rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung wegen nachträglichen Bekanntwerden eines Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs. 4 EStG bei fehlenden Angaben in der Steuererklärung und beigefügter Steuerbescheinigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird dem FA erst nachträglich bekannt, dass die aus dem steuerlichen Einlagekonto nach § 27 KStG zugeflossenen Zahlungen die gezahlten Anschaffungskosten überstiegen haben, so dass der Steuerpflichtige einen Veräußerungsgewinn nach § 17 Abs. 4 EStG erzielt hat, ist das FA zur Änderung des Einkommensteuerbescheids gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigt, wenn die unter Mitwirkung einer Steuerberatungsgesellschaft angefertigte Steuererklärung in der betreffenden Zeile 22 der Anlage GSE keine Angaben enthält und der Erklärung lediglich eine Steuerbescheinigung über Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto beiliegt.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 88; EStG § 17 Abs. 4; KStG § 27

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.02.2013; Aktenzeichen IX R 24/12)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte berechtigt war, den Einkommensteuerbescheid des Klägers für das Jahr 2006 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) zu ändern.

Der Kläger ist verheiratet und wurde im Streitjahr 2006 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Mit Notarvertrag vom 23. Januar 2003 erwarb er 70 Prozent der Anteile an der … GmbH (nachfolgend: M GmbH) zu einem Kaufpreis von 0,70 EUR von deren Muttergesellschaft B GmbH. Der Nominalwert betrug 179.000 EUR. Der Erwerb erfolgte im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens der M GmbH. Der Insolvenzverwalter der M GmbH hatte dem Insolvenzverwalter der Muttergesellschaft der M GmbH – der Veräußerin der Anteile – zum Erhalt des Unternehmens der M GmbH vorgeschlagen, die Geschäftsanteile der M GmbH kostenlos auf die neuen Gesellschafter zu übertragen, da die Anteile „sicherlich derzeit keinen Wert” hätten. Im Anschluss an den Erwerb der Anteile, unter anderem durch den Kläger, wurde eine Kapitalerhöhung vorgenommen, an der der Kläger mit 31.000 EUR beteiligt war.

Im Streitjahr 2006 erhielt der Kläger Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagenkonto der M GmbH in Höhe von 1.400.000 EUR. In der unter Mitwirkung einer Steuerberatungsgesellschaft angefertigten Steuererklärung des Klägers vom 1. Oktober 2007 wurden keine Angaben zu dieser von der M GmbH erhaltenen Ausschüttung gemacht; insbesondere erfolgten diesbezüglich weder Eintragungen in den vorgelegten Anlagen GSE und KAP, noch wurde eine Gewinnermittlung vorgelegt. Es war in der Anlage GSE nur ein Gewinn aus Mitunternehmerschaft in Höhe von 2.459 EUR erklärt worden.

Der Steuererklärung war unter anderem eine Steuerbescheinigung der M GmbH vom 8. September 2006 beigefügt. Darin wurde bescheinigt, dass an diesem Tag für das Jahr 2005 an den Kläger 1.400.000 EUR Leistungen aus dem steuerlichen Einlagenkonto (§ 27 KStG) bezahlt worden seien (vgl. Blatt 4 der Einkommensteuerakte 2006).

Der Beklagte (nachfolgend: das Finanzamt – FA –) setzte mit Bescheid vom 7. Januar 2008 die Einkommensteuer 2006 auf 69.765 EUR fest. Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb wurden hierbei entsprechend der eingereichten Anlage GSE lediglich in Höhe von 2.459 EUR festgesetzt.

Nach Durchführung einer Betriebsprüfung durch das FA im Dezember 2009 gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass der Kläger durch die Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Jahr 2006 einen Veräußerungsgewinn nach § 17 Abs. 4 EStG in Höhe von 1.368.999 EUR erzielt habe. Der Kläger habe zwar nur einen geringen Kaufpreis in Höhe von 0,70 EUR für den Erwerb der Anteile aufgewendet, gleichwohl sei der von einer dritten Person, dem Verwalter, erfolgte Erwerb der Beteiligung ein voll entgeltlicher Vorgang gewesen, die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers könnten deshalb nicht wie bei einem unentgeltlichen Erwerb gewinnmindernd angesetzt werden. Es sei bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns neben den Kosten für den Erwerb von 0,70 EUR auch der Aufwand für die geleistete Kapitalerhöhung von 31.000 EUR abzuziehen. Der Veräußerungsgewinn von 1.368.999 EUR sei nach dem Halbeinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 Buchstabe c EStG zur Hälfte steuerbefreit, mithin sei ein Gewinn von 684.499 EUR zu versteuern (vgl. den Bericht über die Betriebsprüfung vom 11. Juni 2010, Blatt 18 f. der Prüfungsakte).

Die Veranlagungsstelle des FA schloss sich der Ansicht der Prüfung an und erhöhte mit Änderungsbescheid vom 8. Juli 2010 unter Berufung auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO die Einkommensteuer 2006. Es wurde nunmehr bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zusätzlich ein Veräußerungsgewinn von 684.499 EUR erfasst. Die Einkommensteuer 2006 erhöhte sich dadurch auf 357.249 EUR (vgl. Blatt 43 der Einkommensteuerakte 2006).

Der hiergegen eingelegte Einspruch des Klägers vom 10. August 2010 wurde mit Einspruchsentscheidung des FA vom 21...

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