Für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung eines Umsatzes kommt es im Regelfall nicht darauf an, welche steuerrechtlichen Voraussetzungen der Leistungsempfänger erfüllt.

Der leistende Unternehmer hat seine Ausgangsleistung unter Berücksichtigung der allgemeinen Vorschriften des UStG zu besteuern. Allerdings ergeben sich – insbesondere im Binnenmarkt – Besonderheiten, die in Abhängigkeit von der Unternehmereigenschaft und der Identifizierbarkeit des Leistungsempfängers dazu führen, dass der leistende Unternehmer sich Gewissheit über die Eigenschaft des Leistungsempfängers verschaffen muss. Aber auch national ist die Frage von Bedeutung, wenn Leistungen ausgeführt werden, die unter das Reverse-Charge-Verfahren fallen (z. B. Bauleistungen oder Gebäudereinigungsleistungen). Als solche besonderen Regelungen kommen insbesondere in Betracht:

  • Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 2 UStG mit dem Ort, an dem der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt oder eine die Leistung empfangende Betriebsstätte unterhält,
  • Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen,
  • Übertragung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger, wenn eine in § 13b Abs. 2 UStG aufgeführte Leistung an einen Unternehmer erbracht wird.
[1]

1.1.1 Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung in Abhängigkeit vom Leistungsempfänger

Führt der leistende Unternehmer eine sonstige Leistung aus, ergibt sich abgesehen von den in § 3a Abs. 3 ff. UStG aufgeführten Sonderregelungen der Ort der sonstigen Leistung abhängig davon, ob der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der die sonstige Leistung für sein Unternehmen bezieht, oder ein Nichtunternehmer.

Wird die Leistung an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt[1], ist der Ort der sonstigen Leistung dort, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt bzw. eine die Leistung erhaltende Betriebsstätte unterhält.

Ist der Leistungsempfänger kein Unternehmer oder bezieht er die Leistung als Unternehmer für seinen privaten Bereich, bestimmt sich der Ort der Leistung nach der B2C-Grundregelung des § 3a Abs. 1 UStG und ist – soweit keine vorrangige Vorschrift zur Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung anzuwenden ist – dort, wo der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt.

Bei grenzüberschreitend ausgeführten Dienstleistungen ist es deshalb für die zutreffende umsatzsteuerrechtliche Beurteilung entscheidend, nicht nur Kenntnis über das Handeln des Leistungsempfängers zu haben, sondern dies auch gegenüber den Finanzbehörden nachweisen zu können.

 
Praxis-Beispiel

Nachweis der Eigenschaft des Leistungsempfängers

Rechtsanwalt R aus Regensburg berät einen Kunden aus Frankreich in einer Rechtsangelegenheit. Wenn der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer ist, ist die Leistung in Deutschland ausgeführt[2] und damit steuerbar und steuerpflichtig. Nur wenn der Leistungsempfänger Unternehmer ist und die Leistung für sein Unternehmen bezieht, ist der Leistungsort in Frankreich – die Leistung ist in Deutschland nicht steuerbar. Der Nachweis der Unternehmereigenschaft wird dabei in der Europäischen Union durch die Verwendung der zutreffenden USt-IdNr. des Leistungsempfängers geführt.

[1] Gleichgestellt ist dem Unternehmer eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, wenn ihr eine USt-IdNr. erteilt worden ist, oder bei Unternehmereigenschaft sie die Leistung für ihren nichtunternehmerischen Bereich bezieht.

1.1.2 Steuerbefreiungen bei innergemeinschaftlichen Lieferungen

Die Steuerbefreiung bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung[1] setzt neben dem Nachweis des tatsächlichen Gelangens des Gegenstands in den anderen Mitgliedstaat[2] voraus, dass der Leistungsempfänger ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer oder eine juristische Person ist[3], dass im Bestimmungsland eine Besteuerung über einen innergemeinschaftlichen Erwerb stattfindet[4] und dass der Abnehmer gegenüber dem liefernden Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige USt-IdNr. verwendet hat[5]. Diese Voraussetzungen muss der leistende Unternehmer nachweisen.[6] Die Steuerbefreiung setzt weiterhin voraus, dass die innergemeinschaftliche Lieferung zutreffend in der Zusammenfassenden Meldung erklärt worden ist.[7] Dabei kann eine Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung nur dann vorliegen, wenn es sich um die zutreffende USt-IdNr.[8] des Leistungsempfängers handelt.

Stellt sich später heraus, dass es sich nicht um die zutreffende USt-IdNr. des Leistungsempfängers oder bei dem Leistungsempfänger um einen Scheinunternehmer gehandelt hat, muss der Umsatz steuerpflichtig behandelt werden, ein Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG ist in diesem Fall für den leistenden Unternehmer nicht gegeben, wenn er nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns angewendet hat.

 
Praxis-Tipp

Nur Erfüllung der Nachweispflichten kann vor Nachforderungen schützen

Da im Zweifelsfall der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer nachentrichten muss, wenn sich später herausstellt, dass die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nicht vorliegen, muss sich der U...

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