rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Änderung eines Folgebescheides bei ursprünglich fehlerhafter Auswertung des Grundlagenbescheides

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Verpflichtung zur Anpassung eines Folgebescheides an den Grundlagenbescheid wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass das für den Erlass des Folgebescheides zuständige Finanzamt einen Grundlagenbescheid übersehen oder dessen Inhalt nicht oder nicht in der richtigen Weise in den Folgebescheid übernommen hat.

 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.06.2005; Aktenzeichen X R 31/04)

BFH (Urteil vom 29.06.2005; Aktenzeichen X R 31/04)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von in Grundlagenbescheiden festgestellten Einkünften bei dem Erlass geänderter Einkommensteuer(ESt)-Bescheide.

Die Kläger (Kl.) werden im Streitjahr 1991 zusammen zur ESt veranlagt. Die Klägerin (Klin.) bezog u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Beteiligung an mehreren Gesellschaften. Die Gewinne dieser Gesellschaften werden vom Finanzamt (FA) einheitlich und gesondert festgestellt.

Für die Gesellschaft A erging am 26. Februar 1993 eine Mitteilung an das damals zuständige FA über einen Veräußerungsgewinn der Klin. in 1991 in Höhe von 4.073.347 DM. In dem geänderten ESt-Bescheid 1991 vom 30. November 1993 setzte das FA insoweit irrtümlich nur einen Betrag in Höhe von 407.334 DM an. Die geänderte Steuerfestsetzung führte zu einer ESt-Erstattung von fast 1,5 Mill. DM.

In einem weiteren geänderten ESt-Bescheid 1991 vom 03. Januar 1994 blieb dieser Fehler unbemerkt.

Seit dem Jahre 1997 führte das Betriebs-FA bei sämtlichen Gesellschaften, an denen die Klin. beteiligt war, Betriebsprüfungen (BP) durch. Auf Grund dieser BP ergingen zwischen dem 18. April 2002 und dem 10. Dezember 2002 nach und nach geänderte Grundlagenbescheide. U.a. wurde für die Gesellschaft A mit Mitteilung vom 15.Oktober 2002 der Veräußerungsgewinn der Klin. auf 3.093.340 DM neben einem laufenden Verlust in Höhe von 226.725 DM festgestellt.

Das nunmehr zuständige beklagte FA erließ zunächst mit Datum vom 08. Juli 2002 einen gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten ESt-Bescheid. Hiergegen erhoben die Kl. form- und fristgerecht Einspruch. Im Laufe des Rechtsbehelfsverfahrens erließ das FA weitere, ebenfalls gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderte ESt-Bescheide 1991 vom 13. November 2002 und 07. Januar 2003. Hierin berücksichtigte das FA u.a. aus der Beteiligung an der Gesellschaft A, den festgestellten Veräußerungsgewinn in Höhe von 3.093.340 DM und den laufenden Verlust in Höhe von 226.725 DM.

Zur Begründung ihres Einspruchs trugen die Kl. Folgendes vor:

Aus den geänderten sieben Grundlagenbescheiden würden sich folgende Anteile der Klin. am laufenden Gewinn bzw. am Veräußerungsgewinn ergeben:

am laufenden Gewinn (in DM):

Datum

nach BP

vor BP

1.

B

18.04.02

./. 38.448

./. 31.917

2.

C

17.06.02

79.466

96.289

3.

D

25.06.02

6.198

10.158

4.

E

14.08.02

122

61.191

5.

F

20.08.02

./. 166.815

./. 159.308

6.

A

15.10.02

./. 226.725

./. 280.104

7.

G

10.12.02

123.304

0

gesamt

./. 222.898

./. 303.691

am Veräußerungsgewinn (in DM):

Datum

nach BP

vor BP

1.

B

18.04.02

108.110

130.765

2.

C

17.06.02

880.584

41.551

3.

D

25.06.02

86.133

92.898

4.

E

14.08.02

848.648

798.915

5.

F

20.08.02

945.179

946.422

6.

A

15.10.02

3.093.340

4.073.347

7.

G

10.12.02

100.177

329.964

gesamt

6.062.171

6.413.862

Dieser Übersicht sei zu entnehmen, dass die Auswertung aller sieben Grundlagenbescheide zu einer Verschlechterung hinsichtlich C, zu einer Verbesserung hinsichtlich der anderen Beteiligungen und bei einer Saldierung aller Beteiligungsansätze zu einer erheblichen Verbesserung führen würde. Dies bedeute eine Reduzierung der ESt 1991.

Dem nunmehr zuständigen Wohnsitz-FA sei bekannt gewesen, dass das Betriebs-FA seit 1997 die sieben Gesellschaften geprüft habe. Es könne als bekannt gelten, dass derartige Prüfungen regelmäßig zu Veränderungen führen, entweder beim laufenden und/oder Veräußerungsgewinn. Unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie hätte das Wohnsitz-FA warten sollen, bis die sieben nach BP geänderten Grundlagenbescheide vorgelegen hätten.

Die dann mögliche Saldierung aller A-Besteuerungsgrundlagen hätte zu einer erheblichen Reduzierung der ESt 1991 geführt. An dieser Stelle hätte das Wohnsitz-FA allerdings die zwischenzeitlich entdeckte offenbare Unrichtigkeit hinsichtlich A, gem. § 177 Abs. 2 AO berichtigen müssen. Diese Vorschrift lässt aber nur eine Berücksichtigung der offenbaren Unrichtigkeit im Wege der Kompensation zu, mit der Folge, dass die im Übrigen gebotene Anpassung/Reduzierung der ESt 1991 gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu unterbleiben hätte. Diese Rechtsfolge - keine Erstattung, aber auch keine Nachforderung von ESt 1991 - dürfe das Wohnsitz-FA nicht dadurch verhindern, dass es die gebotene Saldierung aller Besteuerungsgrundlagen unterlasse. Diese Unterlassung müsse als rechtsmissbräuchlich, d.h. rechtswidrig angesehen werden. Als das Wohnsitz-FA am 08. Juli 2002 einen ES...

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