Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff der „Gleichartigkeit“ bei erstatteten Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2002

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (vgl. Urteil vom 26.06.1996 X R 73/94, BFHE 181, 144, BStBl. II 1996, 646; Urteil vom 07.07.2004 XI R 10/04, BFHE 207, 28, BStBl II 2004, 1058) bei jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben die Verrechnung erstatteter Sonderausgaben mit gleichartigen Sonderausgaben im Jahr der Erstattung im Grundsatz zugelassen, so bedeutet „Gleichartigkeit“ bei erstatteten Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2002, dass eine Verrechnung grundsätzlich nur innerhalb der jeweiligen in § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2002 genannten Arten der Versicherung zulässig ist.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. a; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. b; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.07.2009; Aktenzeichen X R 32/07)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang im Streitjahr (2002) an den Kläger erstattete Vorsorgeaufwendungen, die die Rückgewähr in den Jahren 1993 bis 2002 geleisteter Aufwendungen für eine Krankentagegeldversicherung betreffen, von den im Streitjahr von dem Kläger und seiner Ehefrau verausgabten und als Sonderausgaben geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen abziehbar sind.

Der Kläger, ein selbstständig tätiger Arzt, wurde im Streitjahr zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Er bezog Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit sowie aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte; seine Ehefrau erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit und aus Kapitalvermögen.

Seit 1984 unterhielt der Kläger eine Krankentagegeldversicherung. In dem Zeitraum vom 01. August 1993 bis 30. September 2002 zahlte er für die Krankentagegeldversicherung (umgerechnet in EUR) jeweils folgende Beiträge:

1993 :

689,50 EUR

1994 :

1654,80 EUR

1995 :

1648,92 EUR

1996 :

1637,16 EUR

1997 :

1637,16 EUR

1998 :

1637,16 EUR

1999 :

1637,16 EUR

2000 :

1681,20 EUR

2001 :

1087,09 EUR

2002 :

782,80 EUR

Diese Beitragszahlungen machte er in den Jahren 1993 bis 2001 jeweils als Sonderausgaben geltend. Steuerlich wirkten sich diese Beiträge jedoch nicht aus, da in diesen Jahren die Höchstbeträge für Vorsorgeaufwendungen des Klägers bereits durch andere abziehbare Vorsorgeaufwendungen überschritten waren.

Am 16. September 2002 hob die Krankentagegeldversicherung den Krankentagegeldversicherungsvertrag mit dem Kläger rückwirkend zum 01. August 1993 auf und erstattete dem Kläger alle von ihm im Zeitraum vom 01. August 1993 bis 30. September 2002 geleisteten Beiträge in einer Gesamthöhe von 14.092,95 EUR. Hintergrund der Aufhebung des Versicherungsvertrags und der Erstattung der Versicherungsbeiträge war der Umstand, dass der Kläger ab 01. Juli 1993 zwei Berufsunfähigkeitsrenten bezogen hatte, was er nicht - wie es im Rahmen des Krankentagegeldschutzes seiner Obliegenheit entsprochen hätte - der Versicherung mitgeteilt hatte. Dies eröffnete der Versicherung die Möglichkeit, gegen Erstattung der Beiträge rückwirkend den Versicherungsvertrag aufzuheben.

In der am 30. Oktober 2003 bei dem Beklagten eingegangenen ESt-Erklärung für den Veranlagungszeitraum 2002 gaben der Kläger und seine Ehefrau u. a. folgende Sonderausgaben an:

Arbeitnehmeranteil Sozialversicherung Ehefrau

898 EUR

freiwillige Höherversicherung

5.157 EUR

Kranken- und Pflegeversicherung

4.697 EUR

Lebensversicherung

5.308 EUR

Haftpflichtversicherung

18 EUR

insgesamt:

16.078 EUR

Den im Jahre 2002 erstatteten Betrag aus der Krankentagegeldversicherung in Höhe von 14.092 € zog der Kläger im Rahmen der ESt-Erklärung bei den im Jahre 2002 verausgabten Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung bis zu deren Höhe von 4.697 EUR ab. Demnach verblieben von den im Jahre 2002 aufgewendeten 16.078 EUR an Vorsorgeaufwendungen insgesamt 11.381 EUR grundsätzlich abzugsfähige Sonderausgaben.

Im ESt-Bescheid für das Jahr 2002 vom 02. September 2004 wich der Beklagte von der Erklärung des Klägers insoweit ab, als er den erstatteten Betrag von 14.092 EUR von den insgesamt als Sonderausgaben geltend gemachten Versicherungsbeiträgen abzog und vor diesem Hintergrund lediglich noch einen Betrag von 1.985 EUR für Versicherungsbeiträge als abzugsfähige Sonderausgaben berücksichtigte. Der Beklagte begründete dies damit, dass erstattete Sonderausgaben im Erstattungsjahr mit gleichartigen Sonderausgaben (hier: Beiträge zu Versicherungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG ) zu verrechnen seien. Die geltend gemachten Versicherungsbeiträge seien daher um 9.396 EUR gekürzt worden.

Gegen den ESt-Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 07. September 2004 Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass der Beklagte erstattete private Krankenversicherungsbeiträge nicht nur mit Aufwendungen gleicher Art, sondern auch mit gesetzlichen Sozialbeiträgen, Rentenversicherungsbeiträgen, Lebensversicherungsbeiträgen und Haftpflichtversicherungsbeiträgen verrechnet habe. ...

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