Nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB ist der Betrag anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zur Erfüllung der Verpflichtung notwendig ist (Erfüllungsbetrag). Bei Rekultivierungsverpflichtungen handelt es sich um Sachleistungsverpflichtungen, da kein Geldbetrag geschuldet wird, sondern die Erbringung der Wiedernutzbarmachung einer Fläche bzw. eines Grundstücks. Bei Sachleistungsverpflichtungen entspricht der Erfüllungsbetrag dem in Geld bemessenen Werteverzehr, der zur Erfüllung der Verpflichtung zukünftig aufzuwenden ist.

4.2.1 Preisverhältnisse zum Zeitpunkt der Erfüllung sind maßgebend

Bei der Bewertung einer Rekultivierungsverpflichtung besteht die Schwierigkeit, die zukünftigen Aufwendungen zu ermitteln, die zu einem weit in der Zukunft liegenden Zeitpunkt aufgebracht werden müssen (nomineller Verpflichtungsbetrag). Dies kann nur durch eine mehr oder weniger genaue Schätzung erreicht werden.

Handelsrechtlich sind bei dieser Schätzung nach IDW RS HFA 31, Tz. 14 die zu erwartenden Preisverhältnisse zum Zeitpunkt der Erfüllung zu berücksichtigen (nomineller Verpflichtungsbetrag zu Preisverhältnissen zum Zeitpunkt der Erfüllung). Erfolgt die Kostenschätzung zu aktuellen Preisverhältnissen, muss die erwartete jährliche Preissteigerung bis zum Erfüllungszeitpunkt im Zuge der Rückstellungsbewertung eingerechnet werden (siehe Vorgehensweise Praxis-Beispiel).

4.2.2 Abzinsung: Zinssatz

Da sich die Ausbeutung von Flächen in aller Regel über mehrere Jahre erstreckt, sind Rückstellungen zur Abbildung von Rekultivierungsverpflichtungen in der Regel abzuzinsen. Für die Abzinsung ist der von der Deutschen Bundesbank monatlich veröffentlichte, durchschnittliche Marktzinssatz der vergangenen 7 Jahre zu verwenden (§ 253 Abs. 2 HGB).

Der durch die Ausbeutung bis zum aktuellen Bilanzstichtag verursachte Teil des nominellen Verpflichtungsbetrags (berechnet nach den Preisverhältnissen zum Erfüllungszeitpunkt) ist auf den aktuellen Stichtag abzuzinsen (=Erfüllungsbetrag).

Zur Ermittlung des anzuwendenden (handelsrechtlichen) Zinssatzes (auch bei unterjähriger Inanspruchnahme) im Zuge der Rückstellungsberechnung und die Festlegung weiterer Berechnungsparameter wird auf den Beitrag "Rückstellungen, Abzinsung" verwiesen.

4.2.3 Abzinsung: Laufzeit bzw. Restlaufzeit der Rekultivierungsverpflichtung

Eine Besonderheit von Rekultivierungsverpflichtungen besteht darin, dass die Erfüllung meist nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgt, sondern sich über einen mehrjährigen Erfüllungszeitraum erstreckt. Demzufolge lässt sich für die jährliche Abzinsung der Rückstellung kein einheitlicher Erfüllungszeitpunkt für den gesamten NVPB feststellen. Unterschiedliche Teilbeträge der Rückstellung weisen vielmehr unterschiedliche Restlaufzeiten auf. Damit kann der Barwert nicht ohne Weiteres einheitlich für die gesamte Rückstellung berechnet werden.

Grundsätzlich ist nach IDW RS HFA 34, Tz. 39 in diesem Fall die Rückstellung in Tranchen von Teil-Erfüllungsbeträgen mit gleichen Restlaufzeiten (in Jahresscheiben) aufzuteilen und die Berechnung je Tranche vorzunehmen. Alternativ werden in der Literatur folgende Verfahren zur Bestimmung einer einheitlichen Restlaufzeit für die gesamte Rückstellung als zulässig erachtet:[1]

  • Der Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung plus halbe Erfüllungsdauer;
  • die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer;
  • die Duration.

Im obigen Praxis-Beispiel wird die erste (und einfachste) Option (Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung plus halbe Erfüllungsdauer) angewendet. Sofern die Rekultivierungsphase der Ausbeutungsphase nachfolgt und es keine Überschneidungen beider Phasen gibt, kann die Berechnung der Rückstellung durch die Anwendung eines der Verfahren gegenüber der tranchenweisen, genauen Berechnung vereinfacht werden.

Sofern sich jedoch die Ausbeutungsphase und die Rekultivierungsphase zeitlich überschneiden, wird die Berechnung bei Anwendung einer vereinfacht ermittelten einheitlichen Restlaufzeit komplexer. In diesem Fall ist abzuwägen, ob die tranchenweise Berechnung durch die damit einhergehende Vereinfachung der jeweiligen Tranchenberechnung insgesamt einfacher ist als die Durchführung einer Gesamtberechnung der Rückstellung unter Verwendung einer einheitlichen Restlaufzeit.

[1] Vgl. ausführlich Bertram/Heusinger-Lange/Kessler, in Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, § 253 HGB Rz. 137, Stand: 28.10.2019.

4.2.4 Berücksichtigung erwarteter Vorteile im Zusammenhang mit der Erfüllung der Verpflichtung

Eine weitere Besonderheit bei der Bewertung von Rekultivierungsrückstellungen ist die Entstehung und ggf. Berücksichtigung von Vorteilen (Einnahmen), die mit der Erfüllung im Zusammenhang stehen. Denn z. T. kann der Aufwand zur Rekultivierung durch Gebühren von Dritten gemindert werden, die diese leisten, um Erdreich/sonstiges Material auf das zu rekultivierende Grundstück zu verbringen und dort abladen zu dürfen (sog. Kippgebühren).

Mit Blick auf die Bewertung der Rekultivierungsverpflichtung stellt sich die Frage, ob die zu erwartenden Einnahmen aus Kippgebühren bei der Bewertung rückstellungsmindernd berücksichtigt werden.

Nach IDW RS HFA 34, Tz. 31 können grundsätzlich nur solche Vorteile kompensatorisch berücksichtigt werden, die in verbindlicher Weise der...

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