Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen einer Englischlehrerin für eine Sprachreise nach Irland als Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Aufwendungen einer Englischlehrerin für eine Sprachreise (9 Tage) nach Irland sind nicht als Werbungskosten anzuerkennen, wenn die Reise zu nicht unerheblichem Umfang von privaten Motiven beeinflusst war (hier: ein kompletter Tag mit Stadtrundfahrt und anschließender Freizeit in Dublin sowie Tagesausflug nach Belfast).

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, § 12 Nr. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.04.2010; Aktenzeichen VI R 5/07)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Kosten für eine Sprachreise für Lehrer nach Dublin als Werbungskosten bei der Einkommensteuer (ESt) zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin erzielt als Lehrerin für Englisch an einem Gymnasium Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.

In der Zeit vom 5. bis 13. September 1998 nahm die Klägerin an einer Sprachreise für Englischlehrer nach Dublin teil. Diese wurde von der ... angeboten und durchgeführt. Da die Sprachreise innerhalb der Schulzeit stattfand, wurde der Klägerin von ihrem Arbeitgeber Dienstbefreiung gewährt. An der Reise nahmen ausschließlich Englischlehrer teil (vgl. Teilnehmerliste).

Im Einzelnen gestaltete sich die Reise nach dem Programm wie folgt:

05.09.,

Samstag

Ankunft in Dublin

06.09.,

Sonntag

Stadtrundfahrt in Dublin, Freizeit

07.09.,

Montag

10:00 - 13:00

Seminar: Keltisches Gälisch und Irisch: eine Einführung in die irische Kultur

14:00 - 17:00

Seminar: Teilung und Entwicklung des modernen Irlands

Abends

Dublin Literary Pub Crawl

08.09.,

Dienstag

10:00 - 13:00

Besichtigung des Kilmainham Gefängnisses

14:30 - 17:30

Seminar: Sozialpolitische Themen und Besuch der Dail Eireann

09.09.,

Mittwoch

10:00 - 13:00

Seminar: Die irische dramaturgische Tradition: Politik und Sprache in O’Casey’s, The Plough and the stars

15:30 - 18:30

Seminar: Neugeschaffenes Irland: Zeitgenössische irische Literatur

20:00

Aufführung von The Colleen Bawn von Dion Boucicault am Abbey Theatre

10.09.,

Donnerstag

Tagesausflug nach Belfast: Stadtführung u.a. zu Falls Road, Skanhill, Rathaus und Stormont und Seminar mit einheimischen Historikern/Führern

11.09.,

Freitag

10:30 - 13:30

Seminar: Die Rolle der Kirchen im modernen Irland

14:00 - 17:00

Besichtigung einer Schule

21:00

Ceili: Abend mit traditioneller Musik und Tanz

12.09.,

Samstag

Seminar: Zeitgenössisches Kino und Kultur

Abends

Abschiedsessen

13.09.,

Sonntag

Abreise

Die Klägerin machte die Kosten der Reise in Höhe von 1.578,50 DM sowie Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 750 DM als Werbungskosten in ihrer ESt-Erklärung 1998 geltend.

Das Finanzamt ließ die Reisekosten in dem ESt-Bescheid 1998 vom 28. Dezember 2000 unberücksichtigt, da die Reise nicht ausschließlich beruflichen Zwecken gedient habe.

Die Klägerin erhob dagegen am 5. Januar 2001 Einspruch. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei den Aufwendungen für die Sprachreise um Werbungskosten handele. Die Sprachreise sei nämlich ausschließlich beruflich veranlasst gewesen. Es habe ein homogener Teilnehmerkreis bestanden. Zudem sei das Tagungsprogramm straff organisiert gewesen. Die Teilnehmer hätten an der Gestaltung der Seminare mitwirken müssen, indem sie Vorträge hielten. Zur Vorbereitung auf die Seminare sei den Teilnehmern ein Vorbereitungsprogramm ausgehändigt worden. Die Besichtigungen der Schule sowie des Gefängnisses seien Teil der jeweiligen Seminare gewesen. Zu einem modernen Sprachunterricht gehöre nämlich neben der Vermittlung von Vokabeln auch eine Einführung in die Geschichte und Kultur des jeweiligen Landes. Schließlich habe nur ein ganzer Tag, und zwar der 6. September, zur freien Verfügung gestanden.

Das Finanzamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 16. März 2004 als unbegründet zurück. Zur Begründung führt es Folgendes aus:

Die Kosten für eine Studienreise oder den Besuch eines Fachkongresses seien als Werbungskosten abzugsfähig, wenn die Reise oder die Teilnahme an dem Kongress so gut wie ausschließlich beruflich veranlasst gewesen sei. Eine berufliche Veranlassung sei anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht würden. Die Befriedigung privater Interessen müsse nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen sein. Bei der Prüfung der Frage, ob für eine Auslandsreise eine private oder berufliche Veranlassung gegeben sei, komme es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auf eine Reihe von Kriterien an: Zuschnitt des Reiseprogramms auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse und Gegebenheiten der einzelnen Teilnehmer, homogener Teilnehmerkreis, straff und fachlich organisiertes Programm, Teilnahme an den Veranstaltungen, Reiseziel und Reiseroute (häufiger Ortswechsel, Besuch bevorzugter Ziele des Tourismus), bei kürzeren Veranstaltungen die Einbeziehung vieler Sonn- und Feiertage, die zur freien Verfügung stehen, Art des Befö...

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