Rz. 25

§ 1 UStG regelt als Grundnorm die Steuerbarkeit von Umsätzen im Inland. Zur Ausfüllung der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen sind die Definitionen der folgenden Rechtsvorschriften heranzuziehen. Insoweit ist die Vorschrift des § 1 UStG nicht einzeln zu betrachten, sondern nur im Kontext mit den weiteren Vorschriften des Ersten Abschnitts des UStG zu sehen.

 

Rz. 26

§ 1 UStG setzt im Wesentlichen Art. 2 MwStSystRL[1] um, allerdings bedient sich das nationale Umsatzsteuerrecht anderer Begriffe, als die MwStSystRL, inhaltlich ergeben sich keine Abweichungen. Es müssen jeweils als synonyme Begriffe verstanden werden:

  • USt = Mehrwertsteuer
  • sonstige Leistungen = Dienstleistungen
  • Unternehmer = Steuerpflichtiger
  • im Rahmen seines Unternehmens = als solcher
  • im Inland = im Gebiet eines Mitgliedstaats
 
§ 1 Abs. 1 UStG Art. 2 Abs. 1 MwStSystRL
Der USt unterliegen die folgenden Umsätze: Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:
1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

a) Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt;

c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt;
4. die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer); d) die Einfuhr von Gegenständen.
5. der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt. b) der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt …
 

Rz. 27

Die Grundnorm des § 1 Abs. 1 S. 1 UStG entspricht insoweit – trotz anderer Wortwahl – den unionsrechtlichen Vorgaben. Die in § 1 Abs. 1 S. 2 UStG erfasste Klarstellung, dass die Steuerbarkeit nicht entfällt, wenn der Umsatz aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt, hat seine unionsrechtliche Grundlage in Art. 14 Abs. 2 Buchst. a MwStSystRL, die als Lieferung von Gegenständen auch die Übereignung des Eigentums an einem Gegenstand gegen Zahlung einer Entschädigung aufgrund einer behördlichen Anordnung oder kraft Gesetzes definiert, bzw. in Art. 25 Buchst. c MwStSystRL, nach der eine Dienstleistung u. a. in der Erbringung einer Dienstleistung aufgrund einer behördlichen Anordnung oder kraft Gesetzes bestehen kann.

 

Rz. 28

Die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gemeinden Jungholz und Mittelberg sind anders definiert, als im Unionsrecht. Art. 2 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL bezieht sich systematisch auf Titel IV, Kapitel 4 der MwStSystRL, hier insbesondere auf Art. 70 MwStSystRL, nach der Steuertatbestand und Steueranspruch zu dem Zeitpunkt eintreten, zu dem die Einfuhr des Gegenstands erfolgt. Dagegen geht § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG von der Einfuhr "im" Inland aus.[2] Die deutsche Formulierung geht davon aus, dass eine Einfuhr eines Gegenstands auch in einem Mitgliedstaat ausgeführt werden kann, der nicht mit dem Mitgliedstaat übereinstimmt, in dem der Gegenstand in das Zollgebiet der Union gelangt ist – Anknüpfungspunkt soll die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuerschuld sein, zu den Einzelheiten vgl. Rz. 362. Die Regelungen dürfte dennoch als mit dem Unionsrecht in Einklang stehend anzusehen sein.[3]

 

Rz. 29

Der innergemeinschaftliche Erwerb wird ausführlich in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL definiert – mit allen dazu notwendigen Detailregelungen. Der nationale Gesetzgeber ist in § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG einen anderen Weg gegangen und hat die Ausführung zum innergemeinschaftlichen Erwerb – wer unter welchen Voraussetzungen einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu besteuern hat – in die Sonderregelungen des § 1a und § 1b UStG ausgegliedert. In Art. 2 Abs. 2 MwStSystRL werden die technischen und tatsächlichen Voraussetzungen für ein "neues Fahrzeug" aus Sicht des Unionsrechts definiert; diese Definition ist unionsrechtlich notwendig, da für die Besteuerung dieser neuen Fahrzeuge im Gemeinschaftsgebiet besondere Regelungen gelten. National ist dies entsprechend in § 1b Abs. 2 und Abs. 3 UStG umgesetzt worden.

 

Rz. 30

Die seit dem 1.1.1994 in § 1 Abs. 1a UStG durch das StMBG[4] aufgenommene Regelung zur Geschäftsveräußerung im Ganzen entspricht der unionsrechtlichen Kannbestimmung des Art. 19 MwStSystRL für die Lieferungen bzw. Art. 29 MwStSystRL für die Dienstleistungen. Allerdings werden auch hier national andere Begriffe verwendet als im Unionsrecht. Während unionsrechtlich von der Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens als Voraussetzung ausgegangen wird, geht § 1 Abs. 1a S. 2 UStG national von einem Unternehmen oder einem in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführten Betrieb aus. Dabei sind die Begriffe unter Berücksichtigung der Vorgaben der Richtlinie auszulegen.[5] Damit kann die Geschäftsveräußerung nicht nach ertragsteuerrechtlichen Kriterien beurteilt werden, sondern nur unter Berücksichtigu...

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