Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug für Mitglieder der Lotsenbrüderschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Lotsen als Mitglieder der Lotsenbrüderschaft sind nicht vorsteuerabzugsberechtigt für Eingangsumsätze, die von der Lotsenbrüderschaft für die Erfüllung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben verwendet werden. Die Lotsenbrüderschaft ist aufgrund der von ihr abgeschlossenen schuldrechtlichen Vereinbarungen Leistungsempfänger gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Auch wenn die Lotsenbrüderschaft bei der Wahrnehmung der Selbstverwaltungsaufgaben gem. §§ 27, 28 Seelotsgesetz nicht unternehmerisch tätig und somit nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, führt der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer nicht dazu, die Lotsen als Leistungsempfänger anzusehen.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1, § 2 Abs. 3; SeeLG §§ 27-28

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 31.05.2017; Aktenzeichen XI R 40/14)

 

Tatbestand

Der Kläger ist Seelotse in einer Lotsenbrüderschaft. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob den Seelotsen aus Rechnungen an die Lotsenbrüderschaft für Leistungen, die gegenüber der Lotsenbrüderschaft erbracht worden sind und denen schuldrechtliche Vereinbarungen der Lotsenbrüderschaft zugrunde gelegen haben, der Vorsteuerabzug zusteht. Dabei ist zwischen den Beteiligten weiter streitig, ob eine solche anteilige Zurechnung der Vorsteuer im Wege einer einheitlich und gesonderten Feststellung der Vorsteuerbeträge gem. § 180 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 AO durchzuführen ist oder ob jeder einzelne Seelotse im Rahmen seiner Umsatzsteuererklärung den anteiligen Vorsteuerbetrag selbst geltend machen kann. Im Verfahren 4 K 50052/11 beantragt die Lotsenbrüderschaft die Durchführung eines einheitlich und gesonderten Feststellungsverfahrens. Im vorliegenden Verfahren beantragt der Kläger als Seelotse den auf ihn entfallenden Vorsteueranteil direkt in seiner Umsatzsteuererklärung.

Die für ein Seelotsrevier bestallten Seelotsen bilden eine Lotsenbrüderschaft. Die Lotsenbrüderschaft ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 27 Abs. 1 des Gesetzes über das Seelotswesen -SeeLG-). Die Lotsenbrüderschaft des Klägers ist zuständig für das Seelotsrevier A. Sie hat die ihr durch Gesetz oder Verordnung übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Sie hat im Rahmen ihrer Selbstverwaltung die Belange des Seelotsreviers zu wahren und zu fördern (§ 27 Abs. 2 SeeLG). Die Ausgaben der Lotsenbrüderschaft werden von den Mitgliedern anteilmäßig getragen (§ 27 Abs. 3 SeeLG). Der Aufgabenbereich der Lotsenbrüderschaft ist in § 28 des SeeLG im Einzelnen näher aufgeführt. Danach legt die Lotsenbrüderschaft den Dienstbetrieb fest, insbesondere regelt sie die Dienstfolge durch eine so genannte Börtordnung. Sie organisiert also die Tätigkeit der Lotsen und stimmt sie aufeinander ab, regelt Dienst- und Urlaubszeiten, sie nimmt die Lotsgelder für Rechnung der Lotsen ein und verteilt diese nach Abzug der anteiligen Ausgaben an die Lotsen. Dazu werden die einzelnen Lotssummen erfasst. Für Hauptlotsgelder (im vorliegenden Fall ca. 90 % der Lotsgelder) stellt die Wasser- und Schiffahrtsdirektion (WSD) die Rechnung und das Kraftfahrt-Bundesamt zieht die Lotsgelder ein und überweist diese an die Lotsenbrüderschaft. Dazu müssen die Daten der Lotsungen an die WSD übermittelt und die Zahlungseingänge überwacht werden. Etwa 10 % der Lotsung (Nebenlotsungsgelder) rechnet die Brüderschaft selbst ab, überwacht die Zahlungseingänge und führt das Mahnwesen selbst durch. Alle Lotsgelder werden buchhalterisch erfasst und die Einnahmen auf die Lotsen nach einer Lotsgeld-Verteilungsordnung aufgeteilt. Dabei erfolgt die Aufteilung nach dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit, d. h. des gleichen vollen Anteils. Des Weiteren gehört es zu den Aufgaben der Lotsenbrüderschaft, die Erfüllung der Berufspflichten der Seelotsen zu überwachen, die Ausbildung und Fortbildung der Seelotsen zu fördern, Maßnahmen zu treffen, die eine ausreichende Versorgung der Seelotsen gewährleisten und die Aufsichtsbehörde bei der Erfüllung ihrer Aufgaben auf dem Gebiet des Seelotswesens zu beraten und durch die notwendige Berichterstattung zu unterstützen. Die Lotsenbrüderschaft stellt das Wachpersonal auf den Lotsenstationen, bei denen die Lotsenanforderungen von den kommenden Schiffen auflaufen. Die Verwaltungskräfte der Brüderschaft führen die Abrechnungen und Auszahlungen der Löhne und Gehälter der im vorliegenden Fall etwa 35 Mitarbeiter durch (26 Mitarbeiter Wachpersonal und 9 Mitarbeiter in der Verwaltung). Die Lotsen erhalten eine monatliche Abrechnung, in der die auf den Lotsen entfallenden Lotsgelder, die anteiligen Verwaltungsausgaben und die Ausgaben der Brüderschaft für die Versorgung der Seelotsen und die Zahlung eines Unterhaltsbeitrages an die Seelotsenanwärter gegengerechnet werden.

Gegenüber der Lotsenbrüderschaft sind in Rechnungen Vorsteuern in Höhe von insgesamt 173...

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