In Bezug auf Abbruchverpflichtungen ergeben sich bei der Ermittlung des steuerlichen Rückstellungswerts gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG 2 wesentliche Abweichung von der handelsrechtlichen Vorgehensweise.

  • Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG sind für die Bewertung einer Rückstellung die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend. Daher dürfen künftige Preis- und Kostensteigerungen nicht berücksichtigt werden. D. h die Verpflichtung ist zum jeweiligen Bilanzstichtag mit dem Wert anzusetzen, der zu diesem Zeitpunkt für die Erfüllung aufgewendet werden müsste.

    Die vom handelsrechtlichen Schrifttum zum Teil zugelassene vollständige Bildung zum Zeitpunkt der Entstehung der Verpflichtung ist aufgrund des Wortlauts des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d EStG nicht zulässig. Danach sind Rückstellungen, für deren Entstehen im wirtschaftlichen Sinne der laufende Betrieb ursächlich ist, nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d EStG in gleichen Raten anzusammeln. Die Summe des bis zum Bilanzstichtag angesammelten Verpflichtungsbetrags ist auf das Preisniveau des aktuellen Bilanzstichtags anzuheben. Die Rückstellung ist entsprechend zu erhöhen, eine Verteilung des Erhöhungsbetrags auf die verbleibende Restlaufzeit ist nicht zulässig.[1] Zur rechnerischen Umsetzung wird auf das Praxis-Beispiel verwiesen.

  • Der zweite wesentliche Unterschied besteht in dem zu verwendenden Zinssatz. Rückstellungen für Abbruchverpflichtungen sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen.

Wie auch in der Handelsbilanz ist auch für die Steuerbilanz die Rückstellung in voller Höhe aufzustocken, sobald die wirtschaftlichen Vorteile in der Zukunft wegfallen, da dann keine wirtschaftliche Begründung nach dem Bilanzstichtag mehr gegeben ist. Ebenso wie in der Handelsbilanz führt umgekehrt die Verlängerung des Rechtsverhältnisses, das einer Beseitigungspflicht zugrunde liegt, zur Verlängerung der Verteildauer für die Rückstellung. Die oben bei Darstellung der handelsrechtlichen Bewertung erläuterte Vorgehensweise wurde vom BFH bestätigt und gilt auch für die Steuerbilanz.[2]

 
Praxis-Beispiel

Veränderung einer Rückstellung für Abbruchverpflichtungen aufgrund einer Laufzeitverlängerung

Es gelten die Ausgangsdaten des Praxis-Beispiels. Allerdings wird nun angenommen, dass die A-GmbH im Geschäftsjahr 09 mit ihrem Verpächter die Verlängerung des Pachtverhältnisses bis zum 31.12.15 vereinbart. Dementsprechend berechnet die A-GmbH den Wertansatz der Rückstellung für die Handelsbilanz zum 31.12.09 unter Zugrundelegung der neuen Verpflichtungsperiode bzw. Verteildauer von 15 Jahren (bisher 10 Jahre). Die A-GmbH geht weiterhin von einer Preissteigerung von 2 % p. a. aus. Die Verpflichtung wird nun 5 Jahre länger ausgewiesen, nämlich bis zum 31.12.15. Zum 31.12.09 wird der neu geschätzte nominelle Verpflichtungsbetrag zum 31.12.15 der weiteren Bewertung der Rückstellung zugrunde gelegt.

Handelsbilanz

Für die Bewertung in der Handelsbilanz berechnet die A-GmbH den nominellen Verpflichtungsbetrag zum 31.12.15 unter Berücksichtigung der Verlängerung der Verteildauer und der erwarteten Preissteigerungen wie folgt:

Nomineller (bzw. unabgezinster) Verpflichtungsbetrag zum 31.12.15 = 100.000 × (1 + 0,02)14 = 131.497,90 EUR

Die A-GmbH wendet die bisherige Rechenmethode unter Verwendung des neu geschätzten nominellen Verpflichtungsbetrags an. Dadurch ändern sich die anteiligen jährlichen nominellen Verpflichtungsbeträge zu den jeweiligen Bilanzstichtagen. Zum 31.12.09 kommt es zu einem Absinken des angesammelten Verpflichtungsbetrags, da bis zum 31.12.08 ein größerer nomineller Verpflichtungsbetrag angesammelt wurde als dies bei einer Verteildauer von 15 Jahren der Fall wäre. Daher sinkt der angesammelte nominelle Verpflichtungsbetrag von 95.607,40 EUR zum 31.12.08 auf 79.168,70 EUR zum 31.12.09 (jeweils Spalte f in Tab. 5).

Insgesamt ergibt sich folgender Verlauf für den nominellen Verpflichtungsbetrag für die Bilanzstichtage vom 31.12.08 bis zum 31.12.15:

 
Bilanzstichtag Abgelaufene Laufzeit (Jahre) Verteildauer Restlaufzeit (Jahre) Nomineller Verpflichtungsbetrag Jährlich anteiliger nomineller Verpflichtungsbetrag Angesammelter nomineller Verpflichtungsbetrag Jährliche Erhöhung des nominellen Verpflichtungsbetrags
  a b c = b – a d e = d / b f = e × a g = ft -f(t-1)
31.12.08 8 10 2 119.509,30 11.950,90 95.607,40 11.950,90
31.12.09 9 15 6 131.947,90 8.796,50 79.168,70 - 16.438,70
31.12.10 10 15 5 131.947,90 8.796,50 87.965,30 8.796,50
31.12.11 11 15 4 131.947,90 8.796,50 96.761,80 8.796,50
31.12.12 12 15 3 131.947,90 8.796,50 105.558,30 8.796,50
31.12.13 13 15 2 131.947,90 8.796,50 114.354,80 8.796,50
31.12.14 14 15 1 131.947,90 8.796,50 123.151,40 8.796,50
31.12.15 15 15 0 131.947,90 8.796,50 131.947,90 8.796,50

Tab. 5: Ermittlung der nominellen Verpflichtungsbeträge und deren jährlichen Veränderungen zu den Bilanzstichtagen 31.12.08 bis 31.12.15 (Handelsbilanz)

Der Rückstellungsbetrag zum 31.12.09 i. H. v. 67.080,30 EUR ergibt sich – wie bisher – durch die A...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge