Für den Ausweis von Rückstellungen im IFRS-Abschluss sind drei Regelungen zu beachten:

  • In der Bilanz selbst sind Rückstellungen (provisions) gesondert von anderen Schulden auszuweisen (IAS 1.54 und IAS 37.11).
  • In der Bilanz oder im Anhang ist ggf. eine weitere Untergliederung der Rückstellungen vorzunehmen, wobei in der Regel mindestens zwischen Leistungen an Arbeitnehmer und anderen Rückstellungen unterschieden werden sollte (IAS 1.78).
  • Die Passivseite der Bilanz ist primär nach Fristigkeit (current/non-current) und nicht nach Art der Schulden zu untergliedern. Kurzfristige Rückstellungen sind deshalb von den langfristigen zu separieren (IAS 1.60).

In der Abgrenzung zu sonstigen Schulden trifft IAS 37.11 eine Unterscheidung zwischen provisions und accruals.

  • Provisions sind als Rückstellungen im engeren Sinne durch eine grundlegende Unsicherheit hinsichtlich Grund, Höhe oder Zeitpunkt der Verpflichtung gekennzeichnet. Der Bilanzleser erkennt am Ausweis als provision unmittelbar, dass hier unvermeidlich wesentliche Bewertungs- und Ansatzrisiken vorliegen.
  • Accruals betreffen als "abgegrenzte Schulden" (so die amtliche Übersetzung) hingegen Fälle, in denen die Verbindlichkeit dem Grunde nach feststeht und hinsichtlich Höhe und Zeitpunkt lediglich unwesentliche Restunsicherheiten bestehen, etwa weil der Auftragnehmer noch nicht endgültig abgerechnet hat.

Neben klaren Fällen von accruals (z. B. Wirtschaftsprüfer hat Kosten der Jahresabschlussprüfung noch nicht abgerechnet, die Berufsgenossenschaft hat noch keinen Bescheid erteilt) gibt es andere Fälle, in denen die Abgrenzung zu provisions schwierig ist. Zu denken wäre etwa an Urlaubsrückstände, die zwar in IAS 37.11 als Beispiel für accruals genannt werden, unter Umständen aber mit beträchtlichen Unsicherheiten, z. B. hinsichtlich des Verfalls durch Zeitablauf, versehen sein können.

Nicht als Rückstellung i. S. v. IAS 37 gelten Bürgschaften oder ähnliche Finanzgarantien, die den Gläubiger einer Forderung für den Fall entschädigen, dass seine Forderung ausfällt. In systematischer Betrachtung liegt hier eine Versicherung i. S. v. IFRS 17 vor, mit dem Bürgen als Versicherer, dem Forderungsgläubiger als Versicherungsnehmer und dem Forderungsausfall als versichertem Ereignis. IFRS 9.B2.5 gewährt dem Garantiegeber in der Bilanzierung ein Wahlrecht zwischen Anwendung von IFRS 17 (Behandlung als Versicherungsvertrag) oder IFRS 9 (Behandlung als Finanzinstrument).

 

Tipp

In der IFRS-Praxis wird mit dem Problem der Abgrenzung zwischen provisions und accruals pragmatisch umgegangen. Der Rückstellungsbegriff wird im Zweifel weit ausgelegt. Accruals werden in die Rückstellungen einbezogen. Diese Verfahrensweise vermeidet Abgrenzungsprobleme, ist allerdings mit einem gewissen Informationsverlust verbunden. Es ist nicht mehr ohne Weiteres erkennbar, welche Bilanzposition mit wesentlichen Unsicherheiten behaftet ist (provisions) und welche Beträge im Wesentlichen feststehen (liabilities, einschließlich accruals).

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