht nur für Mineralöle, Alkohol und alkoholische Getränke sowie Tabakwaren, sondern z. B. auch für Kaffee und Bier. Der EuGH hat sogar die in Portugal erhobene Kfz-Zulassungsteuer hierunter fallen lassen.[3]

 
Praxis-Beispiel

Verbrauchsteuer als Bestandteil der Bemessungsgrundlage

Getränkegroßhändler G importiert aus Italien Schaumwein. Gemäß der Rechnung über die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung überweist G an seinen Lieferanten 10.000 EUR. An die zuständige Zollverwaltung zahlt G 680 EUR an Schaumweinsteuer nach § 2 SchaumwZwStG.[4] Die Bemessungsgrundlage für den steuerbaren und steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb des G beträgt nach § 10 Abs. 1 S. 2 und S. 3 UStG 10.680 EUR. Bei 19 % Regelsteuersatz entsteht eine Erwerbsteuer von 2.029,20 EUR. Unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG kann G die Erwerbsteuer als Vorsteuer abziehen.[5]

Im Einzelfall kann auch die in einem anderen Mitgliedstaat gezahlte USt mit zu der Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb zählen, wenn z. B. ein inländischer Landwirt Betriebsmittel für seinen Betrieb in einem anderen Mitgliedstaat erwirbt, die dort gezahlte USt sich dort nicht erstatten lässt, sodass die USt zur Bemessungsgrundlage des innergemeinschaftlichen Erwerbs zu zählen ist.[6] In diesem Fall handelt es sich allerdings nicht um eine direkte Zurechnung nach § 10 Abs. 1 S. 3 UStG, da es sich nicht um eine "vom Erwerber geschuldete Verbrauchsteuer" handelt, sondern ein Bestandteil des direkt an den Veräußerer entrichteten Kaufpreises ist.

[2] Bis 31.12.2018: § 10 Abs. 1 S. 4 UStG.
[3] EuGH v. 28.7.2011, C-106/10, Lidl & Companhia, BFH/NV 2011, 1643.
[4] Nach § 2 Abs. 1 SchaumwZwStG (Gesetz zur Besteuerung von Schaumwein und Zwischenerzeugnissen v. 15.7.2009, BGBl I 2009, 1896) entstehen pro 100 Liter Schaumwein 136 EUR Schaumweinsteuer (soweit nicht weniger als 6 Volumenprozent). Ausgegangen wird hier von 500 Liter Schaumwein.
[5] Hätte G den Schaumwein zu vergleichbaren Konditionen bei einem inländischen Produzenten erworben, hätte dieser ebenfalls netto 10.680 EUR zuzüglich 19 % USt berechnet, da bei ihm die Schaumweinsteuer als Kostenfaktor entstanden wäre.
[6] S. FG Saarland v. 9.5.2011, 1 K 1609/08, Haufe-Index 2721524, EFG 2011, 2209.

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