rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstand des Einspruchsverfahrens gegen einen Kindergeld-Aufhebungsbescheid. Inanspruchnahme von Erziehungszeit begründet keinen kindergeldrechtlichen Berücksichtigungstatbestand

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gegenstand des Einspruchsverfahrens gegen einen Bescheid über die Aufhebung von Kindergeld sind nur die Monate, über die der angefochtene Aufhebungsbescheid bereits eine Regelung getroffen hat; nur in diesem Umfang kann die Sache nach erneut überprüft und durch die Einspruchsentscheidung (um)gestaltet werden. Dies gilt auch dann, wenn der angefochtene Bescheid eine prognostische Beurteilung eines bei seinem Erlass noch in der Zukunft liegenden Zeitraums vornimmt.

2. Aus der Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld II folgt nicht zwingend eine Arbeitssuchendmeldung i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG.

3. Die Inanspruchnahme von Erziehungszeit als solche begründet keinen kindergeldrechtlichen Berücksichtigungstatbestand (vgl. BFH v. 15.07.2003, VIII R 47/02, BStBl II 2003, 848).

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1; AO § 367 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.12.2011; Aktenzeichen III B 187/10)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des zu Gunsten des Klägers für die Tochter J. festgesetzten Kindergeldes ab Juni 2009.

Der Kläger ist Vater des am 23.04.1990 geborenen Kindes J.. J. unterbrach ab dem 16.10.2008 wegen Schwangerschaft/Erziehungsurlaub ihre Ausbildung zur Erzieherin. Am 10.01.2009 gebar sie ihr Kind. Am 26.05.2009 endete der Mutterschutz. Entgegen ihrer ursprünglichen Planung entschied sie sich, ihre Ausbildung nicht zum Schuljahr 2009/10 fortzusetzen, sondern ihre Erziehungszeit zu verlängern. Sie erhielt ab dem 09.03.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II –. In einem Beratungsgespräch bei der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit am 10.03.2009 teilte J. mit, dass sie ihre Ausbildung nicht beenden werde können, da diese nur ein Jahr unterbrochen werden dürfe. Sie wolle ein Jahr in Erziehungszeit bleiben. Daraufhin wurde sie an die zuständige Arge verwiesen, wo sie am 12.03.2009 ein Beratungsgespräch bei der dortigen Arbeitsvermittlung hatte. Dort teilte sie ebenfalls mit, gerne ein Jahr zu Hause bleiben zu wollen. Allerdings werde ihr durch ihre Familie empfohlen, sich frühzeitig beruflich neu zu orientieren. Ab August stünde ihr eine Tagesmutter zur Verfügung.

Mit Bescheid vom 26.03.2009 hob der Beklagte das für J. festgesetzte Kindergeld ab Juni 2009 auf. Den dagegen gerichteten Einspruch des Klägers wies er mit Einspruchsentscheidung vom 05.08.2009 als unbegründet zurück.

Am 01.09.2009 haben die Kläger Klage erhoben.

Im Klageverfahren haben sie eine Bestätigung der zuständigen Arge vom 30.03.2010 vorgelegt, wonach J. „seit dem 16.10.2008 mit zwischenzeitlicher Erziehungszeit arbeitssuchend gemeldet ist”. Auf Rückfrage des Beklagten hat die Arge eingeschränkt, für den Zeitraum ab Juni 2009 keine Arbeitssuchendmeldung der Tochter der Kläger bestätigen zu können, da J. „unter § 10 SGB II/weitere Sondertatbestände (Allein-)Erziehende mit Kind unter drei Jahren” geführt werde. J. habe zwar im Dezember 2009, im Januar 2010 und im März 2010 Beratungstermine wahrgenommen. Eine Vermittlung sei allerdings nicht möglich gewesen, da die Kinderbetreuung nicht abgesichert gewesen sei.

Die Kläger sind der Auffassung aus dem Umstand, dass die Tochter Leistungen nach dem SGB II bezogen habe, folge, dass sie arbeitssuchend gemeldet gewesen sei. Sie verweisen auf die Bestätigung der Arge vom 30.03.2010.

Am 23.09.2010 hat die Klägerin ihre Klage zurückgenommen.

Der Kläger beantragt,

den Aufhebungsbescheid vom 26.03.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.08.2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Aufhebungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 44 Abs. 2 FGO) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO). Jedenfalls im Juni 2009 war das Kind J. nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG zunächst kindergeldrechtlich nicht mehr zu berücksichtigen. Der vorliegend allein in Betracht kommende Berücksichtigungstatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG war im Juni 2009 nicht mehr gegeben.

1. Maßgeblich für die Prüfung insbesondere der Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG ist im Streitfall nur der Monat Juni 2009.

Als Verwaltungsakt trifft ein Kindergeldaufhebungsbescheid eine Regelung auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Verbescheidung. Er erschöpft sich damit grundsätzlich in der Regelung des Anspruchs auf Kindergeld für den bis zum Erlass des Bescheides abgelaufenen Zeitraum. Über die in der Zukunft liegenden und damit zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht entstandenen Kindergeldansprüche trifft ein Aufhebungsbeschei...

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