Rz. 448

Voraussetzung für die nicht steuerbare Geschäftsveräußerung ist, dass der Erwerber das Unternehmen als Unternehmer fortführen muss; der Erwerber muss zumindest die Absicht haben, das Unternehmen fortzuführen und darf es nicht gleich abwickeln wollen.[1] Führt der Erwerber das Unternehmen nicht fort, muss zur Vermeidung eines unbesteuerten Letztverbrauchs die Übertragung des Unternehmens oder des gesondert geführten Betriebs der Besteuerung unterliegen. Entweder führt dies dann zu steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätzen (soweit die Übereignung im Inland erfolgt und keine Steuerbefreiung einschlägig ist) oder es kommen Steuerbefreiungen zur Anwendung (z. B. bei der Übertragung einer Immobilie), die dann in der Konsequenz zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führen kann. Seit dem 1.1.2023 kann unter den weiteren Voraussetzungen auch der Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG zur Anwendung kommen, vgl. Rz. 447a. Auch bei einer Übertragung eines gesondert geführten Betriebs muss der Erwerber diesen dann fortführen. Der Erwerb eines Unternehmens oder eines gesondert geführten Betriebs mit dem Ziel der sofortigen Einstellung (z. B. um einen Konkurrenten aus dem Markt zu entfernen) ist keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung.[2]

 

Rz. 449

Das Unternehmen muss aber nicht in unveränderter Form weitergeführt werden. Eine Geschäftsveräußerung liegt auch dann vor, wenn der Erwerber den erworbenen Geschäftsbetrieb in seinem Zuschnitt ändert oder modernisiert.[3] So kann z. B. der Wechsel der Zulieferer, eine Erweiterung der Absatzwege oder andere organisatorische Änderungen, die auch theoretisch von dem Veräußerer vorgenommen werden könnten, nichts an der Geschäftsveräußerung im Ganzen ändern. Auch kann das übertragene Unternehmen oder der gesondert geführte Betrieb in einem bisher schon vom Erwerber unterhaltenen Unternehmen aufgehen und dort im Zusammenhang mit den bisherigen Tätigkeiten weitergeführt werden. Allerdings darf damit nicht eine vollständige Änderung der Art der bisherigen unternehmerischen Verwendung verbunden sein.

 

Rz. 450

Nach gefestigter Rechtsauffassung ist entscheidend, ob das übertragene Vermögen die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit ermöglicht. Dabei ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung die Art der übertragenen Vermögensgegenstände und der Grad der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit zwischen den vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten zu berücksichtigen. Kann das Unternehmen des Veräußerers aber nicht in der gewohnten Weise fortgeführt werden, weil es in einer anderen Art Unternehmen aufgeht, kann es sich nicht um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung handeln. So hat der BFH[4] entschieden, dass die Veräußerung einer Immobilie an den Mieter des Objekts nicht zu einer Geschäftsveräußerung führen kann, da der Mieter nicht das "Vermietungsunternehmen" des Veräußerers fortsetzt, sondern das Objekt in der eigenen unternehmerischen Betätigung aufgeht. Gleiches gilt, wenn ein an eine Organgesellschaft vermietetes Grundstück an den Organträger verkauft wird, da der Organträger nicht das Vermietungsunternehmen des Veräußerers fortsetzt, sondern das Grundstück im Rahmen seines (einheitlichen) Unternehmens selbst nutzt (nicht steuerbarer Innenumsatz; nicht entscheidend ist, dass zivilrechtlich weiterhin von einer Vermietung auszugehen ist).[5]

Eine (ggf. teilweise) nicht steuerbare Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG liegt aber vor, soweit der Erwerber das zunächst vom Veräußerer gepachtete, teilweise eigenbetrieblich genutzte und teilweise untervermietete, Grundstück nach dem Erwerb weiterhin teilweise vermietet.[6] Die Geschäftsveräußerung setzt nur voraus, dass sich die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten hinreichend ähneln. Auch liegt eine Geschäftsveräußerung bei Übereinstimmung der vor und nach der Lieferung ausgeübten Vermietungstätigkeit vor, auch wenn die Lieferung des Grundstücks nicht zu einem unmittelbaren Übergang eines Mietverhältnisses führt.[7]

Zur Übertragung eines Grundstücks im Organkreis bei Auflösung der Organschaft vgl. Rz. 445.

 

Rz. 451

Früher war davon ausgegangen worden, dass die Übertragung eines neu errichteten Gebäudes durch einen Bauträger an einen Investor keine Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG sein kann, da der Bauträger noch kein Vermietungsunternehmen betrieben hat und der Investor nicht die Bauträgertätigkeit des Veräußerers fortsetzt, sondern ein Vermietungsunternehmen betreibt.[8] Dies sollte auch dann vorliegen, wenn der Bauträger das Objekt vor der Veräußerung schon vermietet und selbst nicht unerhebliche Mieteinnahmen erzielte, wenn von ihm nicht die langfristige Vermietung geplant war.[9] Die Findung von Mietern und die Vermietung durch einen Bauträger stellt danach nur eine Maßnahme dar, um eine möglichst lukrative Veräußerung des Projekts zu ermöglichen und damit die Maßnahme als solche abzuschließen. Der BFH[10] hatte dagegen entschieden, dass auch die Übertragung eines Gebäu...

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