Leitsatz

Überlässt der Eigentümer dem Mieter Grundstücke zu einer um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete, ist beim Rohertrag statt der vereinbarten Miete die übliche, aus Vergleichsmieten oder Mietspiegeln abgeleitete Miete anzusetzen.

 

Sachverhalt

Zwischen dem Finanzamt und der Klägerin ist die zutreffende Höhe eines gesondert festgestellten Grundbesitzwerts für Zwecke der Erbschaftsteuer (Bedarfswert) strittig. Der Streit geht in erster Linie um die Frage, ob bei Abweichung der vereinbarten Miete von der "üblichen Miete" um mehr als 20 % nach § 186 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BewG auf den Mittelwert des Mietspiegels oder aber auf die obersten bzw. untersten Spannwerte des Mietspiegels abzustellen ist.

Das Finanzamt vertritt die Auffassung, es sei nicht auf den Mittelwert des Mietspiegels, sondern auf den untersten bzw. obersten Wert der jeweiligen Mietspiegel-Preisspanne abzustellen. Die Prüfung der Abweichung habe nach unten vom niedrigsten und nach oben vom höchsten Wert der Mietpreisspanne zu erfolgen. Der Ansatz der üblichen Miete erfolge erst beim Unter- bzw. Überschreiten der 20 %-Grenze mit dem jeweiligen Mittelwert.

Der Kläger meint indes, dass für die Prüfung der Unter- bzw. Überschreitung nicht auf die untersten bzw. obersten Werte der Mietpreisspanne des Mietspiegels, sondern auf den im Mietspiegel ausgewiesenen Mittelwert der Quadratmetermiete abzustellen sei.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht entscheidet, dass das Finanzamt bei der Ermittlung der Abweichung der vereinbarten von der "üblichen Miete" zutreffend auf die unteren bzw. oberen Werte der Mietspiegel-Preisspanne abgestellt hat.

Auf welche Art und Weise die "übliche Miete" zur Prüfung der 20 %-Grenze zu ermitteln sei, gebe der Gesetzgeber nicht vor. Letztlich handele es sich um eine Schätzung nach § 162 AO.

Bei der vorzunehmende Schätzung sei der Ansicht des Finanzamts der Vorzug zu geben. Zur Ermittlung der 20 %-Abweichung sei ein Vergleich der vereinbarten Miete mit den äußeren Spitzenwerten des Mietspiegels vorzunehmen. Nur wenn die vereinbarte Miete mehr als 20 % über dem oberen Spannwert oder mehr als 20 % unter dem unteren Spannwert liege, sei zur Ermittlung des Rohertrags die "übliche" Miete anzusetzen. Diese "übliche Miete" sei dann nach § 186 Abs. 2 Satz 2 BewG in Höhe des Mittelwerts des Mietspiegels zu bemessen.

 

Hinweis

Das Finanzgericht hat die Revision nach § 115 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen, da der Bundesfinanzhof Gelegenheit erhalten soll, sich zur Auslegung des Begriffs "ortsübliche Miete" in § 186 Abs. 2 Satz 1 BewG zu äußern.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2016, 3 K 3002/15

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