Leitsatz

1. Eine aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmende Betriebsstätte im investitionszulagenrechtlichen Sinn liegt nicht vor, wenn innerhalb der dreijährigen Bindungsfrist die eigentliche Unternehmenstätigkeit in der Betriebsstätte endgültig eingestellt wird und die geförderten Wirtschaftsgüter entweder verschrottet werden oder funktionslos auf dem Betriebsgelände verbleiben. Dies gilt auch dann, wenn nach Ablauf der Frist – zeitlich begrenzt – Tätigkeiten in der Betriebsstätte stattfinden, die darauf abzielen, bereits angebahnte oder künftige Geschäfte über andere Betriebsstätten des Unternehmens abzuwickeln (Fortführung des Senatsurteils vom 7.9.2000, III R 44/96, BStBl II 2001, 37).

2. Eine Ausnahme von der dreijährigen Bindungsfrist ist nur gerechtfertigt, wenn die Wirtschaftsgüter aufgrund eines unvorhersehbaren und unabwendbaren Ereignisses, das dem üblichen unternehmerischen Bereich nicht zugeordnet werden kann, vorzeitig ausscheiden, nicht hingegen, wenn dies auf einer Fehleinschätzung über ihren rentablen Einsatz im Unternehmen des Investors beruht.

 

Normenkette

§ 2 Satz 1 Nr. 6 InvZV , § 1 Abs. 5 DMBilG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der S-GmbH, die mit Vertrag vom 24./25.1.1991 mit Wirkung zum 1.7.1990 von der D-AG die Anteile an sechs ...fabriken, u.a. die an der X-GmbH i.A. erworben hatte. Mit Vertrag vom 12.2.1991 wurden diese Gesellschaften zur S-GmbH verschmolzen. Nach der Verschmelzung wurden die für die sechs Rechtsvorgängergesellschaften aufgestellten DM-Eröffnungsbilanzen zum 1.7.1990 zu einer DM-Eröffnungsbilanz der S-GmbH zusammengefasst.

Mit am 25.9.1991 beim FA eingegangenem Antrag begehrte die Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Investitionszulage in Höhe von insgesamt ... DM. Der Zulagenantrag wurde für Investitionen in Höhe von insgesamt ... DM in allen sechs ...fabriken gestellt. Nach den Angaben im Investitionszulagenantrag wurden sämtliche Investitionen in der Zeit vom Juli bis Dezember 1990 abgeschlossen. Das FA setzte die Investitionszulage für das Kalenderjahr 1990 zunächst antragsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Bei einer Außenprüfung stellte das FA fest, dass im Werk X die Rohstoffverarbeitung im Januar 1992 eingestellt worden war. Es hatte sich herausgestellt, dass die Produktion im Vergleich zu der in den anderen Betriebsstätten unwirtschaftlich und technisch störungsanfällig war. Den in der ...erzeugung beschäftigten Mitarbeitern war am 31.3.1992 zum 30.9.1992 gekündigt worden. Die Warenbestände wurden Ende August 1992 verkauft. Die Fabrikhallen wurden zugemauert. Mehrere Gebäude und Produktionsanlagen wurden abgerissen oder verschrottet.

Nach der Auflösung des produzierenden Betriebs fanden in X noch folgende Aktivitäten statt: Roh- und Zwischenstoffe wurden ein- und ausgelagert und von dort per Bahn in die Werke W und Z während der Kampagne 1992 weitertransportiert. Ferner wurde ein Büro unterhalten, um Kontakte mit den Rohstofflieferanten der Region X zu halten; außerdem wurde die Ausbildung von 18 Auszubildenden fortgesetzt, die jedoch ab Juni 1993 eingestellt wurde.

Das FA zog aus diesen Umständen den Schluss, dass es sich bei dem Werk X um eine in Auflösung befindliche Betriebsstätte handele und die Verbleibensfrist, die Ende 1993 abgelaufen war, nicht eingehalten worden sei, und forderte die Investitionszulage zurück. Einspruch, Klage und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH war der Auffassung, die verschrotteten wie auch die funktionslosen Wirtschaftsgüter der Betriebsstätte X hätten nicht mindestens drei Jahre zum Anlagevermögen eines aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmenden Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehört. Die Wirtschaftsgüter seien auch nicht wirtschaftlich oder technisch verbraucht gewesen, die Betriebseinstellung habe vielmehr betriebswirtschaftliche Gründe gehabt. Das Risiko, dass eine Investition unrentabel sei und das Wirtschaftsgut daher vor Ablauf von drei Jahren aus dem BV ausscheide, trage der Unternehmer.

 

Hinweis

Die Investitionszulage soll die Wirtschaft im Fördergebiet stärken und insbesondere neue und dauerhafte Arbeitsplätze schaffen. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, muss nicht nur investiert werden, sondern diese Investitionen müssen auch für drei Jahre ihre Wirkungen auf den Arbeitsmarkt entfalten können. Eine Investitionszulage kann nach der Rechtsprechung nur verlangt werden, wenn die Wirtschaftgüter drei Jahre lang einem aktiv am Wirtschaftsverkehr teilnehmenden Betrieb zugehören. Ist dies nicht der Fall, kann Investitionszulage auch dann nicht beansprucht werden, wenn der Betrieb aus Gründen, die der Unternehmer nicht zu verantworten hat, innerhalb des Dreijahreszeitraums eingestellt wird.

Denn im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung bezweckt die Dreijahresfrist nicht nur, Missbräuche zu verhindern, sondern will vor allem sicherstellen, dass die Investitionen auch im Fördergebiet tatsächlich wirksam werden. Nicht jede wirtschaftliche Aktivität begründet einen ...

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