Bezieht ein Unternehmer Leistungen, können sich bei ihm Probleme beim Vorsteuerabzug ergeben, wenn es sich beim Leistenden nicht um einen Unternehmer handelt oder der Leistende nicht eindeutig identifizierbar ist. Darüber hinaus ist auch die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens problematisch, wenn fehlerhafte Angaben über die Unternehmereigenschaft und insbesondere den Sitz des Unternehmens vorliegen. Ist der Unternehmer an einem Umsatz beteiligt, bei dem der Leistende oder ein anderer Beteiligter auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe in eine begangene Hinterziehung, einen ungerechtfertigten Vorsteuerabzug oder eine anderweitige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens einbezogen war, kann ihm nach § 25f UStG der Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen oder die Steuerbefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung versagt werden, wenn er davon wusste oder hätte wissen müssen.[1]

1.2.1 Vorsteuerabzug bei Leistungen von einem Scheinunternehmer

Der Vorsteuerabzug für eine erhaltene Lieferung oder sonstige Leistung setzt voraus, dass es sich bei dem Leistenden um einen Unternehmer handelt.[1] Dabei kommt der Rechnung, aus der der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug vornehmen will, eine besondere Bedeutung zu. Die Angaben über den leistenden Unternehmer müssen leicht und eindeutig nachprüfbar sein. Wenn der abrechnende Unternehmer sich bei der Abrechnung eines fremden Namens oder einer fremden Anschrift bedient und somit die eigene Identität zu verschleiern versucht, liegt keine ordnungsgemäße Angabe in einer Rechnung vor, da dies nicht dem üblichen Geschäftsverkehr entspricht.[2] Eine solche Rechnung kann auf der Seite des Leistungsempfängers keinen Vorsteuerabzug begründen.[3]

Stellt ein Unternehmer eine Rechnung i. S. d. § 14 UStG aus, muss die in der Rechnung angegebene Anschrift zum Zeitpunkt der Leistungserbringung und der Rechnungsausstellung auch tatsächlich zu diesem Zeitpunkt eine postalische Erreichbarkeit ermöglichen.[4] Der den Vorsteuerabzug begehrende Leistungsempfänger trägt dafür die Beweislast.[5]

Unerheblich ist, wenn sich der leistende Unternehmer nach Leistungserbringung und Rechnungsausstellung dem Zugriff der Finanzbehörden entzogen hat.

 
Wichtig

Bei Leistungsbezug von einem Nichtunternehmer grundsätzlich kein Vorsteuerabzug

Stellt sich später heraus, dass es sich bei dem Leistenden nicht um einen Unternehmer gehandelt hat, ist der Vorsteuerabzug für die in der Abrechnung gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer für den Leistungsempfänger nicht möglich. Ein Vertrauensschutz besteht in diesen Fällen nicht. Einem unwissentlich an einem "Umsatzsteuerkarussell" Beteiligten kann der Vorsteuerabzug aber nicht mit der Begründung versagt werden, dass ein anderer Beteiligter betrügerische Absichten hatte.[6]

Grundsätzlich muss der Leistungsempfänger alles tun, was einem ordentlichen und gewissenhaften Kaufmann zugemutet werden kann, um sich über die Identität und den Sitz (postalische Erreichbarkeit) des leistenden Unternehmers zu vergewissern. In Einzelfällen wird aber auch ein solch ordentlicher und gewissenhafter Kaufmann Schwierigkeiten haben, einen unumstößlichen Nachweis der Unternehmereigenschaft des leistenden Unternehmers zu führen, da sich die Finanzverwaltung einer Mitwirkung verweigert und Unternehmerbescheinigungen zum Nachweis der Unternehmereigenschaft grundsätzlich nicht erteilt.[7] Häufig wird die Unternehmereigenschaft des leistenden Unternehmers von der Finanzverwaltung pauschal bezweifelt und dem Leistungsempfänger folglich der Vorsteuerabzug versagt.

 
Praxis-Tipp

Pauschale Versagung des Vorsteuerabzugs sollte nicht akzeptiert werden.

Eine Versagung des Vorsteuerabzugs unter einem pauschalen Hinweis auf die Scheinunternehmereigenschaft des Leistenden sollte nicht akzeptiert werden. Es muss immer im Einzelfall geprüft werden, ob der Leistungserbringer tatsächlich ein Scheinunternehmer ist.

1.2.2 Scheinunternehmen und Reverse-Charge-Verfahren

Ein Problem ergibt sich für einen Leistungsempfänger auch dann, wenn er eine Leistung erhält, die dem Grunde nach dem Reverse-Charge-Verfahren nach § 13b UStG unterliegt. Das Reverse-Charge-Verfahren setzt regelmäßig voraus, dass der leistende Unternehmer eine in § 13b Abs. 1 und Abs. 2 UStG aufgeführte Leistung in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig ausführt und der Leistungsempfänger Unternehmereigenschaft hat. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Leistungen ausländischer Unternehmer[1] i. S. d. § 13b Abs. 7 UStG. Ist e...

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