Revision eingelegt (BFH XI R 27/17)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerlich begünstigte Personenbeförderung im Linienverkehr mit Schiffen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der in § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG geregelte Genehmigungsvorbehalt ist erfüllt, wenn eine Genehmigung für die Beförderung von Personen im Linienverkehr mit Schiffen nach Landesrecht nicht vorgesehen ist. Das Finanzgericht hat in diesem Fall eigenständig zu prüfen, ob eine begünstigte Personenbeförderung vorliegt.

2. Die Auslegung des Merkmals des Linienverkehrs mit Schiffen in § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG richtet sich nach der verkehrsrechtlichen Bedeutung des Linienverkehrs, die sich aus den Vorschriften des für die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen geltenden PBefG ergibt.

3. Eine Stadtrundfahrt mit Schiffen, bei der ein Wechsel der Fahrgäste aufgrund fehlender Zwischenhaltestellen regelmäßig nur an zwei Anlegern zu Beginn und am Ende der Rundfahrt stattfindet, stellt keinen ermäßigt besteuerten Linienverkehr dar.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 10; PBefG §§ 42, 46, 48 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.08.2019; Aktenzeichen XI R 27/17)

BFH (Urteil vom 28.08.2019; Aktenzeichen XI R 27/17)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Umsätze des Klägers aus Stadtrundfahrten und weiteren Schiffsfahrten dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegen.

Der Kläger betreibt mit der A auf den Gewässern in M und der näheren Umgebung Personenschifffahrt. Im Streitjahr 2012 führte der Kläger mit der A sowohl Stadtrundfahrten auf der O und um die Stadt M als auch Schiffsfahrten nach Q, zum See S und nach U sowie Charterfahrten durch. Die Schiffsfahrten nach Q und zum See S sowie die Fahrten nach U wurden nur durchgeführt, wenn sich insbesondere durch Gruppenanmeldungen eine ausreichende Anzahl an Personen zum vorgesehenen Abfahrtstermin zusammenfand. Einzelfahrgäste wurden bei telefonischer Anfrage darauf hingewiesen, dass die Fahrten nur bei ausreichender Fahrgastanzahl durch Gruppenanmeldungen durchgeführt würden. Eine gesonderte Genehmigung für die vom Kläger durchgeführten Schiffsfahrten ist nach dem Landesrecht Schleswig-Holsteins nicht erforderlich. Die Beförderungsstrecken betrugen für alle Schiffsfahrten weniger als 50 km.

Die Stadtrundfahrten wurden im Streitjahr in der Hauptsaison täglich von 10-18 Uhr in halbstündigem Rhythmus mit der MS C und der MS E durchgeführt. Eine Rundfahrt dauerte etwa eine Stunde. Die Fahrgäste erhielten während der Fahrt Informationen zu Geschichte, Kultur und Architektur der Stadt M. Das Beförderungsentgelt betrug im Streitjahr für Erwachsene einheitlich 9 €. Eine Ermäßigung für Teilstrecken wurde nicht gewährt. Im Beförderungsentgelt waren weder die Teilnahme an Führungen noch Eintritte zu Sehenswürdigkeiten enthalten. Ausgangspunkt der Stadtrundfahrten war der auf der Uferseite zur Altstadt der Stadt M belegene Anleger V. Weitere Fahrgäste wurden am 500m entfernten Anleger W auf der anderen Uferseite aufgenommen. Bei diesen Fahrgästen handelte es sich um Reisegruppen, die mit dem Bus angereist waren, und um Einzelpersonen, die auf dem nahegelegenen Parkplatz ihre Fahrzeuge abgestellt hatten. Nach Abschluss der Rundfahrt konnten die Fahrgäste nach ihrer Wahl an einem der beiden Anleger unabhängig davon aussteigen, ob sie dort auch zugestiegen waren. Für die MS C und die MS E erhielt die A von der Stadt M die hafenbehördliche Erlaubnis zur Nutzung der Liegeplätze V und W sowie der öffentlichen Liegeplätze X, Y und Z zum Zwecke der Passagierabfertigung bzw. des Überliegens.

Mit der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr meldete der Kläger Umsatzsteuer in Höhe von 9.525,09 € an. Der Steueranmeldung lagen steuerpflichtige Umsätze zum Regelsteuersatz in Höhe von 27.131 € zugrunde, die sich aus den Umsätzen aus Charterfahrten ergaben. Die Umsätze aus Stadtrundfahrten und den übrigen Schiffsfahrten in Höhe von insgesamt 142.921 € behandelte der Kläger als steuerpflichtige Umsätze zum ermäßigten Steuersatz. Eine getrennte Aufzeichnung der Umsätze aus Stadtrundfahrten nahm der Kläger im Streitjahr nicht vor.

Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für das Streitjahr vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die vom Kläger durchgeführten Stadtrundfahrten nicht als Linienverkehr i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG anzusehen sei, da die Fahrten ohne die Möglichkeit zum planmäßigen Verlassen des Schiffes zum Ausgangspunkt zurückgeführt hätten. Die vom Kläger erklärten steuerpflichtigen Umsätze zum ermäßigten Steuersatz in Höhe von 142.921 € unterlägen damit dem Regelsteuersatz; die steuerpflichtigen Umsätze zum Regelsteuersatz seien daher um 128.509 € auf 155.640 € zu erhöhen.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers an und setzte die Umsatzsteuer für 2012 mit Bescheid vom 23. Juli 2014 in Höhe von 23.937,33 € fest. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 21. August 2014 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 2016 als unbe...

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