Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine offenbare Unrichtigkeit bei Berücksichtigung derselben Prüfungsfeststellungen sowohl in einer berichtigten Steueranmeldung als auch in einem Änderungsbescheid. Widerruf des Einverständnisses mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine offenbare Unrichtigkeit liegt nicht vor, wenn der Sachbearbeiter des FA bei der Auswertung eines Betriebsprüfungsberichts ein sich in den Steuerakten befindliches Schreiben des Steuerpflichtigen übersehen und deshalb nicht berücksichtigt hat, dass ein Teil der Prüfungsfeststellungen bereits in einer während der Prüfung eingereichten berichtigten Steueranmeldung erfasst worden war.

2. Ein Widerruf der Einverständniserklärung mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ist ausgeschlossen, wenn sich die Prozesslage bei objektiver Betrachtung nachträglich nicht wesentlich geändert hat.

 

Normenkette

AO § 129; FGO § 79a Abs. 3-4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.01.2019; Aktenzeichen V R 32/17)

BFH (Urteil vom 24.01.2019; Aktenzeichen V R 32/17)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens fallen der Klägerin zur Last.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Anwendung des § 129 AO.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der Klägerin ergaben sich hinsichtlich der Umsatzsteuer 2006, 2007 und 2008 diverse Feststellungen, die zu einer höheren Umsatzsteuerschuld der Klägerin für die betreffenden Jahre führte. Während der Betriebsprüfung reichte die Klägerin am 15. Dezember 2011 geänderte Umsatzsteueranmeldungen für die Jahre 2006, 2007 und 2008 ein, mit der sie Teile der Feststellungen der Betriebsprüfung unstreitig stellen wollte. Mit Bescheiden vom 10. Januar 2012 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer 2006, 2007 und 2008 entsprechend fest und forderte die Klägerin zugleich auf, die Abweichungen zwischen den ursprünglichen Umsatzsteuererklärungen und den geänderten Erklärungen vom 15. Dezember 2011 zu erläutern. Diese Anfrage beantwortete die Klägerin mit Schreiben vom 9. Februar 2012 dergestalt, dass die Abweichungen der Bemessungsgrundlagen auf Sachverhalten beruhen würden, die in der aktuell laufenden Betriebsprüfung aufgegriffen worden seien und die bereits vor Ergehen des abschließenden Prüfungsberichtes korrigiert werden sollten. Die Einzelheiten ergäben sich aus einer Anlage zu dem Schreiben vom 9. Februar 2012, in dem die einzelnen Bemessungsgrundlagen und die denen zu Grunde liegenden Sachverhalte aufgelistet seien. In dem Betriebsprüfungsbericht vom 21. Mai 2013 sind u.a. diese Sachverhalte und weitere Erhöhungen der Bemessungsgrundlage aufgeführt.

In Auswertung des Betriebsprüfungsberichtes ergingen am 25. Februar 2014 geänderte Umsatzsteuerbescheide 2006, 2007 und 2008. Der Sachbearbeiter griff dabei nicht auf die Bemessungsgrundlage vor Beginn der Betriebsprüfung zurück, sondern auf die Bemessungsgrundlage auf Grund der Bescheide vom 10. Januar 2012 und erhöhte die Bemessungsgrundlage um sämtliche im Betriebsprüfungsbericht enthaltenen Positionen.

Die Klägerin bemerkte diesen Umstand erst kurz nach Ablauf der Einspruchsfrist und beantragte am 15. April 2014 die Berichtigung der Bescheide über die Umsatzsteuer 2006, 2007 und 2008 vom 25. Februar 2014 gemäß § 129 AO. Dies lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 6. Juni 2014 ab. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 31. März 2015).

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, dass dem Beklagten bei Auswertung des Betriebsprüfungsberichtes ein bloß mechanischer Fehler unterlaufen sei, indem er die Umsatzsteuerfestsetzungen um die Summe der einzelnen Prüfungsfeststellungen laut Betriebsprüfungsbericht erhöht habe und dabei nicht von der Umsatzsteuerschuld vor Betriebsprüfung, sondern von der Umsatzsteuerschuld gemäß Änderungsbescheiden vom 10. Januar 2012 ausgegangen sei. Der vorliegenden Fehler sei einem Schreib- oder Rechenfehler ähnlich. Er beruhe auf einem mechanischen Vertun. Die Sachbearbeiterin hätte die Feststellungen der Betriebsprüfung nicht zusammenaddieren und auf die geänderten Jahresanmeldungen 2006, 2007 und 2008 beziehen dürfen, sondern die im Betriebsprüfungsbericht auf Seite 3 am Ende ausgewiesene, korrekte Umsatzsteuerschuld pro Jahr in die entsprechende EDV-Ziffer zur Änderung des Umsatzsteuerbescheides übertragen müssen. Eine Änderung nach § 129 AO sei auch deswegen möglich, weil es sich nicht um eine Verletzung der Sachverhaltsermittlungspflicht handele. Es liege nur eine mechanische Nichtberücksichtigung der nach der Steuerakte für das betreffende Jahr feststehenden Tatsachen vor. Schon im Schreiben vom 9. Februar 2012 sei auf Nachfrage des Beklagten darauf hingewiesen worden, dass in den geänderten Umsatzsteuerjahresanmeldungen aus Dezember 2011 nur Steuererhöhungen auf Grund von Prüfungsfeststellungen der laufenden Betriebsprüfung erfolgt seien und diese bereits vor Ergehen des abschließenden Prüfungsberichtes und der entspre...

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