Indessen ist nach dem BFH-Urteil vom 9.11.2016 für eine zivilrechtlich bestehende ungewisse Verbindlichkeit eine Rückstellung zu bilden, wenn sich der Bilanzierende dieser Verpflichtung bei Vertragsende nicht mehr entziehen kann.[1]

Wird zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer vereinbart, dass der Leasingnehmer eine Bankbürgschaft stellt und dafür bis zum Ende des Leasingvertrags keine Zahlungen leistet, dann aber den aufgelaufenen Gesamtbetrag an Beiträgen zur Wartungsrücklage beim Leasinggeber einmalig zahlt oder der Leasinggeber die Bürgschaft in Anspruch nimmt, so muss die anwachsende Verpflichtung durch Bildung einer Rückstellung abgebildet werden. Dies gilt immer dann, wenn bei Beendigung des Leasingvertrags kein Anspruch auf Rückerstattung der gezahlten Wartungsrücklagen-Beträge oder auf einen Verzicht auf die Inanspruchnahme der Bankbürgschaft besteht und der Leasingnehmer deshalb stets mit den vereinbarten Wartungsrücklagen-Beträgen belastet bleibt.[2]

Im Unterschied zu einer Verpflichtung, die auf einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung beruht, kann sich der Leasingnehmer bei dieser Vertragskonstellation gerade nicht durch Einstellung der Nutzung des zu wartenden Vermögensgegenstandsoder des Geschäftsbetriebs (z. B. des Flugbetriebs) der Verpflichtung zur Wartung entziehen, da er auch bei Beendigung des Leasingvertrags vor Durchführung der nächsten fälligen Wartung die vertraglich vereinbarte Wartungsverpflichtung zu tragen hat.

Die Verpflichtung zur Zahlung der Wartungsbeiträge entsteht mit Ablauf jedes Monats entsprechend des zeitlichen Anteils der erreichten Betriebszeit an der gesamten Betriebszeit. Sie ist damit in der Vergangenheit wirtschaftlich verursacht, weil die entsprechende Belastung zum Bilanzstichtag auch bestünde, wenn der Leasinggeber den Leasingvertrag vorzeitig gekündigt hätte. Er hätte dann nämlich die bis zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf die bereits absolvierten Betriebszeiten geschuldeten Wartungsrücklagen-Beiträge vereinnahmt, ohne dass die Belastung des Leasingnehmers entfallen wäre. Gleiches gilt für den Fall, dass der Leasingnehmer die Nutzung des zu wartenden Wirtschaftsguts eingestellt hätte.[3]

Die Ausführungen zeigen, dass es darauf ankommt, dass der Leasingnehmer die wirtschaftliche Belastung durch die Wartungsmaßnahmen nicht vermeiden kann. Da die vertraglichen Vereinbarungen genau diese Unvermeidbarkeit für den Leasingnehmer bei der hier relevanten vertraglichen Gestaltung begründen, ist im Unterschied zur Verpflichtung auf Grundlage der luftrechtlichen Verpflichtungen, denen sich der Bilanzierende entziehen kann, beim Leasingnehmer eine Rückstellung zu bilden. Der Leasingnehmer befindet sich (aufgrund der mit dem Leasinggeber getroffenen Vereinbarungen) am Bilanzstichtag in einem Erfüllungsrückstand.

 
Praxis-Beispiel

Keine Rückstellung für zukünftige Zusatzbeiträge an die Handwerkskammer

Der Unterschied zwischen der wirtschaftlichen Verursachung einer Verpflichtung in der Vergangenheit und der Entstehung erst in der Zukunft wird auch durch das Urteil v. 5.4.2017 deutlich.[4] Darin hat der BFH eine Rückstellung für zukünftige Beiträge zur Handwerkskammer (zu Recht) abgelehnt, obwohl die Höhe zum Bilanzstichtag bereits genau beziffert werden konnte.

Der Kläger ist Mitglied einer Handwerkskammer, die von ihren Mitgliedern Beiträge erhebt. Die Beiträge werden auf Grundlage der Handwerksordnung i. V. m. der Beitragsordnung der Handwerkskammer für jedes Kalenderjahr festgesetzt. Der Beitrag setzt sich aus einem Grundbeitrag und einem Zusatzbeitrag zusammen. Darüber hinaus sind Sonderbeiträge möglich.

Die Bemessungsgrundlagen, das Bemessungsjahr sowie die Beitragshöhe werden jährlich durch die Vollversammlung der Handwerkskammer beschlossen. Nach der relevanten Beitragsordnung ist die Bemessungsgrundlage für den Zusatzbeitrag der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz.

Die Vollversammlung der Handwerkskammer setzt Jahr für Jahr jeweils im letzten Quartal des Jahres die Beiträge für das kommende Beitragsjahr fest. Seit 2001 und jedenfalls bis 2014 bestimmte sie den Zusatzbeitrag mit 1,5 % des Gewerbeertrags. Als Bemessungsjahr für den Zusatzbeitrag wurde jeweils das 3 Jahre vor dem Beitragsjahr liegende Steuerjahr bestimmt (für das Beitragsjahr 2010 das Steuerjahr 2007, für das Beitragsjahr 2011 das Steuerjahr 2008 etc.). Der Beitragsbescheid gegenüber dem einzelnen Handwerksbetrieb ergeht im Frühjahr des jeweiligen Beitragsjahres.

Mit der Überlegung, die langjährige gleichbleibende Festsetzungspraxis werde auch in Zukunft wegen des Prinzips der gleichmäßigen Beitragsfestsetzung fortgesetzt, passivierte der Kläger in der Bilanz zum 31.12.2009 seinen zu erwartenden Zusatzbeitrag für die Jahre 2010, 2011 und 2012 aufgrund seines jeweiligen Gewerbeertrags der Jahre 2007, 2008 und 2009 als "sonstige Rückstellung".

Der BFH lehnte die Bildung einer Rückstellung für die Verpflichtung zur Entrichtung der Zusatzbeiträge ab. Denn die Beitragspflicht ist zwingend an die Kammerzugehöri...

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