Leitsatz

Die Förderung nach dem InvZulG 1996 wurde im Jahr 1996 zunächst für Investitionen verlängert, die bis zum 31.12.1999 abgeschlossen wurden. Diese Verlängerung von ursprünglich 1996 auf 1999 wurde im März 1998 wieder rückgängig gemacht. Lediglich die erhöhten Investitionszulagen konnten auch bei Investitionsabschluss in den Jahren 1997 bis 1998 noch in Anspruch genommen werden. Das FG entschied, dass in der nachträglichen Verkürzung des Investitionszeitraums keine unzulässige Rückwirkung des Gesetzes zu sehen ist. Als Begründung wird die Unvereinbarkeit der verlängerten Investitionszulage mit Europäischem Gemeinschaftsrecht angeführt.

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte im März 1994 Gerüst- und Schalungsteile in Form eines Rahmenvertrags bestellt. Dieser Vertrag bezeichnete zwar die Art und Menge der zu liefernden Teile, nicht jedoch den Lieferzeitpunkt. Die Lieferung sollte auf Abruf erfolgen. Ein Teil der bestellten Wirtschaftsgüter wurde erst im Jahr 1997 abgerufen und geliefert. Der Kläger beantragte die erhöhte Investitionszulage nach § 5 Abs. 2 InvZulG 1996 in Höhe von 20 %. Das FA setze wegen Lieferung nach dem 31.12.1996 nur eine Investitionszulage nach § 5 Abs. 3 InvZulG 1996 i.H.v. 10 % fest.

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass dem Kläger überhaupt keine Investitionszulage zustand. Zunächst stellte es fest, dass in dem abgeschlossenen Rahmenvertrag eine wirksame Bestellung der Wirtschaftsgüter und damit der Investitionsbeginn zu sehen ist. Die Festlegung des Lieferzeitpunkts sei kein notwendiger Bestandteil eines Kaufvertrags, wenn der Abruf der Sache zur Lieferung als Nebenpflicht des Käufers Bestandteil des abgeschlossenen Vertrags ist.

Damit ergibt sich nun folgende rechtliche Situation bezüglich der Investitionszulage:

  • Eine erhöhte Investitionszulage nach § 5 Abs. 2 InvZulG 1996 von 20 % kann wegen Lieferung nach dem 31.12.1996 nicht gewährt werden.
  • Eine erhöhte Investitionszulage nach § 5 Abs. 3 InvZulG 1996 von 10 % kommt nicht in Betracht, weil der Kläger vor dem 1.1.1995 mit der Investition begonnen hatte.
  • Die Grundzulage nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 InvZulG 1996 von 5 % steht dem Kläger nicht zu, weil er nicht nach dem 30.6.1994 mit der Investition begonnen hatte.
  • Die Grundzulage nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 InvZulG 1996 von 8 % kommt nicht in Betracht, weil die Investition nicht vor dem 1.1.1997 abgeschlossen wurde.

Wäre die Verlängerung des InvZulG 1996 für den Investitionsabschluss bis zum 31.12.1998 Gesetz geblieben, hätte der Kläger zumindest einen Anspruch auf die Investitionszulage von 8 % gehabt. Er verliert demnach diesen Anspruch durch die Gesetzesänderung am 1.4.1998, wodurch das Datum des Investitionsabschlusses vom 1.1.1999 auf den 1.1.1997 vorgezogen wurde. Das FG sah darin zwar eine echte Rückwirkung des Gesetzes, weil das Änderungsgesetz nachträglich in ändernder Weise in abgewickelte und der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingriff. Es sah diese echte Rückwirkung aber als ausnahmsweise zulässig an, weil zwingende Gründe des Gemeinwohls eine Änderung geboten erscheinen ließen. Diese Gründe bestanden darin, dass Deutschland es nur im Wege einer Änderung des InvZulG 1996 vermeiden konnte, wegen Verletzung des Europäischen Gemeinschaftsrechts vor dem EuGH verklagt zu werden. Dies war hier der Fall, weil die EU-Kommission entschieden hatte, dass eine Verlängerung der Investitionszulage von 8 % für vor dem 1.7.1994 begonnene Investitionen nach EU-Recht eine rechtswidrige Beihilfe darstelle, die mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar war.

 

Hinweis

Die FG-Entscheidung betrifft einen Fall zum alten Investitionszulagenrecht 1996. Sie zeigt jedoch, dass EU-Recht bzw. darauf beruhende Entscheidungen der EU-Kommission erheblichen, teilweise über die Rechtsschutzgedanken des Grundgesetzes hinausgehende Wirkung besitzen können. Im heute geltenden Recht besteht ein solcher EU-Vorbehalt zurzeit noch in § 10 Abs. 1 InvZulG 1999 für solche Investitionen, mit denen nach dem 31.12.2003 begonnen wird. Bei Bestellung oder Herstellungsbeginn ab 1.1.2004 ist somit nicht ausgeschlossen, dass der Anspruch auf Investitionszulage durch Widerspruch der EU-Kommission und rückwirkende Gesetzesänderung nachträglich verloren geht.

 

Link zur Entscheidung

FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.01.2003, 1 K 396/99

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