Rz. 519

Durch das Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetz[1] wurde mWv 1.1.1993 § 1 Abs. 2a UStG eingeführt, da eine territoriale Begriffsbestimmung für den Europäischen Binnenmarkt notwendig war. Durch Einführung der damals als Übergangsregelung ausgestalteten Vorschriften zur Umsetzung des Bestimmungslandprinzips bei Warenlieferungen im Binnenmarkt war eine systematische Trennung des bisher verwendeten Begriffs des "Auslands" in die Unterbegriffe "übriges Gemeinschaftsgebiet" und "Drittlandsgebiet" notwendig. In diesem Zusammenhang wurde auch eine Definition des "Gemeinschaftsgebiets" mit eingeführt.

 

Rz. 520

Die Definition des Gemeinschaftsgebiets hat seit Einführung zum 1.1.1993 redaktionelle Änderungen erfahren, ohne dass sich dadurch inhaltliche Änderungen ergeben haben. Nach der derzeit (Juli 2023) gültigen Definition ist das Gemeinschaftsgebiet i. S. d. Gesetzes das "Inland i. S. d. Absatzes 2 S. 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsgebiet als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten". Zum 30.6.2013[2] wurde der bisher in dieser Definition verwendete Begriff der EG durch den Begriff der Europäischen Union ersetzt. Durch diese Änderung in "Europäische Union" wurde berücksichtigt, dass nach den Art. 1 und Art. 13 EUV[3] die Europäische Union als Rechtsnachfolgerin an die Stelle der EG getreten ist. Vom 1.1.1993 bis 31.12.1994 war der Begriff der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft verwendet worden; durch das Gesetz zur Änderung des UStG und anderer Gesetze[4] wurde die gemeinschaftlich vollzogene Namensänderung durch den Maastricht-Vertrag[5] national umgesetzt.

 

Rz. 521

Auch schon vor dem 1.1.1993 – vor Inkrafttreten des § 1 Abs. 2a UStG – wurde im UStG der Begriff "Mitgliedstaat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft" verwendet, ohne dass hier eine nationale Definition vorhanden war.

 

Rz. 522

Die Regelung des § 1 Abs. 2a UStG setzt Art. 5ff. MwStSystRL[6] in nationales Recht um. Neben dem Inland (Rz. 485) gehören zum Gemeinschaftsgebiet die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Unionsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten. In Art. 6 MwStSystRL wird unionsrechtlich vorgegeben, welche Gebiete, die zum Zollgebiet der Union gehören (Art. 6 Abs. 1 MwStSystRL) bzw. die nicht Teil des Zollgebiets (Art. 6 Abs. 2 MwStSystRL) und vom Anwendungsbereich der MwStSystRL ausgenommen sind.

 

Rz. 523

Gebiete, die nicht zum Gemeinschaftsgebiet gehören, aber Teil des Zollgebiets der Union darstellen (Art. 6 Abs. 1 MwStSystRL), sind:

  • Berg Athos;
  • Kanarische Inseln;
  • französische überseeische Departements;
  • Åland-Inseln;
  • (Kanalinseln – bis zum Vollzug des Austritts des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union zum 1.1.2021).
 

Rz. 524

Gebiete, die nicht zum Gemeinschaftsgebiet gehören und die auch nicht Teil des Zollgebiets der Union darstellen (Art. 6 Abs. 2 MwStSystRL), sind:

  • Insel Helgoland;
  • Gebiet von Büsingen;
  • Ceuta;
  • Melilla;
  • Livigno;
  • Campione d’Italia;
  • der zum italienischen Gebiet gehörende Teil des Luganer Sees.
 

Rz. 525

Die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Unionsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten, stellen das übrige Gemeinschaftsgebiet dar. Zum übrigen Gemeinschaftsgebiet gehören damit unionsrechtlich:

  • Königreich Belgien (Gründungsmitglied); zum Gemeinschaftsgebiet gehört das gesamte belgische Hoheitsgebiet; unionsrechtliche Sondergebiete bestehen nicht.
  • Republik Bulgarien (Beitritt am 1.1.2007); zum Gemeinschaftsgebiet gehört das gesamte bulgarische Hoheitsgebiet; unionsrechtliche Sondergebiete bestehen nicht. Zum Gemeinschaftsgebiet gehören auch die nach bulgarischem Recht anerkannten Freizonen (Free Zone Bourgas Plc; Free Zone Plovdiv Plc; Free Zone Rousse Plc).[7]
  • Königreich Dänemark (Beitritt am 1.1.1973); zum Gemeinschaftsgebiet gehört das dänische Hoheitsgebiet. Nicht zum dänischen Inland und nicht zum Gemeinschaftsgebiet gehören die autonomen Gebiete der Färöer Inseln[8], die weder Mitglied der Europäischen Union noch Zollgebiet der Union darstellen. Ebenfalls nicht zum Gemeinschaftsgebiet gehört das seit 1979 autonome Gebiet von Grönland.[9] Grönland gehörte ursprünglich zum Gemeinschaftsgebiet, mit Volksabstimmung v. 23.2.1982 wurde aber – vorrangig aus fischereirechtlichen Gründen – der Austritt aus der damaligen EG beschlossen; die Regelung trat für Deutschland zum 1.2.1985 in Kraft.[10] Aus diesem Grund braucht Grönland in Art. 6 MwStSystRL[11] nicht als Sondergebiet vom Anwendungsbereich des Unionsrechts ausgenommen werden. Grönland hat seit dem Austritt den Status eines assoziierten überseeischen Gebiets.[12] Zum Gemeinschaftsgebiet gehört auch der in Dänemark als Freizone anerkannte Freihafen "Toldekspedition Frihavnen".[13]
  • Republik Estland (Beitritt am 1.5.2004); zum Gemeinschaftsgebiet gehört das gesamte estnische Hoheitsgebiet. Zum Gemeinschaftsgebiet gehören auch die nach estnischem Recht anerkannten Freizonen (Muuga Free Zone; S...

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