Nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB ist der Betrag anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zur Erfüllung der Verpflichtung notwendig ist (Erfüllungsbetrag). Der Erfüllungsbetrag bezeichnet nach mehrheitlicher Meinung den bereits abgezinsten Verpflichtungsbetrag und entspricht damit dem Buchwert der Rückstellung.[1] Im Fall einer gegen den bilanzierenden Kaufmann angestrengten Klage sind folgende Komponenten in die Ermittlung des Verpflichtungsbetrags einzubeziehen:

  • Kosten für die Prozessvorbereitung und die Prozessführung wie z. B. Aufwendungen für Anwälte, Gerichtskosten, Personalkosten usw.
  • Schadenersatzverpflichtungen.
  • Bußgelder.
  • Werden die Aufwände teilweise durch eine Rechtsschutzversicherung abgedeckt, so mindert ein (zweifelsfreier und unbestrittener) Anspruch den Verpflichtungsbetrag in entsprechender Höhe.[2]

Zu berücksichtigen sind die Kosten für die am Bilanzstichtag anhängige Instanz. Ob zusätzlich auch die Kosten für eine höhere Instanz zu berücksichtigen sind, wird unterschiedlich beantwortet. Z.T. wird zusätzlich die Berücksichtigung der Kosten für die nächst höhere Instanz gefordert, wenn im konkreten Einzelfall ernsthaft damit zu rechnen ist, dass der Prozess in die nächst höhere Instanz geht.[3]

Die Schätzung des Verpflichtungsbetrags richtet sich grundsätzlich nach den Aufwendungen, die im Zeitpunkt der Erfüllung voraussichtlich entstehen werden. D. h., dass künftige Preis- und Kostensteigerungen bei der Bewertung der Rückstellungen einzubeziehen sind.

Im Fall der Verpflichtung aus einer angestrengten Klage unterliegen wesentliche Komponenten in der Regel jedoch keiner Kosten- oder Preissteigerung, sondern entsprechen dem geltend gemachten Betrag (z. B. Schadenersatz) oder ergeben sich z. B. aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz oder dem Gerichtskostengesetz. Daher werden Preissteigerungen nur bei sehr langen Restlaufzeiten wesentlich sein für die Bewertung einer Rückstellung für eine angestrengte Klage.

Eine Restlaufzeit von mehr als einem Jahr führt allerdings dazu, dass eine Rückstellung gemäß § 253 Abs. 2 HGB mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen 7 Geschäftsjahre entsprechend ihrer Restlaufzeit abzuzinsen ist. Die entsprechenden Zinssätze werden nach Maßgabe der Rückstellungsabzinsungsverordnung (RückAbzinsV) von der Deutschen Bundesbank mit 2 Nachkommastellen ermittelt und auf der Homepage der Deutschen Bundesbank bekannt gemacht.[4]

Die voraussichtliche Restlaufzeit einer Rückstellung ist nach IDW RS HFA 34.36 der Zeitraum zwischen dem Bilanzstichtag und dem Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme. Diese steht entweder fest oder ist nach den Umständen des Einzelfalls zu schätzen. Bei Rückstellungen kann der Zeitpunkt, zu dem der Unternehmer in Anspruch genommen wird, unsicher sein. Diese Ungewissheit gehört zum Wesen einer Rückstellung.

[2] Vgl. Schubert, in: Beck'scher Bilanzkommentar, § 249 HGB, 12. Aufl., Rz. 100 (Prozesskosten).
[3] Vgl. Schubert, in: Beck'scher Bilanzkommentar, § 249 HGB, 12. Aufl., Rz. 100 (Prozesskosten).
[4] Vgl. Beitrag Rückstellung, Abzinsung.

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