Entscheidungsstichwort (Thema)

Konzessionsvergabe an ein Energieversorgungsunternehmen als Betrieb gewerblicher Art einer Gemeinde. Vorsteuerabzug aus dem Bau einer Stromleitung in das Stadtgebiet

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Vergabe einer Konzession durch eine Gemeinde an ein Stromversorgungsunternehmen stellt einen Betrieb gewerblicher Art dar, mit dem durch Duldung der Nutzung von Verkehrsflächen steuerfreie und durch Erlaubnis zur Elektrizitätsversorgung steuerpflichtige Umsätze erzielt werden. Eine hälftige Aufteilung der Umsätze ist als sachgerechter Maßstab zur Ermittlung des steuerpflichtigen Anteils anzusehen.

2. Der Vorsteuerabzug aus der Errichtung einer 20 kV-Stromleitung in das Stadtgebiet ist ausgeschlossen, soweit der Eingangsumsatz für den steuerbefreiten Teil des Konzessionsvertrages verwendet werden sollte.

3. Dass die Konzessionsvergabe zu Unrecht nicht der Umsatzsteuer unterworfen wurde, schließt den hälftigen Vorsteuerabzug nicht aus.

4. Die Motivation der Gemeinde, durch den Bau der 20 kV-Leitung erhöhte Umsätze mit Wasser und Fernwärme zu erzielen bzw. Fernwärme besser einkaufen zu können, ist umsatzsteuerlich unbeachtlich.

 

Normenkette

UStG 1999 § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, § 2 Abs. 3; KStG 2002 § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4; EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 5, Art. 17 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.03.2012; Aktenzeichen XI R 8/10)

BFH (Urteil vom 14.03.2012; Aktenzeichen XI R 8/10)

 

Tenor

1. Der Umsatzsteuerbescheid 2003 vom 7. März 2005 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 26. Oktober 2005 dahingehend abgeändert, dass die Umsatzsteuer auf EUR 27.032,72 festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 58 vom Hundert und der Beklagte zu 42 vom Hundert.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung in Höhe von 110 vom Hundert des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten wegen Umsatzsteuer 2003. Streitig ist der Vorsteuerabzug aus dem Bau eines 20 kV-Elektrokabels vom Umspannwerk N in das Gebiet der Stadt R (der Klägerin).

1. Die Klägerin hat mit der E AG im Jahre 1991 einen Konzessionsvertrag bis zum 31. Dezember 2010 abgeschlossen, aufgrund dessen sich die E AG verpflichtet, jedermann in der Gemeinde mit elektrischer Energie zu versorgen (§ 1 des Vertrages). Die Gemeinde räumt der E AG auf die Dauer des Vertrages das ausschließliche Recht ein, alle im Gemeindegebiet gelegenen öffentlichen Straßen, Wege und Plätze, über die ihr das Verfügungsrecht zusteht, ober- und unterirdisch für die Errichtung und den Betrieb von elektrischen Anlagen zu benutzen (§ 2 Abs. 1 des Vertrages). Nach § 10 des Vertrages verpflichtet sich die E AG, der Klägerin für die eingeräumten Rechte eine Vertragsabgabe zu entrichten. Sie beträgt 5 % der Roheinnahmen aus der Versorgung von Tarifkunden und 1 % der Roheinnahmen aus der Versorgung von Sondervertragskunden (§ 10 des Vertrages). Im Einzelnen wird auf den Konzessionsvertrag Bezug genommen (Blatt 131 der Finanzgerichtsakte).

Im Streitjahr rechnete die Klägerin die Konzessionsabgabe mit den gesetzlichen Höchstsätzen in Ct pro kWh ab, wie es § 48 Abs. 2 EnWG iVm. der Konzessionsabgabeverordnung (KAV) vom 9. Januar 1992, BGBl. I 1992, S. 12 unter § 2 Abs. 2 und § 8 (bzw. KAV in der Fassung des Neunten Euro-Einführungsgesetzes vom 10. November 2001, BGBl. I 2001, 2992) vorsieht.

Die Klägerin erhielt im Streitjahr 2003 und für das Streitjahr 2003 aus diesem Vertrag Konzessionsabgaben und zwar für das Jahr 2003 (Abrechnung vom 27. April 2004, Blatt 151 der Finanzgerichtsakte) EUR 151.052,88 und im Jahr 2003 EUR 142.700,90 (Abrechnung vom 24. April 2003 für das Jahr 2002, Blatt 202 Finanzgerichtsakte). Die Klägerin unterwarf ihre Leistungen aus dem Konzessionsvertrag nicht der Umsatzsteuer.

2. Die Klägerin unterhält als Eigenbetrieb die Stadtwerke R. Gegenstand des Betriebes ist laut § 2 Abs. 2 der Satzung (Blatt 27 der Finanzgerichtsakte) „die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser und Wärme sowie der Betrieb eines Schwimmbades”. Gemäß § 2 Abs. 3 der Satzung können die Stadtwerke „im Rahmen des § 97 Abs. 1 SächsGemO bei Bedarf weitere Aufgaben übernehmen”.

Am 28. März 2002 fertigte die Klägerin eine Beschlussvorlage für die Sitzung ihres Stadtrates, derzufolge der Stadtrat „die Übertragung aller Aufgaben im Zusammenhang mit der Investition ‚20 kV-Kabel von N nach’ zur Sicherung der Elektroenergieversorgung im Ortsteil L auf den Eigenbetrieb Stadtwerke R” beschließen solle (Blatt 26 der Finanzgerichtsakte). Diese Vorlage wurde im Stadtrat am 24. April 2002 beschlossen.

Zur Begründung der Beschlussvorlage „Argumentation zum wirtschaftlichen Vorteil der Stadtwerke R bei Ansiedlung von Industrie im Gewerbegebiet … straße” führt der Betriebsleiter vier Be...

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