Revision eingelegt (BFH X R 26/14)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuerverbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einkommensteuer, die aus laufenden Gewinnen einer Personengesellschaft resultiert, an der der Insolvenzschuldner beteiligt ist, ist Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 InsO, wenn die Beteiligung zur Insolvenzmasse gehört.

 

Normenkette

InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 35 Abs. 1; BGB § 728 Abs. 2 S. 1, § 736 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.06.2016; Aktenzeichen X R 26/14)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die für die Veranlagungszeiträume 2008 und 2009 festgesetzte Einkommensteuer eine Masseverbindlichkeit darstellt.

Der Kläger (Kl) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn ... (A). Das Insolvenzverfahren wurde am 30. März 2007 eröffnet. A war in den Streitjahren an der ... GbR (GbR) beteiligt, die steuerlich bei dem Finanzamt ... geführt wurde. Dabei handelte es sich um eine Gesellschaft mit 70 Gesellschaftern, deren Gewinnanteile auf der Grundlage der von dem jeweiligen Gesellschafter erwirtschafteten Umsätze unter Abzug der durch diese verursachten Kostenanteile ermittelt wurde.

Ausdrückliche Vereinbarungen mit A über dessen weitere Betätigung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens traf der Kl nicht.

Mit Schreiben vom 19. April 2007 teilte der Kl der GbR mit, dass er zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des A bestellt worden sei und bat um Überweisung pfändbaren Einkommens in Höhe von 120 € monatlich. Dazu erklärte er:

"Vorausgesetzt wird hierbei, dass Herrn A ein monatlicher Betrag von 7.500,00 € durchschnittlich zur Verfügung, von welchem die Kosten der Angestellten in Abzug gelangen.

Der verbleibende Auszahlungsbetrag kann Herrn A auf ein von Ihnen zu benennendes Konto überwiesen werden."

Außerdem wandte sich der Kl an den Steuerberater der GbR, der zugleich auch Steuerberater des A war, und bat diesen mit einem Schreiben vom 15. Mai 2007 um eine Aufstellung über die Einkünfte des A.

Der Steuerberater reagierte darauf mit Schreiben vom 22. Mai 2007, das folgenden auszugsweisen Wortlaut hat:

"A erzielt derzeit (01-04/2007) durchschnittliche Einnahmen in Höhe von EURO

9.783,51.

Abzuziehen sind von diesem Betrag noch Betriebsausgaben

(Aufwendungen für: Personal, Betriebs-Kfz, Telefon, Reisekosten usw.)

3.859,54

Somit ergeben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von monatlich

5.923,97

Weiterhin sind abzuziehen:

Krankenversicherungsbeträge in Höhe von monatlich

784,04

Altersvorsorge-/Renteneinzahlungen (entsprechend Regelung bei Arbeitnehmern […])

522,38

Steuerbelastung (Einkommen- und Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag)

1.050,92

Das Nettoeinkommen beträgt monatlich

3.566,63

Nicht pfändbarer Betrag

???

Pfändbarer Restbetrag

???

Auf dem Schreiben vermerkte der Kl handschriftlich einen pfändungsfreien Betrag in Höhe von 2.811,18 € und den danach pfändbaren Betrag von 755,45 €, sodann faxte er das Schreiben am 25. Mai 2007 zurück an den Steuerberater des A. Die GbR überwies diesen Betrag ab Mai 2007 monatlich an den Kl.

In seinem Bericht zur ersten Gläubigerversammlung vom 15. Juni 2007 führte der Kl zu der Beteiligung des A an der GbR u.a. folgendes aus:

"Der Schuldner ist Gesellschafter der

... GbR […]

Es gibt 70 Gesellschafter. […]

Die GbR ist rechtlich selbständig und von diesem Insolvenzbeschlag nicht umfasst.

Die Bezüge des Schuldners von der GbR wurden in der Vergangenheit abgeleitet von seinen Umsätzen und von den Sach- und Personalkosten, die der Schuldner in Bezug auf seinen Eigenumsatz auslöste.

Der Steuerberater der GbR […] wurde ersucht, monatliche Einnahmenüberschussrechnungen zu führen und den pfändbaren Anteil zur Masse abzuführen.

Der Schuldner hält die Tätigkeit als Gesellschafter der GbR aufrecht.

Es ist nicht bekannt, ob die Mitgesellschafter entsprechend § 8 des Gesellschaftsvertrages das Ausscheiden des Gemeinschuldners aus der GbR verlangen. Die GbR soll selbst kein Aktivvermögen unterhalten. Somit ist mit einem Abfindungsguthaben nicht zu rechnen. Dieser Vorgang ist noch zu untersuchen."

Mit Schreiben vom 13. Juni 2008 teilte A dem Kl mit, dass er seit dem 1. Juni 2008 als angestellter Geschäftsführer für eine Firma ... Ltd. (Ltd.) tätig sei und für diese Tätigkeit ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.979 € erhalte. Zugleich bat er den Kl darum, die GbR zu unterrichten, dass diese angesichts der fortbestehenden Pfändungsfreibeträge keine Zahlungen mehr an ihn - den Kl - zu leisten habe. Hintergrund des Schreibens war der dem Kl nicht bekannte Umstand, dass A beabsichtigte, dass die Ltd., deren alleinige Gesellschafterin die Ehefrau des A war, Beteiligte der GbR werden und den auf seine Tätigkeit entfallenden Gewinnanteil vereinnahmen sollte. Tatsächlich wurde die Ltd. zu keinem Zeitpunkt Gesellschafterin der GbR, A setzte seine Tätigkeit unverändert fort.

Ebenfalls ab Juni 2008 stellte die GbR die monatlichen Zahlungen an den Kl ein. Unter Bezugnahme auf das Schreiben des A vom 13. Juni 2008, das nunmehr ...

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