Ein entscheidender Bestimmungsfaktor für die anzuwendende Buchungstechnik (und damit auch für die Art der Mengenfeststellung) ist, das Vorhandensein einer Lagerbuchhaltung bzw. Materialwirtschaft. Abhängig von der Größe und Komplexität des Produktionsprozesses wird ein Unternehmen entscheiden, eine Lagerbuchhaltung bzw. Materialwirtschaft einzusetzen, wodurch alle Zu- und Abgänge (Bewegungen) von RHB mengen- und wertmäßig erfasst werden. D.h. durch Einlagerungsscheine und Materialentnahmescheine (papierbasiert oder digital) werden alle Bewegungen von RHB vollständig (systemisch) dokumentiert. In diesem Fall kann die Verbrauchs- und Bestandsmenge jederzeit ermittelt werden.

Dementsprechend kann eine Buchungstechnik angewendet werden, die (automatisiert)

  • jede Einlagerung (bei Beschaffung) in den Bestand bucht (Rohstoffbestand an Bank) und
  • Materialentnahmen zum Zeitpunkt des Verbrauchs automatisiert als Verbrauch aufwandswirksam bucht (Rohstoffverbrauch an Rohstoffe).

Da alle Lagerzugänge zunächst in die Bilanz gebucht werden, spricht man auch von bestandsorientierter Verbuchung. Bei eingeschwungenen Produktionsprozessen kann der Verbrauch auch retrograd ermittelt werden, indem aus der Anzahl der hergestellten Fertigerzeugnisse jeweils der Verbrauch der benötigten RHB errechnet wird (retrograde Methode).

Das Vorhandensein einer Lagerbuchhaltung geht i. d. R. einher mit der Nutzung eines ERP-Systems mit oftmals individualisiertem Kontenplan, das die entsprechenden Funktionen bereitstellt und auch die automatisierte Buchung von Materialbewegungen in der Finanzbuchhaltung vornimmt.

Bei kleineren Unternehmen, bei denen der Produktionsprozess keine systemgestützte Lagerbuchführung benötigt, da die Komplexität beherrschbar ist und die Bestellbedarfe manuell ermittelt werden können, steht die Verbrauchs- und Bestandsmenge nicht jederzeit im System zur Verfügung.

Entweder wird die Bestandsentwicklung außerhalb des ERP- oder Finanzsystems (näherungsweise) geführt oder es bedarf immer einer Erhebung des Bestands, um den aktuellen Bestand und im Umkehrschluss den Verbrauch einer bestimmten Periode abzuleiten. Eine solche Erhebung erfolgt i. d. R. zum Inventurzeitpunkt oder – ggf. in vereinfachter Form – quartalsweise oder monatlich.

Beim Fehlen einer systemgestützten Lagerbuchführung können tatsächliche Verbräuche nicht in Echtzeit in der Finanzbuchhaltung gebucht werden. Erst nach einer Mengenfeststellung kann der Verbrauch für eine bestimmte Periode festgestellt und die bewertete Bestandsveränderung gebucht werden. Daher werden bei allen aufwandsorientierten Buchungstechniken zunächst alle Eingangsrechnungen für RHB in den Aufwand gebucht. Gleichzeitig wird die am Ende einer Berichtsperiode (Monat, Quartal, Wirtschaftsjahr) durch Mengenerhebung bzw. Inventur festgestellte bewertete Bestandsveränderung in die Bilanz gebucht.

Die Vorgehensweise im Praxis-Beispiel entspricht der beschriebenen aufwandsorientierten Buchungstechnik, indem alle angeschafften RHB auf das Aufwandskonto "Einkauf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 19 % Vorsteuer" gebucht werden. Erst am Jahresende wird der durch Inventur festgestellte bewertete Endbestand in die Bilanz übernommen. In Abhängigkeit vom Vorjahresbestand kommt es zu einer Bestandserhöhung oder -verminderung.

Die aufwandsorientierte Buchungsmethode ist in der Praxis weit verbreitet und wird durch die Standardkontenpläne unterstützt, in denen entsprechende Konten bereits enthalten sind. Daher wird in diesem Beitrag auch die aufwandsorientierte Buchungsmethode dargestellt.

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