Arbeitgeber[1] und Arbeitnehmer können bei schuldhafter Pflichtverletzung des Arbeitsvertrags zum Schadensersatz verpflichtet sein. Als Pflichtverletzungen kommen in der Praxis hauptsächlich Nebenpflichtverletzungen in Betracht[2], z. B. in Form von Eigentums- oder Gesundheitsverletzungen. Grundsätzlich kann sich der Schadensersatzanspruch aber auch aus einer Verletzung der Hauptleistungspflicht (Schlechterfüllung der geschuldeten Arbeitsleistung[3]) ergeben. Dabei gelten sowohl für die Entstehung des Anspruchs auf Schadensersatz "dem Grunde nach" als auch bei Bemessung der Schadenshöhe arbeitsrechtliche Besonderheiten. Der Arbeitgeber haftet dem geschädigten Arbeitnehmer gegenüber auch für von anderen Mitarbeitern oder Vorgesetzten als Erfüllungs- bzw. Verrichtungsgehilfen schuldhaft begangene Rechtsverletzungen.[4]

Daneben tritt u. U. die Schadensersatzhaftung gegenüber Dritten (Kunden, Arbeitskollegen). Schadensersatzansprüche können sich auch zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeber(-Verbänden) bei rechtswidrigen Arbeitskampfmaßnahmen ergeben.[5]

Die Berechnung des Schadens hat im Allgemeinen nach der Differenzmethode zu erfolgen durch einen rechnerischen Vergleich der durch das schädigende Ereignis eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte.[6] Ist der Arbeitnehmer trotz des zu seinen Gunsten wirkenden arbeitsrechtlichen Haftungsprivilegs[7] dem Grunde nach ganz oder mit einer bestimmten Quote zum Schadensersatz verpflichtet, ist grundsätzlich im Wege der sog. Naturalrestitution vom Arbeitnehmer der ohne das schädigende Ereignis bestehende Zustand herzustellen. Dabei sind alle Nachteile zu berücksichtigen, die der Arbeitgeber infolge des pflicht- und/oder gesetzeswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers erlitten hat.[8] In aller Regel findet diese Schadenskompensation allerdings auf finanzieller Ebene statt: Der Arbeitnehmer gleicht die Vermögenseinbußen des Arbeitgebers durch Zahlung eines Geldbetrags aus (dabei kann die Höhe des Schadens ggf. nach § 287 ZPO zu schätzen sein). Die Kompensationsleistung kann ggf. ratenweise durch Einbehalt eines bestimmten Betrags vom laufenden Entgelt bzw. durch Aufrechnung seitens des Arbeitgebers erfolgen.

Soweit der Arbeitgeber zum Schadensersatz verpflichtet ist, kommt vielfach die Naturalrestitution in Betracht: z. B. bei vorenthaltenem Urlaub[9], bei Vorenthaltung der (Weiter-)Beschäftigung oder Nichterteilung des schriftlichen Nachweises des Arbeitsvertragsinhalts nach dem Nachweisgesetz (NachwG).

Schadensersatzansprüche kommen als Nichtvermögensschäden bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, insbesondere bei Diskriminierungen i. S. d. AGG[10] bzw. als allgemeiner Schmerzensgeldanspruch nach § 253 BGB in Betracht.[11]

Ein spezieller Schadensersatzanspruch folgt aus § 628 Abs. 2 BGB, der für beide Parteien des Arbeitsverhältnisses in Betracht kommen kann.

Hinsichtlich der Arten möglicher Schadensersatzansprüche lassen sich arbeitsrechtlich unterscheiden:

  • Vermögensschaden: Der Schaden entsteht in der materiellen Güterlage des Geschädigten.[12]
  • Nichtvermögensschaden: Der immaterielle Schaden entsteht nicht am Vermögen des Geschädigten, sondern betrifft die psychischen Einbußen durch das Schadensereignis, insbesondere an Rechtsgütern wie Freiheit und Gesundheit sowie dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (wichtigster Fall ist der Schmerzensgeldanspruch gem. § 253 BGB).[13]
  • Nichterfüllungsschaden: Schäden, die durch die nicht vertragsgemäße Leistung entstehen (z. B. durch die Schlechtleistung der arbeitsvertraglich geschuldeten Hauptpflicht).[14]
  • Vertrauensschaden: Vermögenseinbußen, die im Vertrauen auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft entstanden sind (z. B. die Eigenkündigung eines Bewerbers aufgrund einer Einstellungszusage und Nichteinstellung).
  • Unmittelbarer Schaden: Die Einbuße am direkt verletzten Rechtsgut.
  • Mittelbarer Schaden: Einbußen an weiteren Rechtsgütern des Geschädigten.
[1] BAG, Urteil v. 26.4.2018, 3 AZR 586/16; vgl. auch BAG, Urteil v. 7.6.2018, 8 AZR 96/17, zur Klage gegen einen Dritten (Kunden), um Schadensersatzansprüche gegenüber dem Arbeitnehmer zu vermeiden, als Nebenpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB.
[3] So in BAG, Urteil v. 21.5.2015, 8 AZR 116/14; auch BAG, Urteil v. 17.1.2008, 2 AZR 536/06; ArbG Dortmund, Urteil v. 11.10.2021, 8 Ca 4028/20.
[5] Dazu BAG, Urteil v. 25.8.2015, 1 AZR 754/13 – diesbzgl. kommt regelmäßig ein Eingriff in den "eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb" des Arbeitgebers als "sonstiges Recht" i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB in Betracht.
[7] Mehr zur arbeitsrechtlichen Haftungsbeschränkung im Beitrag Arbeitnehmerhaftung im Arbeitsverhältnis,

Dazu BAG, Urteil v. 19.3.2015, 8 AZR 67/14 – Benutzung eines Betriebsmittels (Wuchtgewicht) als Wu...

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