Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der „Ausbildungswilligkeit” i.S.des § 32 Abs. 4 Nr. 2 c EStG

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 Nr. 2c

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.07.2003; Aktenzeichen VIII R 79/99)

 

Tenor

Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung überarbeitet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten nunmehr nur noch über den Kindergeldanspruch der Klägerin (Klin.) für ihre Tochter A für die Zeit vom November 1997 bis Juni 1998.

Am 03. Dezember 1997 beantragte die Klin. beim Beklagten (Bekl.) die Weiterzahlung des Kindergeldes für ihre am … Oktober 1977 geborene Tochter A ab November 1997. A hatte sich nach Beendigung der Schule um einen Studienplatz an der Universität in B im Studiengang … beworben. Nachdem A zunächst einen Ablehnungsbescheid erhalten hatte, wies ihr die Universität in einem Schreiben vom 02. Oktober 1997 einen Studienplatz im Nachrückverfahren für das Wintersemester 1997/98 zu. Voraussetzung sei allerdings eine persönliche Anwesenheit am 09. oder 10. Oktober 1997. Bei Nichteinhaltung der Termine werde der Studienplatz an einen anderen Bewerber vergeben.

In einer Anlage zum Antrag auf Weiterzahlung des Kindergeldes bestätigte A, daß sie sich zum nächsten Semester (Sommersemester 1988) wieder bewerben werde, da sie der am 06. Oktober 1997 abgestempelte Zulassungsbescheid für das Wintersemester 1997/98 zu spät erreicht und somit eine Einschreibung nicht mehr habe erfolgen können.

A hatte in der Zeit bis zum 15. September 1997 ein Praktikum in einem Touristen-Informationsbüro in … (Frankreich) absolviert, um die Wartezeit bis zum Sommersemester sinnvoll zu überbrücken und die französischen Sprachkenntnisse zu verbessern. Dann ergab sich für sie die Möglichkeit, eine Tätigkeit als Fremdsprachenassistentin an einer Schule in der Zeit vom 01. Oktober 1997 bis 15. Mai 1998 aufzunehmen. Die Tätigkeit hatte zum Inhalt, Unterrichtsstunden in Deutsch für die französischen Schüler zu geben. A mußte sich insoweit verpflichten, bis zum Ende des Schuljahres 1998, d.h. bis Mitte Mai 1998, tätig zu sein. Eine vorzeitige Beendigung dieses Tätigkeitsverhältnisses war nicht möglich. Hierfür erzielte sie ab 25. November 1997 ein geringfügiges Entgelt. Die Gelegenheit zu dieser Tätigkeit hatte sich zufällig ergeben, nachdem A eine Landsfrau kennengelernt hatte, die diese Tätigkeit zuvor ausgeübt hatte und deren Arbeitsvertrag mit Beginn der Sommerferien in Frankreich ausgelaufen war.

Seit Wintersemester 1998/99 ist A nach ihrer Anmeldung Anfang Juli 1998 an der Universität C eingeschrieben.

Das …amt setzte mit Bescheid vom 10. Dezember 1997 das Kindergeld ab November 1997 auf 0 DM fest. Die Voraussetzungen für eine Weitergewährung würden nicht vorliegen. Die Begründung, daß der Zulassungsbescheid der Uni B zu spät eingetroffen sei, könne nicht berücksichtigt werden. Da der vom 02. Oktober 1997 datierte Zulassungsbescheid den Poststempel vom 06. Oktober 1997 getragen habe, müsse er spätestens am 08. Oktober 1997 zugestellt worden sein. Somit seien noch zwei Tage verblieben, um die Fristen zwecks der Einschreibung wahrzunehmen. Diese Zeit gelte als durchaus zumutbar, um diese Frist einzuhalten.

Gegen diesen Bescheid richtete sich der form- und fristgerechte Einspruch, den die Klin. wie folgt begründete:

Für A sei es aus tatsächlichen Gründen nicht möglich gewesen, die Einschreibefrist zu wahren. Entgegen der Vermutung sei ihres Wissens der am 06. Oktober 1997 abgestempelte Brief erst am 09. oder 10. Oktober 1997 eingetroffen; dies habe ihres Erachtens daran gelegen, daß es seinerzeit Schwierigkeiten der Postabfertigung gegeben habe wegen sogenannter „Betriebsversammlungen” in diversen Briefzentren. Ihre Tochter sei ortsabwesend gewesen, denn, nachdem sie den Ablehnungsbescheid erhalten habe, habe sie ihren Aufenthalt im Ausland angetreten. Telefonisch sei sie nicht erreichbar gewesen. Die Briefpost habe ca. eine Woche gedauert. Im Hinblick auf die angesprochene Zumutbarkeit wies sie darauf hin, daß eine Verpflichtung für ihre Tochter nicht bestanden habe, insbesondere nicht angesichts hoher Numerus-Clausus-Bedingungen in B, auf Post von dort bis zum Ende der Einschreibefrist zu warten.

Das …amt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 20. März 1998 als unbegründet zurück. Es führte insoweit folgendes aus:

Da A den ihr im Nachrückverfahren angebotenen Studienplatz nicht angetreten habe, würden die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2 c Einkommensteuergesetz (EStG) nicht (mehr) vorliegen. Ausbildungswillig sei ein Kind nämlich nur dann, wenn es für den frühestmöglichen Zeitpunkt eine (weitere) Berufsausbildung ernsthaft anstrebe. Dieses nicht ausdrücklich enthaltene Tatbestandsmerkmal der Ausbildungswilligkeit folge aus der Formulierung des Gesetzes, wonach das betreffende Kind (z.B.) „eine Berufsausbildung … nicht beginnen … kann”, obwohl es eine solche Ausbildung ergreifen wolle. Diese Kriterien seien hier nicht erfüllt, denn A habe den ihr im Nachrückverfahren angeb...

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