rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung eines Neubauvorhabens bei Erhöhung des Regelsteuersatzes auf 16 % während der Bauzeit. Begriff der Teilleistung. Abgrenzung zwischen Teilleistung und Anzahlung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Teilleistung i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 2 UStG 1993 i. d. F. vom 19.12.1997 liegt nur vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart ist. Dies erfordert, dass im Falle eines Werkvertrags über die schlüsselfertige Errichtung eines Mehrfamilienhauses die Leistung nicht als Ganzes, sondern in Teilen geschuldet und bewirkt wird.

2. Die – nach Erkennen einer anstehenden Erhöhung des Regelsteuersatzes zum 1.4.1998 – bloße nachträgliche Vereinbarung von Teilbauabnahmen genügt nicht, um, obwohl ein Festpreis für das Bauwerk vereinbart ist, die am Gesamtpreis orientierten Abschlagszahlungen als Teilleistungen ansehen zu können.

3. Die Abschlagszahlungen, sind als – für die Entstehung der Steuer, aber nicht für den Steuersatz maßgebliche – Anzahlungen i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 USt 1993 anzusehen.

 

Normenkette

UStG 1993 § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 2, 4, § 12 Abs. 1, § 27 Abs. 1, § 3 Abs. 4 Fassung: 1997-12-19

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger betreibt ein Baugeschäft und erzielt hieraus Umsätze aus gewerblicher Tätigkeit.

Am 8. Februar 1997 schloss er mit M einen Werkvertrag über die schlüsselfertige Erstellung eines Mehrfamilienhauses. Für die Durchführung sämtlicher Leistungen war ein Pauschalfestpreis von 3.304.464,57 DM zuzüglich der im Zeitpunkt der Schlussrechnungsstellung geltenden Umsatzsteuer (§ 4 des Vertrags) bzw. 3.800.000,– DM brutto (§ 2 des Vertrags) vereinbart. Dem Vertrag waren als Anlage eine Leistungsbeschreibung und ein Zahlungsplan beigefügt, der insgesamt 25 prozentual berechnete Teilzahlungen vorsah (davon 23 nach Herstellung einzelner Gewerke und zwei nach Gesamtfertigstellung bzw. Mängelbeseitigung / Übergabe). Laut einem vom Kläger unterzeichneten Schreiben an den Auftraggeber vom 10. März 1998 wurde in Ergänzung des Bauvertrages vom 8. Februar 1997 vereinbart, dass zu dem am 31. März 1998 erzielten Bautenstand eine Teilbauabnahme, die durch ein Abnahmeprotokoll zu dokumentieren war, erfolgen sollte. Am 26. März 1998 wurde eine vom Kläger, dem Architekten sowie dem Auftraggeber unterzeichnete „Abnahmebescheinigung” erstellt, wonach eine Teilabnahme der Gewerke 1 bis 18 und 21 erfolgt war. Hinsichtlich der Malerarbeiten (Gewerk 19), der Innentüren (Gewerk 20) und der Bodenbeläge (Gewerke 22 und 23) erfolgte wegen noch vorhandener Mängel, die bis 15. April 1998 zu beseitigen waren, keine Abnahme.

Über die laut Zahlungsplan zu leistenden Zahlungen erstellte der Kläger Rechnungen unter Ausweis der jeweiligen Umsatzsteuer (z.B. am 23. März 1998 und 7. April 1998). In seiner am 2. Juli 1998 unter Anrechnung der erhaltenen „Abschlagszahlungen” erstellten Schlussrechnung unterteilte der Kläger die erbrachten Leistungen in Umsätze zu 15 % (für die vor dem 1. April 1998 fertig gestellten und abgenommen Gewerke) und Umsätze zu 16 % (für die vor dem 1. April 1998 fertig gestellten und abgenommen Gewerke) und meldete diese in seiner am 16. Juni 2000 eingereichten Umsatzsteuererklärung 1998 entsprechend an.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 1997 bis 1999 vertrat die Prüferin die Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine wirksame Teilabnahme nicht erfüllt gewesen seien und die Bauleistung daher als Ganzes der Umsatzsteuer zu 16 % unterfalle (= Erhöhung der Umsatzsteuer um 24.249,42 DM). Der Beklagte (das Finanzamt) folgte der Auffassung der Prüferin und setzte mit Bescheid vom 13. Januar 2003 die Umsatzsteuer für 1998 auf 201.015,94 EUR (= 393.153,00 DM) fest. Das hiergegen durchgeführte Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 13. September 2007).

Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, dass maßgebend für die umsatzsteuerliche Anerkennung von Teilleistungen das BMF-Schreiben vom 10. Februar 1998 in Verbindung mit der Verfügung der OFD Frankfurt a.M. vom 12. Oktober 2006 sei. Die darin genannten Voraussetzungen für die Anerkennung von Teilleistungen in der Bauwirtschaft seien eingehalten worden. So handle es bei der abgenommenen Teilleistung um einen wirtschaftlich abgrenzbaren Teil der Gesamtleistung. In der Bauwirtschaft seien Leistungen insbesondere entsprechend der einzelnen Gewerke wirtschaftlich teilbar. Das von Auftraggeber, Auftragnehmer und Architekturbüro unterzeichnete Abnahmeprotokoll vom 26. März 1998 beziehe sich auf die Teilabnahme kompletter Gewerke gemäß der beigefügten Anlage. Hiervon ausgenommen seien nur die Gewerke Ziff. 19, 20, 22 und 23 des Zahlungsplans, bei denen es sich um aber wiederum um in sich abgeschlossene Gewerke handle.

Zudem werde davon ausgegangen, dass entsprechend den abgenommenen Gewerken zu den Ziffern 1 bis 18 und 21 des Zahlungsp...

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